Die zwei Tode des Paul Schäfer. Legende und Lebensgeschichte eines Erfurter Kommunisten

25.08.2018 17:00 – 28.04.2019 18:00

Die Ausstellung entdeckt den Menschen Paul Schäfer hinter der Legende und verfolgt seine Spuren bis nach Moskau. In seinem dramatischen Leben stellen sich die großen Fragen nach Utopie und Revolution, Terror und Diktatur.

Zwei Zeichnungen eines Mannes
Titelmotiv der Ausstellung "Die zwei Tode des Paul Schäfer" Foto: © Stadtverwaltung Erfurt
28.04.2019 18:00

Die zwei Tode des Paul Schäfer. Legende und Lebensgeschichte eines Erfurter Kommunisten

Genre Ausstellung
Veranstalter Stadtverwaltung Erfurt, Erinnerungsort Topf & Söhne
Veranstaltungsort Erinnerungsort Topf & Söhne, Sorbenweg 7, 99099 Erfurt
workTel. +49 361 655-1681+49 361 655-1681

Weitere Informationen

Buslinie 9 Richtung Daberstedt, Haltestelle (Spielbergtor), 4 Minuten zu Fuß links dem Nonnenrain folgen

B7 Richtung Weimar, Parkplatz an dem Erinnerungsort

Teilweise eingeschränkter Zugang, siehe nachfolgende Beschreibung

Inhalt der Ausstellung

Eine Sonderausstellung des Erinnerungsortes Topf & Söhne in Zusammenarbeit mit dem Stadtarchiv Erfurt und dem Stadtmuseum Erfurt

Der Erfurter Paul Schäfer (1894 – 1938) galt in der DDR als antifaschistische Legende. Der große VEB Schuhfabrik "Paul Schäfer" trug seinen Ehrennamen. Bis heute ist eine Straße im Industriegebiet im Erfurter Norden nach ihm benannt. Erst nach dem Ende der Sowjetunion und der Öffnung der Moskauer Geheimarchive wurde sein tragisches Lebensende öffentlich: Paul Schäfer wurde 1938 Opfer des stalinistischen Terrors im Moskauer Exil.

Die Ausstellung Die zwei Tode des Paul Schäfer dekonstruiert mit historischen Beweisen aus Moskauer Archiven die Legende, mit der Generationen von Erfurterinnen und Erfurtern in der DDR aufwuchsen: Paul Schäfer sei als Spanienkämpfer gefallen.

Sie zeigt den Menschen hinter der Legende und bietet damit anschauliche Einblicke in den Alltag und die soziale und politische Arbeiterkultur in Erfurt in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts. Als Kind einer alleinerziehenden Schuharbeiterin besuchte Paul Schäfer die Volksschule und wuchs im sozialdemokratischen Milieu des Erfurter Nordens auf. Zurück aus dem Ersten Weltkrieg, in den er als junger Vater mit 20 Jahren ziehen musste, schloss er sich der neu gegründeten KPD an. Nun folgte der Aufstieg vom angelernten Schuharbeiter zum Arbeitervertreter und Stadtpolitiker. Paul Schäfer wurde Betriebsrat bei Lingel, dem größten deutschen Schuhkonzern in der Weimarer Republik.

Ab 1924 war er Mitglied der Erfurter Stadtverordnetenversammlung und 1925 nahm er an der ersten deutschen Arbeiterdelegationsreise in die Sowjetunion teil. 1926 wurde er – nach seiner Entlassung bei Lingel – Sekretär der Internationalen Arbeiterhilfe für Thüringen, ab 1931 für Frankfurt-Hessen.

Immer wieder kreuzten sich die Wege von Paul Schäfer und Willi Münzenberg, Generalsekretär der Internationalen Arbeiterhilfe, KPD-Reichstagsabgeordneter und Erbauer eines Medienimperiums. Der fünf Jahre ältere und ungleich bekanntere Kommunist Willi Münzenberg hatte ebenfalls bei Lingel gearbeitet, bevor er in der Schweiz Lenin kennenlernte und später für die Kommunistische Internationale tätig wurde.

Auf der Flucht vor der Gestapo nach der nationalsozialistischen Machtübernahme gelang Paul Schäfer 1935 die Emigration in die Sowjetunion, seinem Sehnsuchtsland seit der ersten Reise dorthin. Doch dort wurde er 1938 unter der falschen Anklage, er wäre ein faschistischer Spion, mit 42 Jahren vom sowjetischen Geheimdienst hingerichtet.

Die Ausstellung diskutiert, welche Bedeutung die Legende von Paul Schäfer als Opfer des Faschismus in der DDR hatte, wie sie entstand, wer Interesse an ihrer Aufrechterhaltung hatte und wer vom wahren Tod Paul Schäfers in Moskau wusste.

Dank umfangreicher Forschungen in regionalen, nationalen und internationalen Archiven kann die Ausstellung die Lebensgeschichte von Paul Schäfer erstmalig quellenbasiert und unverfälscht zeigen. Zeitgenössische Fotografien und Dokumente ermöglichen die Begegnung mit einem Mann, der exemplarisch für die revolutionären Hoffnungen zu Beginn des 20. Jahrhunderts steht, der vom Nationalsozialismus verfolgt und im Stalinismus ermordet wurde.

