"Glockengeläut" im Kulturhof Krönbacken: Installation von Simone Seemann

11.04.2008 00:00

Zu ihren raumfüllenden Installationen lässt sich die 1975 in Brandenburg/Havel geborene Künstlerin Simone Seemann aus Weimar, die 2006 ihr Diplom im Studiengang "Freie Kunst" an der Bauhausuniversität Weimar erwarb und schon in zahlreichen Installations-Projekten vorwiegend in Brandenburg und Weimar hervorgetreten ist, vom jeweiligen Genius loci inspirieren.
Das geschichtsträchtige Renaissancewohnhaus in der Erfurter Michaelisstraße10 füllt sie mit Glocken verschiedener Größe, die aus Zeitungspapier geformt wurden und im Raum zu schweben scheinen. Durch ihre dunkelrote Farbgebung erhalten sie eine äußere Schwere, die eine Verbindung zum historischen Ausstellungsraum schafft und zugleich einen warmen tiefen Klang assoziiert. Besucher können die Glocken umlaufen, jedoch bleiben diese, als Ausdruck der zurückgehenden Bedeutung des Läutens in der akustischen Wahrnehmung des Menschen, wider Erwarten stumm.
Über Jahrhunderte gliederte das Geläut der Glocken sowohl den weltlichen wie auch den religiösen Tagesablauf der Menschen. Es bildete damit eine akustische Landmarke. Der Verlust einer Glocke stellte für die Bevölkerung einen tiefgreifenden Einschnitt in den Lebensalltag dar. Erfurt hatte im späten Mittelalter eine hohe Glockendichte: Im Jahr 1416 umfasste allein das Geläut der Stiftskirche St. Marien insgesamt 16 Glocken. Diese fielen im November desselben Jahres einem großen Feuer zum Opfer. Die mahnende Erinnerung an diesen Klangverlust, der sich über die Jahrhunderte bis in die Gegenwart fortsetzt und potenziert, bildet den konzeptionell-geistigen Mittelpunkt der Ausstellung.
Pressegespräch: 24.04.2008, 11 Uhr
Ausstellungsdauer:26.04.2008 - 25.05.2008 / Dienstag - Sonntag 11 - 18 Uhr