Energiekonzept Äußere Oststadt

Die Landeshauptstadt Erfurt hat mit der aktuellen Fortschreibung des Rahmenplans für einen Teilbereich des Sanierungsgebiets Äußere Oststadt die Voraussetzungen zur Entwicklung eines neuen urbanen und energieeffizienten Stadtteils geschaffen.

Erfurts ganzheitliche Entwicklungsperspektive für die Äußere Oststadt

Karte: Lage der Äußeren Oststadt im Stadtgebiet Karte: © Stadtverwaltung Erfurt, Amt für Stadtentwicklung und Stadtplanung

Mit dem „Integrierten städtebaulichen Rahmenkonzept Äußere Oststadt" liegt der Stadt Erfurt eine informelle Planung vor, die eine ganzheitliche Entwicklungsperspektive für die Äußere Oststadt aufzeigt und den vielschichtigen Rahmenbedingungen des Stadtgebiets und seiner einzelnen Teilflächen Rechnung trägt. Es zeigt übergeordnete städtebauliche, landschaftliche und verkehrliche Strukturen auf, die über einen längeren Zeitraum entwickelt werden sollen.

Wesentliche Strategie des Rahmenkonzepts „Äußere Oststadt" ist die Ausrichtung der Maßnahmen zur Entwicklung des Gebiets in den Ebenen Gebäude, Quartier und Stadtteil sowie in den Bereichen Verkehr, Städtebau, Freiraumentwicklung und Infrastruktur mit dem Ziel der Nachhaltigkeit. Energieeffiziente und klimaschutzorientierte Bausteine, zusammengefasst im Energiekonzept, finden Eingang in das Integrierte städtebauliche Rahmenkonzept.

Das Energiekonzept zeigt Wege und Potenziale einer zukunftsweisenden, ökologisch verantwortbaren und wirtschaftlich vertretbaren Energienutzung für den neu zu entwickelnden Stadtteil „Äußere Oststadt".

1. Energiekonzept

Ziel

Ziel und Markenzeichen der Versorgung der Äußeren Oststadt ist die weitgehende Nutzung lokal verfügbarer energetischer Potenziale aus erneuerbaren Quellen (Solarthermie und Photovoltaik) und gewerblicher Abwärme. Das Versorgungskonzept trägt damit zur Umsetzung des angestrebten Erfurter Energiemodells bei. Darauf aufbauend ergänzt ein Konzept zur Integration von Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge das Ziel, CO2-Emissionen und Lärm im Stadtgebiet zu reduzieren und den Anteil an E-Mobilität zu erhöhen.

Wärmeversorgung

Die Wärmeversorgung erfolgt über ein lokales Niedertemperatur-Fernwärmenetz (NTFW) mit Vorlauftemperaturen von ca. 70°C unter Einbindung und vorrangiger Nutzung von erneuerbarer Energie (Solarthermie) und gewerblicher Abwärme. Grundlage für die NTFW sind die heutigen und zukünftig hohen energetischen Anforderungen an den Neubau (weniger Wärmebedarf, hohe Anteile an regenerativen Energien zur Deckung des Bedarfs) und das durch die bestehende Fernwärmesatzung für das Quartier geltende Nutzungsgebot der örtlichen Fernwärme.

Die Errichtung des vorgeschlagenen Niedertemperatur-Fernwärmenetzes unter Nutzung lokaler Erneuerbarer Energien und Abwärme ist aufgrund der Einsparungen bei Brennstoffkosten gegenüber einem auf konventionellem Temperaturniveau betriebenen Fernwärmenetzes wirtschaftlich von Vorteil. Der wirtschaftliche Betrieb ist wie bei einer Versorgung mit herkömmlicher Fernwärme ohne EE-Anteile ohne eine Förderung der Investition jedoch nicht gegeben. Es wird daher empfohlen, entsprechende Förderinstrumente in Anspruch zu nehmen.

Bei der Umsetzung des vorgeschlagenen Versorgungskonzepts kann in der Wärmeversorgung der Gebäude (mit energetischen Gebäudestandards nach Szenario 2, vgl. Kap. 5.3 des unten als Download bereitgestellten Energiekonzepts) ein CO2-Einsparpotenzial von mehr als 700 Tonnen pro Jahr gegenüber einer herkömmlichen Versorgung mit Fernwärme ohne EE-Anteile erschließen.

