Stand der Planungen des städtischen Erinnerungsortes "Topf & Söhne" am Sorbenweg

11.02.2009 14:45

Landes- und Bundesförderung zeigen die nationale Bedeutung von Topf & Söhne

Im Rahmen der Gedenkstättenkonzeption des Bundes wird die Aufbauphase des Erinnerungsortes von 2008 bis 2010 mit insgesamt 600.000 Euro gefördert, die hälftig vom Bund und vom Freistaat Thüringen zur Verfügung gestellt werden. Voraussetzung für eine solche Förderung ist die Schaffung einer Erinnerungsstätte am historischen Ort sowie die nationale und exemplarische Bedeutung des historischen Geschehens. Mit seiner Förderzusage würdigt der Bund, dass die Firma Topf & Söhne ein  herausragendes Beispiel für die Unterstützung des Holocaust durch Industrieunternehmen und durch alltägliches berufliches Handeln darstellt und damit von nationaler Bedeutung für die Erinnerung an die nationalsozialistischen Verbrechen ist. Dank dieser Fördermittel ist es möglich, die Beauftragung eines Architekten für die äußere Gestalt des Verwaltungsgebäudes und die Sanierung des Mietbereichs sowie eine Außenausstellung auf dem Vorplatz des Verwaltungsgebäudes zu finanzieren.
Der Fördermittelanteil für das Jahr 2008 in Höhe von 156.000 Euro floss in folgende Teilprojekte:

  • die Planung des Umbaus des Verwaltungsgebäudes, der bereits begonnen hat,
  • die Gestaltung der Außenausstellung einschließlich der Herstellung eines Modells der historischen Firmenanlage 1945,
  • die Erstellung einer Film- und Fotodokumentation vor Beginn der Abbrucharbeiten auf dem Gelände
  • und die Adaption und Erweiterung der Wanderausstellung "Techniker der ‚Endlösung’. Topf & Söhne – Die Ofenbauer von Auschwitz" für ihre Präsentation im Verwaltungsgebäude.

Rettung eines historischen Ortes für die historisch-politische Bildungarbeit
Das Gelände ist gezeichnet vom jahrelangem Verfall sowie der Zerstörung durch Brand, Diebstahl und Vandalismus. Auch wenn Führungen auf dem Gelände zur Geschichte von Topf & Söhne stattfanden, war dies immer nur auf eigenes Risiko möglich und zuletzt etwa im Verwaltungsgebäude nicht mehr zu verantworten. Die Sanierung des Verwaltungsgebäudes durch die Domicil Hausbau GmbH ist die einmalige Chance zur Rettung des wichtigsten Gebäudes auf dem Gelände, dem Sitz der Firmenleitung sowie der Zeichensäle mit dem historischen Arbeitsplatz von Kurt Prüfer und der Blickachse von dort zum Ettersberg, dem Ort des ehemaligen KZ Buchenwald. Angesichts der Bedeutung authentischer Orte für die historisch-politische Bildungsarbeit sieht die Landeshauptstadt Erfurt ihre Verantwortung darin, dass im Rahmen der Sanierung ein Maximum an historischen Zeitspuren gesichert und sichtbar gemacht wird. Mit dem Kölner Architekturbüros Kastner Pichler konnten Experten für den Umbau historischer Orte der Mittäterschaft im Holocaust gewonnen werden. Der Erinnerungsort mit seinem Außengelände wird etwa zehn Prozent des historischen Firmengeländes umfassen und damit weit mehr als jene zwei Prozent betragen, die die Geschäfte mit der SS am Gesamtumsatz der Firma ausmachten. Neben dem großen, begehbaren Modell, das im Maßstab 1:50 die Firmenanlage 1945 verdeutlicht und somit den ehemals industriellen Charakter des Geländes sichtbar macht, werden die Produktionsorte der Ofenteile und der Lüftungstechnik für die Gaskammern auch außerhalb des Erinnerungsortes durch Stelen gekennzeichnet. Ein Film mit einem Rundgang über das Gelände vor dem Abbruch sowie mit historischen Fotos wird als Teil der Ausstellung die Geschichte des Firmengeländes dokumentieren.
Pädagogische Arbeitsmöglichkeiten
Der Erinnerungsort Topf & Söhne wird nach seiner Eröffnung am 27. Januar 2011 die einmalige Möglichkeit bieten, sich am historischen Firmensitz und in den historischen Arbeitsräumen mit der Geschichte normaler Menschen auseinanderzusetzen, die in ihrem gewöhnlichen beruflichen Alltag zu Mitwissern und Mittätern an einem Menschheitsverbrechen wurden. Mit der Ausstellung "Techniker der Endlösung’" kehren die Dokumente und Zeichnungen an den Ort ihres Entstehens zurück, die belegen, dass die Firmenleitung und die Ingenieure wissentlich, freiwillig und initiativreich an der Leichenbeseitigung und der Optimierung des Mordens in den Gaskammern mitwirkten. Die Zeichentische, die 2002 dort geborgen wurden, wo Kurt Prüfer seinen Arbeitsplatz hatte und die sich schon während seiner Arbeit im Unternehmen dort befanden, werden als Ausstellungsexponat exakt an dieser Stelle in einer Beamer-Installation die historischen Pläne der Abteilung Ofenbau zeigen. In einem Sonderausstellungsbereich können über die Dauerausstellung hinaus weitere Aspekte des Holocaust und seiner Nachgeschichte gezeigt werden Es wird vielfältige pädagogische Angebote für Schulklassen und Studierende in der Ausstellung selbst, in einem Seminarraum mit Bibliothek und Mediathek sowie auf dem Außengelände geben. Das Thema Topf & Söhne ist dabei besonders geeignet, die Brücke zur Gegenwart und in die Zukunft zu schlagen, denn die Frage nach beruflicher und unternehmerischer Ethik und Verantwortung stellt sich für jeden Menschen - heute und zukünftig.