Hinweise des Entwässerungsbetriebes zur Richtlinie zur Härtefallregelung bei der grundstücksbezogenen Abwasserentsorgung (Grundstücke mit abflusslosen Gruben) zum Schutze der Fließgewässer und des Grundwassers

15.07.2013 11:26

In Erfurt galt seit 1993 eine einheitliche Abwassergebühr. Diese wurde (bisher) für alle Abwasserkunden erhoben und zwar unabhängig davon, ob das zu entsorgende Grundstück bereits über einen öffentlichen Kanal und eine öffentliche Kläranlage entsorgt wird oder ob die Entsorgung der auf den Grundstück betriebenen Grundstückskläranlage oder Abwassersammelgrube (noch) per Achse erforderlich war. Diese Abwassergebühr wurde nach der Menge des bezogenen Frischwassers veranlagt und bemessen.

Warum mussten die Modalitäten bei der Abwassergebührenveranlagung verändert werden?

Gemäß der Auffassung der Rechtsaufsichtsbehörde widersprach diese einheitliche Veranlagung der Abwassergebühren allerdings dem einschlägigen Verwaltungsrecht. Die Stadt wurde deshalb beauflagt, die Veranlagung der Abwassergebühren verursacher- und aufwandsgerechter umzustellen.

In einer ersten Stufe wurde ab 2008 die Differenzierung der Abwassergebühr in eine Schmutzwassergebühr und eine Niederschlagswassergebühr in die Abwassergebührensatzung aufgenommen. Dabei wurde jedoch für die Schmutzwassergebühr der "solidarische" Veranlagungsgrundsatz (Veranlagung ausschließlich nach dem Trinkwassermaßstab) unverändert fortgeführt. Es sei hier jedoch angemerkt, dass diese "Solidargebühr" thüringenweit (bzw. deutschlandweit) ausschließlich in Erfurt angewandt wurde.

Deshalb wurde die Stadt weiter beauflagt, die Veranlagung der Schmutzwassergebühr gemäß der jeweils praktizierten Entsorgungsart aufwandsgerecht zu differenzieren. Der Versuch des Stadtrates, dennoch die Solidargebühr aufrecht zu erhalten, mündete in einem eineinhalbjährlichen Rechtsstreit der Stadt mit der Rechtsaufsichtsbehörde. Letztendlich hat das Verwaltungsgericht Weimar die verwaltungsrechtliche Notwendigkeit der weitergehenden Differenzierung der Schmutzwassergebühr bestätigt. Die Stadt musste infolgedessen die nachfolgenden Satzungsänderungen einführen, die im Amtsblatt vom 28.Juni 2013 amtlich bekannt gemacht worden:

a) "Neufassung der Entwässerungssatzung (EWS-EF) der Landeshauptstadt Erfurt"

b) "Neufassung der Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung der öffentlichen Abwasserbeseitigungseinrichtung und abwasserspezifischer Verwaltungsgebühren der Landeshauptstadt Erfurt (Abwassergebührensatzung)"

Was ändert sich dadurch für Betreiber von abflusslosen Abwassersammelgruben?

Die Veranlagungsgrundlage für die Abwassergebühr ist jetzt nicht mehr die bezogene Trinkwassermenge, sondern die real per Achse abgefahrene Menge an Abwasser aus der abflusslosen Abwassersammelgrube. Die Beseitigungsgebühr für Abwasser liegt mit 14,53 Euro/m³. Da aber beim sachgerechten Betrieb der abflusslosen Abwassersammelgrube nahezu die komplette Menge des bezogenen Trinkwasser als Abwasser per Achse zu entsorgen ist, ergibt sich hier eine hohe Gebührenmehrbelastung für die betroffenen Abwasserkunden

Gibt es Möglichkeiten zur Milderung von Härtefällen ?

Der Stadtrat der Landeshauptstadt Erfurt hat sich dieses Problems sehr intensiv angenommen. Nachdem der eingeschlagene Rechtsweg (siehe Verwaltungsgerichtsentscheidung) zu keinem verwertbaren Ergebnis geführt hatte, wurde nach Wegen einer Dämpfung der Gebührenbelastung gesucht. Im Ergebnis dessen wurde die "Richtlinie zur Härtefallregelung bei der grundstücksbezogenen Abwasserentsorgung (Grundstücke mit abflusslosen Gruben) zum Schutze der Fließgewässer und des Grundwassers in der Landeshauptstadt Erfurt" als freiwillige Leistung der Stadt beschlossen. Die finanzielle Deckung der darin festgelegten Bezuschussung erfolgt konsequenterweise aus dem Haushalt der Stadt.

Wer ist gemäß dieser Richtlinie anspruchsberechtigt?

Anspruchsberechtigt sind die Eigentümer von zu Wohnzwecken genutzten Grundstücken im Hoheitsgebiet der Landeshauptstadt Erfurt, die infolge des (noch) fehlenden Kanalanschlusses über abflusslose Abwassersammelgruben per Achse entsorgt werden und deren daraus resultierenden Gebührenbelastung über dem Wert von 200,00 Euro pro Einwohner und Jahr liegt.

Wie wird diese Richtlinie verwaltungsintern umgesetzt?

Die Bezuschussung (nach der o.a. Richtlinie) ist zu beantragen beim

Tiefbau- und Verkehrsamt
Steinplatz 1
99085 Erfurt
Tel.:   0361 - 655 3111
         0361 - 655 3190 (ab 29. Juli)
Fax:   0361 - 655 3119
E-Mail: Verwaltung.Tiefbau-Verkehr@Erfurt.de

Zur Antragstellung ist das einschlägige Formular (siehe Veröffentlichung der Richtlinie am 28.06.2013 im Amtsblatt) zu verwenden. Das Formular kann ab 22. Juli über das Internet oder über die einschlägigen Informationsstellen der Stadtverwaltung bezogen werden. Dem Antrag ist eine Kopie des Abwassergebührenbescheides beizufügen.