Die Ausstellung stellt sich der Auseinandersetzung mit den großen Fragen des vergangenen Jahrhunderts nach Utopie und Revolution, Diktatur, Terror und dem Verrat von Idealen. Sie fragt am Beispiel von Paul Schäfer danach, wieweit die Lügen und Legenden bis heute nachwirken und wie eine demokratische Kultur der Erinnerung an das komplexe 20. Jahrhundert aussehen kann.

Entstanden ist die Ausstellung in Zusammenarbeit mit den Nachkommen von Paul Schäfer. Sein Urenkel Thomas Schäfer, angehender Geschichtslehrer, arbeitete im wissenschaftlichen Ausstellungsteam mit und stellte Fotografien und Dokumente aus dem Familienbesitz zur Verfügung.

Die Ausstellung wurde gefördert von der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, von der Thüringer Staatskanzlei und der Rosa-Luxemburg-Stiftung Thüringen. Sie wurde vom Erinnerungsort durch ein vielfältiges Begleitprogramm mit Vorträgen, Fortbildungen, Führungen und Projekten ergänzt, darunter erstmals eine öffentliche Stadtteilführung Der Kommunist Paul Schäfer und das Arbeiterquartier im Erfurter Norden.

Eine Sonderausstellung im Themenjahr 2018 Industrialisierung und soziale Bewegungen in Thüringen

Video über die Ausstellung

Video: Über die Ausstellung „Die zwei Tode des Paul Schäfer. Legende und Lebensgeschichte eines Erfurter Kommunisten“ © Stadtverwaltung Erfurt

Blick in die Ausstellung

Impressionen aus der Ausstellung "Die zwei Tode des Paul Schäfer" und von der Ausstellungseröffnung am 25. August 2018.

Bericht und Reden zur Ausstellungseröffnung

Die Einträge befinden sich auf der Seite im Quell-Portal.

Veröffentlichungen

Die Einträge befinden sich auf der Seite im Quell-Portal.

Veranstaltungen

Die Veranstaltungen und Führungen beziehen sich auf die aktuelle Sonderausstellung und die Dauerausstellungen. Darüber hinaus thematisieren sie historische und aktuelle Fragen im Kontext von Antisemitismus, Rechtsextremismus und anderen Formen der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit.

Paul Schäfer. Erfurter Kommunist, ermordet im Stalinismus

Veranstaltung: 05.02.2020 19:00 – 21:00

Das Team der im Erinnerungsort gezeigten Ausstellung „Die zwei Tode des Paul Schäfer“ hat nun seine umfangreichen Forschungen in dem von der Landeszentrale für politische Bildung Thüringen herausgegebenen Buch „Paul Schäfer. Erfurter Kommunist, ermordet im Stalinismus“ publiziert und darin die neuen Erkenntnisse mit Quellen belegt.

Rosa Luxemburg. Ein Leben

Veranstaltung: 15.01.2020 19:00 – 21:00

Ernst Piper legt eine große Biografie über die Vorkämpferin der europäischen Arbeiterbewegung vor.

Widerstand und Verrat: Gestapospitzel im antifaschistischen Untergrund

Veranstaltung: 06.02.2019 19:00 – 21:00

Dr. Hans Schafranek stellt sein Buch über die Unterwanderung von Widerstandsgruppen durch die Geheime Staatspolizei vor. Er wirft dabei einen Blick auf dieses tödliche Netzwerk und zeigt, wie in der Zeit des Nationalsozialismus Widerstand und Verrat unauflöslich miteinander verknüpft waren.

5. Königsgambit-Gedenkturnier

Veranstaltung: 10.11.2018 09:30 – 16:00

Im Rahmen der Gedenktage an die Novemberpogrome 1938 treffen sich Schachspielerinnen und Schachspieler um mit Spielfreude an den großen jüdischen Beitrag zur internationalen Schachkultur zu erinnern.

Roman eines Schicksallosen

Veranstaltung: 03.11.2018 19:00 – 21:00

Im Rahmen der 26. Thüringer Tage der jüdisch-israelischen Kultur liest Markus Fennert aus dem epochalen Roman von Imre Kertész.

Thüringer Sozialdemokraten und Kommunisten

Veranstaltung: 25.10.2018 19:00 – 21:00

Steffen Kachel hält einen Vortrag über die vielschichtige Beziehung der beiden Arbeiterparteien SPD und KPD in Thüringen während der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Die Angstmacher. 1968 und die Neue Rechte

Veranstaltung: 16.10.2018 19:00 – 21:00

Thomas Wagner stellt sein Buch vor und beleuchtet, wie wichtig das Jahr 1968 als Geburtsstunde für die Neuen Rechten war.

Antisemitismus im deutschen Rap

Veranstaltung: 10.09.2018 18:00 – 20:00

Seit dem Skandal um die Echo-Preisverleihung an die Rapper Kollegah und Farid Bang wird über die Frage gestritten, wie antisemitisch der deutsche Rap ist. Marcus Staiger beschäftigt sich mit diesem Thema.