Arbeitskreis "Erfurter GeDenken 1933 - 1945" stellt den Prototyp der DenkNadel vor

21.04.2009 13:31

Für Kenner der Erfurter Stadtgeschichte ist die Schuhfabrik Lingel ein gewichtiger Begriff, welche als die älteste Schuhfabrik Deutschlands gilt. Carl Spier, ein aus Köln stammender Wirtschaftsmanager, leitete dieses bedeutende Unternehmen eine Zeitlang. Seine Frau, eine promovierte Philologin, war als Journalistin tätig. An das Ehepaar Spier wird die erste DenkNadel im Erfurter Stadtraum erinnern: 1942 wurde Dr. Hilde Spier nach Auschwitz deportiert, 1945 starb Carl Ludwig Spier auf dem Todesmarsch nach Buchenwald. Das jüdische Ehepaar, welches mit zwei Kindern in der heutigen Straße des Friedens wohnte, gehört zu den Opfern aus Erfurt, deren Biografien in den letzten Jahren dem Vergessen entrissen wurden. Eine Arbeit, die für die seit 2007 bestehende Initiative des Erfurter GeDenkens 1933 – 1945 wichtig für das Erinnern an die jüdischen Opfer des Nationalsozialismus ist.

Dass Erinnern nicht nur kollektiv sein soll, sondern sich mit Namen und Schicksalen verwebt,  ist eines der wichtigen Anliegen des bürgerschaftlichen Engagements. So wurde als Form des Gedenkens innerhalb eines künstlerischen Wettbewerbs, der von der Stadt unterstützt wurde, eine überdimensionierte "Stecknadel" gefunden. Die junge Künstlerin Sophie Hollmann, in Dessau studierend und in Erfurt beheimatet, hat sich von der Markierung eines Tatortes leiten lassen und damit ein eindrucksvolles und überzeugendes Symbol geschaffen. Wenn die erste DenkNadel am 9. November dieses Jahres ihren Platz vor dem Erfurter Wohnsitz des jüdischen Ehepaares findet, ist dies der Firma zu verdanken, die der Familie der Künstlerin gehört. Noch drei weitere dieser Gedenkzeichen hofft der Arbeitskreis Erfurter GeDenken 2009 im Stadtraum verankert zu sehen.

Auf einer Tafel unterhalb des orangefarbenen Nadelkopfes werden die Namen der Opfer und deren Lebensdaten zu lesen sein. Die Kunstwerke werden fast in der Größe eines erwachsenen Menschen Jahr für Jahr das Erinnern in Erfurt erweitern. Die Orte sind durch vorangegangene wissenschaftliche Arbeiten belegt, begleitend werden die Recherchen fortgesetzt.

DenkNadel: Gruppenbild Erfurter Gedenken

Die DenkNadeln werden vollständig durch bürgerschaftliches Engagement finanziert, die Stadt übernimmt die Kosten für Fundamente und Pflege.

Zur Präsentation des Prototyps der DenkNadel machte Bürgermeisterin Tamara Thierbach deutlich, wie wichtig es ist, dass diese ganz besonderen "Stolpersteine" künftig zum Nachdenken und Nachfragen anregen: "Sie sollen uns daran erinnern, welche Geschichte wir in Erfurt haben. Und sie sollen uns an unsere Verantwortung erinnern, uns der Geschichte zu stellen." Die Geschichte sei aber zugleich Stolperstein für die Auseinandersetzung mit der Gegenwart. "Wir können uns nicht verstecken hinter den vielen Elementen des Antisemitismus".

DenkNadel: Bürgermeisterin Tamara Thierbach bei der PK

Für den Arbeitskreis Erfurter GeDenken ist mit der Aufstellung dieser Denkzeichen ein wichtiger Meilenstein der Initiative geschafft, aber mit dem Aufstellen der Nadeln sollen Anregungen für die Beschäftigung mit Schicksalen und pädagogische Anliegen verbunden werden. Gerade Schulen und junge Menschen sollen angesprochen werden, dabei werden auch ideelle Patenschaften für die DenkNadeln angestrebt.

Für die weiteren Nadeln werden noch Stifter gesucht, aber auch einzelne Spenden sind willkommen. Wer diese Initiative, welche sich in das entstehende Netzwerk jüdischen Lebens in Erfurt eingliedert, unterstützen möchte, kann über die E-Mail-Adresse erfurtergedenken@erfurt.de  Kontakt aufnehmen.