Stromversorgung

Bei der Stromversorgung besteht die Möglichkeit, einen hohen Anteil an Solarstrom (bilanziell bis zu 84 % des haushaltsbezogenen Bedarfs im Falle des Einsatzes von Batteriespeicherlösungen) zu decken. Dies wird möglich, wenn sämtliche geeignete Dachflächen im Neubau mit PV-Modulen besetzt werden und die Dachformen für solare Nutzungen optimiert ausgestaltet sind. Investor/Innen, Eigentümer/Innen und die Mieterschaft können hierbei durch die von der Bundesregierung ins Leben gerufene Option "Mieterstrommodell" aktiv in die Entwicklung dieses innovativen und klimaschonenden Stadtteils einbezogen werden. Dies fördert die Identifikation mit dem Standort. Die künftigen Bewohner/Innen der Äußeren Oststadt könnten als sogenannte Prosumer zu Gestaltenden der Energiewende werden.

In der Stromversorgung kann durch größtmögliche Nutzung von erneuerbarem Strom eine Co2-Minderung von bis zu 1.700 Tonnen gegenüber einen reinen Versorgung aus dem bundesdeutschen Strom-Mix erreicht werden.

Kälteversorgung

Die Kälteversorgung (sommerlicher Raumkühlungsbedarf) könnte in der geplanten „ICE-City Ost" (überwiegend Büro- und Gewerbenutzungen) zum Tragen kommen und wäre durch aktive (PV-Strom getriebene Kompressionskältemaschinen) und passive Systeme (Verschattung, Erdwärmetauscher) zu realisieren. Der Strombedarf für die Kühlung könnte bilanziell vollständig über die solaren Erträge der PV-Module an den Gebäuden der „ICE-City Ost" gedeckt werden.

Grafik: Vereinfachtes Funktionsscheme zum Energieversorgungskonzept Äußere Oststadt Grafik: © BTU Cottbus-Senftenberg, Lehrstuhl Stadttechnik

Die Abbildung stellt schematisch die wesentlichen Komponenten des Energie- und Versorgungssystems in der „Äußeren Oststadt" dar.

Mobilität

Im Bereich der Mobilität kann durch den sukzessiven Ersatz von Verbrennungsmotoren durch Elektroantriebe ein erheblicher Beitrag zum lokalen Klimaschutz geleistet werden. Das "Energiekonzept Äußere Oststadt" schlägt dahingehend die Bereitstellung von Ladeinfrastrukturen auf mindestens 10 % der zukünftig zu errichtenden (nutzungsbedingt erforderlichen) Stellplätze – vor allem in Tiefgaragen, Parkhäusern etc. – vor. Die Erzeugung des benötigten Stroms kann bilanziell über PV-Dachanlagen der neuen Wohngebäude klimaschonend erfolgen. Darüber hinaus kann durch die Anwendung organisatorischer Maßnahmen auf Basis des Elektromobilitätsgesetzes des Bundes, wie z. B. Bevorrechtigungen beim Parken, Zufahrtsbeschränkungen für Nicht-E-Mobile oder geringere (bis keine) Parkgebühren für E-Mobile, die Steigerung dieses Anteils positiv beeinflusst werden.

Als weithin sichtbarer „Energie-Leuchtturm" steht das in der "ICE-City Ost" entstehende Parkhaus symbolhaft für die Entwicklung des neuen Stadtteils. Als intermodale Schnittstelle mehrerer Verkehrsmittel, als Elektro-Mobilitätsstation, als Elektroenergie-Erzeuger (EE-Erzeuger), EE-Speicher und Energieverteiler vereint das Bauwerk alle Facetten der neuen nachhaltigen Stadtentwicklung in Erfurt.

2. Informationen für Investierende

Für Investierende steht ein Flyer zur Verfügung, der Ziele und Vorteile der Entwicklung der Äußeren Oststadt definiert und Ansprechpartner/Innen für die verschiedenen Bausteine des Energiekonzepts benennt.

3. Weiterführende Planungen

Infra-Urban/Infra-Urban-E

Die Betreiberfirmen von kommunalen Infrastruktursystemen wie z. B. der Energie- und Wasserversorgung sowie der Abwasserentsorgung stehen infolge des Klimawandels, steigender Energiekosten und des demografischen Wandels vor großen sektoralen Herausforderungen. Gleichzeitig erhöht sich im Kontext der Energiewende der Druck zur Einsparung von Ressourcen sowie der Reduktion des CO2-Ausstoßes. Aufgrund neuer technischer Optionen für integrierte Ver- und Entsorgungssysteme erhöhen sich die Potenziale, die sich aus einer übergreifenden Optimierung kommunaler Infrastruktursysteme ergeben. Die Integration erneuerbarer Energieträger in die vorhandenen Systeme der leitungsgebundenen Energieinfrastruktur erfordert einen gesamtsystemischen Ansatz. Der Erhalt der Rentabilität unter einer weitgehenden Preisstabilität für die Verbraucher ist Grundvoraussetzung der Akzeptanz von Maßnahmen.

