David Mannstein geht auf Erfurt zu: Aus "Willy komm ans Fenster" wird "Willy Brandt ans Fenster"

19.03.2007 00:00

Auf Initiative des Oberbürgermeisters Andreas Bausewein fand gestern ein Treffen mit dem Berliner Künstler und Gewinner des Wettbewerbes zur Erinnerung an Willy Brandt und das Erfurter Treffen 1970 David Mannstein, dem Jury-Vorsitzenden Prof. Dr. Kai-Uwe Schierz sowie dem Jury-Mitglied Prof. Dr. Karl Schawelka im Büro des Oberbürgermeisters statt.

„Die unerwartet emotionalen Reaktionen haben mich dazu veranlasst, dieses Treffen zu initiieren“, so der Oberbürgermeister. „Ich bin sehr froh, dass wir eine für alle vertretbare Kompromisslösung gefunden haben.“ Gemeinsam sei man zu dem Ergebnis gekommen, dass die „Korrektur“ der Leuchtschrift in „Willy Brandt ans Fenster“ von großem Wert für die damals anwesenden Erfurter sei und der Tatsache Nachdruck verleiht, dass sich die Erfurter mit ihren eindeutigen Rufen in Gefahr brachten. 

An der künstlerischen Lösung, dem Wettbewerbsverfahren und dem Jury-Entscheid als solchem, halten die Gesprächspartner weiterhin fest. Sie möchten in diesem Zusammenhang nochmals darauf hinweisen, dass sich der Siegerentwurf Mannsteins aus drei Teilen zusammensetzt:

  • der viel diskutierten Lichtinstallation „Willy komm ans Fenster“, welche im Zuge des Gesprächs in „Willy Brandt ans Fenster“ abgeändert wird sowie zwei bisher wenig wahrgenommenen Elementen,
  • einem erleuchteten Fenster, nämlich genau dem, an das Brandt damals trat und zu der Erfurter Bevölkerung blickte
  • sowie einem Brandt-Infoterminal am Eingang des Gebäudes, dessen Inhalt durch den Freundeskreis „Willy Brandt im Erfurter Hof“ e. V. und die Stadt Erfurt redaktionell betreut wird 

Im Rahmen des Um- und Neubaus des Bahnhofes wird seit Juni des letzten Jahres auch der Platz vor dem Hauptbahnhof, der jetzige Willy-Brandt-Platz neu gestaltet. Dies wurde zum Anlass genommen, dem Namensgeber ein ehrendes Denkmal zu gestalten. In den Ausschreibungsunterlagen heißt es dazu: „Die Gestaltung soll sowohl der Bedeutung des Person Willy Brandts als auch des historischen Ereignisses gerecht werden und dies durch eine prägnante, für Besucher nachzuempfindende künstlerische Lösung zum Ausdruck bringen.“ 

Die deutschlandweite Ausschreibung des zweistufigen Wettbewerbes erfolgte am 15. September 2006. Die Resonanz war immens: 123 Künstler aus ganz Deutschland reichten ihre Vorschläge ein. Bei einer ersten Jurysitzung am 15. Januar wählte die Jury aus Fach- und Sachjuroren die fünf interessantesten Entwürfe aus, die in einer zweiten Wettbewerbsstufe weiter bearbeitet werden sollten. Aus der achtstündigen zweiten Jurysitzung ging am 5. März dieses Jahres der Entwurf des Berliner Künstlers David Mannstein als Sieger hervor.  

Die Abänderung des Siegerentwurfes erfolgte in Abstimmung mit allen Jury-Mitgliedern, sie wurden im Laufe des Wochenendes telefonisch kontaktiert. 

„Ich fühle mich nicht persönlich angegriffen“, sagt David Mannstein dazu, „und bin doch schockiert, dass mit einem Kunstwerk, das im Kern etwas so Positives trägt, so negativ umgegangen wird. Auch dass man in der sehr emotional geführten Diskussion künstlerische Argumente nicht gelten lassen will. Selbstverständlich kannte ich die Tondokumente und habe gewusst, dass ‚Willy Brandt ans Fenster’ gerufen wurde. Aus meiner Sicht interpretiert ‚Willy komm ans Fenster’ die Situation jedoch besser als ‚Willy Brandt ans Fenster’. Meine Absicht war keinesfalls eine ‚Verballhornung’ – ‚Willy komm ans Fenster’ sollte der Freundschaft und Hoffnung Ausdruck verleihen, mit der die Menschen damals Willy Brandt begegnet sind. Die Vielfalt möglicher gedanklicher Assoziationen wird nun reduziert. Dass die Erfurter, die lokale Presse, die CDU-Fraktion des Erfurter Stadtrates und auch viele der Rufer von damals, die von mir intendierte Offenheit der Deutung als Bereicherung des Nachdenkens über Willy Brandt nicht wünschen, bedaure ich sehr. Andererseits meine ich es ernst mit meiner Absicht, mit dem Denkmalentwurf beide, Brandt und die Erfurter, zu ehren. Und ich begreife auch, wie wichtig und emotional wertvoll den Akteuren von damals die Spezifizierung ‚Brandt’ in ihren ‚Willy’-Rufen war. Ich wünsche mir das Erfurter Denkmal für Brandt als einen Identität stiftenden Punkt in der Stadt.“

Dem Künstler David Mannstein ist die Landeshauptstadt Erfurt übrigens sehr vertraut. Von den zehn Jahren, die er in Thüringen lebte, wohnte Mannstein zwei in Erfurt.

David Mannstein
- geb. 1958 in Bad Hersfeld
- Abitur in Fulda
- Studium Maschinenbau, Mathematik, Physik in Berlin und Kassel
- Kfz-Meister in Fulda und Frankfurt
- Diplom Freie Kunst, Bauhaus-Universität Weimar 1997 (in der Galerie Rothamel, Erfurt)
- seit 2002 in Berlin
- verheiratet 3 Kinder