Im Forschungsprojekt Infra-Urban wurden sektorenübergreifende Vernetzungen und Optimierungen kommunaler Infrastruktursysteme auf ihre Wechselwirkungen hinsichtlich eines effizienten und langfristig nachhaltigen Ressourceneinsatzes und der Systemresilienz untersucht. Gleichzeitig wurden die finanziellen Belastungen von Konsumenten mit den sozial-ökologischen Zielen gegenübergestellt. Die Erkenntnisse des Projekts wurden für eine Veröffentlichung in Form einer Handreichung aufbereitet.

Ziel dieser Handreichung ist, die zuvor dargestellten Aspekte aufzugreifen und einen Überblick über Zusammenhänge zu verdeutlichen, die für Handelnde in der Praxis verwendbar sind. Die Ausführungen und „Best-Practice"-Beispiele sollen Agierende auf dezentraler bzw. kommunaler Ebene befähigen, Sektorenkopplungen und ihre Potenziale nachzuvollziehen. Die praktische Umsetzung nachhaltiger Konzepte der Kopplung kommunaler Infrastrukturen kann durch die hier gegebenen Hinweise im Rahmen der Stadtentwicklung forciert werden. Zielgruppen bzw. Adressierte dieser Handreichung sind die Kommunen mit ihren verschiedenen Fachverwaltungen wie z.B. Stadtplanung, Umwelt- und Gartenämter, Tiefbauämter etc. und die in den verschiedenen Sektoren tätigen kommunalen Unternehmen sowie Planende, Investierende und Behörden.

Im Nachfolgeprojekt Infra-Urban-E wird die Umsetzung der im Energiekonzept anvisierten Sektorenkopplungen für die Äußere Oststadt begleitet. Die Erkenntnisse des Projekts sollen Nachahmenden Hinweise geben, auf welche Aspekte bei der Umsetzung geachtet werden soll und wie mit Hindernissen umgegangen werden kann.

HeatResilientCity

Im Forschungsprojekt HeatResilientCity II (HRC II) werden Praxis-Agierende auf der Basis von Forschungsergebnissen befähigt, die Umsetzung von Anpassungsmaßnahmen an sommerliche Hitze zu forcieren und zu verstetigen. Die zweite Förderphase baut dabei auf den Ergebnissen des Vorläuferprojekts HRC auf (10/2017 - 01/2021), das wirksame, sozial gerechte und nutzerakzeptierte Anpassungsmaßnahmen entwickelte und umsetzte. Es identifizierte zudem Handelnde, Treiber und Hindernisse von Anpassungsmaßnahmen.

Auf dieser Wissensbasis, die in HRC II auf der Ebene von verschiedenen Gebäude- und Siedlungsstrukturtypen erweitert und generalisiert wird, sollen Praxis-Agierende „passgenau" beraten und qualifiziert werden. Das Wissen wird zudem in bestehenden und neu zu schaffenden Netzwerken etabliert. Die hierfür genutzten Kommunikations- und Kooperationsprozesse, involvierten Handelnde sowie Austauschformate sind in Abbildung 1 (siehe Link) zusammengefasst. Das Verbundprojekt HRC II setzt auf den bewährten Forschungsverbund, der um Partnerinnen und Partner aus dem Bereich Gesundheitsförderung und Prävention erweitert wurde.

Umsetzung

Im Rahmen des Projektes wurden viele Maßnahmen vorgestellt bzw. umgesetzt, darunter:

  • 50 klimaangepasste Bäume und Sträucher für die Erfurter Oststadt auf brachliegenden Baumscheiben,
  • Baumpatenschaften für Erfurt,
  • Bewässerungsinitiative für die Stadtbäume in der Oststadt,
  • Optimierung des sommerlichen Wärmeschutzes – Gebäudekonzept für ein gründerzeitliches Mehrfamilienhaus,
  • Hitze-Portal der Landeshauptstadt Erfurt.