Erste Sonderausstellung im Erinnerungsort Topf & Söhne: "Arisierung" in Thüringen" ergänzt um "Gesichter einer Stadt - Das nationalsozialistische Erfurt"

07.11.2011 12:00

Unternehmerische Täterschaft im Nationalsozialismus hatte viele Facetten - von der Bereicherung durch die "Arisierung" des Wirtschaftslebens bis zum Bau und der Ausstattung der "Todesfabriken" in Auschwitz. Deshalb ist der Erinnerungsort Topf & Söhne - Die Ofenbauer von Auschwitz der richtige Ort, um die Ausstellung "'Arisierung' in Thüringen" als Höhepunkt und vorläufigen Abschluss ihrer dreijährigen erfolgreichen Tournee   durch Thüringen zu zeigen. Sie ist die erste Wechselausstellung, die im eigens für diesen Zweck gestalteten ehemaligen Zeichensaal im 2. OG gezeigt wird. Eröffnet wird sie am 9. November, am Tag des Gedenkens an die Pogromnächte 1938, mit einem Gedenk-Konzert des Kammermusikvereins e.V.

Neun Monate nach seiner Eröffnung hat sich der Erinnerungsort zu einem gut besuchten Ort der historischen Bildung und Begegnung entwickelt. Mit der Ausstellungspräsentation, für die der Justizministers des Freistaates Thüringen Dr. Holger Poppenhäger die Schirmherrschaft übernommen hat, erweitert der Erinnerungsort sein historisches Themenfeld und dokumentiert einen weiteren Aspekt der Verfolgung und Vernichtung jüdischen Lebens - den Ausschluss aus dem Kultur- und Wirtschaftsleben und die Zerstörung der ökonomischen Existenz. Die Ausstellung, die von der studentischen Projektgruppe "'Arisierung' in Thüringen" am Historischen Institut der Friedrich-Schiller-Universität   Jena unter Leitung von Dr. Monika Gibas erarbeitet wurde, dokumentiert Fallbeispiele aus ganz Thüringen und zeigt, dass dieser Raubzug vor aller Augen im gesellschaftlichen Nahraum geschah - mit Beteiligung zahlreicher Thüringer als Schreibtischtäter und Vollstrecker der Maßnahmen, als Nutznießer und Beobachter.
Ergänzt wird die Sonderausstellung zur "Arisierung" um die Fotoausstellung "Gesichter einer Stadt. Das nationalsozialistische Erfurt", die vom Team um die Leiterin des Erinnerungsortes Topf & Söhne Dr. Annegret Schüle erarbeitet wurde. Die historischen Aufnahmen zeigen bekannte Straßen und Plätze Erfurts wie den Bahnhof, den Anger, die Schlösserstraße, das Rathaus und den Domplatz - beflaggt mit Hakenkreuzfahnen und belebt mit festlich gekleideten Erfurter Bürgern, Wehrmachtssoldaten und fröhlichen Kindern, die marschierende SA-Truppen begleiten. Unzählig sind die begeisterten Menschen, die sich ins Steigerwald-Stadion aufmachten, um Adolf Hitler zu hören.
Für Schülerinnen und Schüler an zahlreichen Thüringer Schulen wurde die Präsentation der Ausstellung über die "Arisierung" zum Anlass, selbst im Archiv zu forschen und Firmengeschichten und Biographien jüdischer Bürger ihrer Stadt zu recherchieren. Ergebnisse dieser lebendigen Geschichtsarbeit, die von Dr. Gibas und Jenaer Studentinnen begleitet wurde, werden ebenfalls gezeigt.
Mit Ausstellungsbeginn kann das gemeinsame Bildungsprojekt von Alter Synagoge und Erinnerungsort Topf & Söhne erstmals gebucht werden. Besucher können die historischen Spuren der deutsch-jüdischen Geschichte und Gegenwart in Erfurt in einem 2- oder 1-Tagesprogramm erkunden.
Das Ausstellungsprojekt und seine Begleitveranstaltungen werden durch zahlreiche Kooperationspartner getragen. Die Sparkassen-Kulturstiftung Hessen -Thüringen, die Landeszentrale für politische Bildung Thüringen und die Thüringer Staatsarchive haben die Ausstellung erst ermöglicht. Am vielfältigen Begleitprogramm sind u. a. die Jüdische Landesgemeinde, die Deutsch-Israelische Gesellschaft , der Thüringer Richterbund und die Sparkassenstiftung Erfurt beteiligt. Höhepunkt wird die Veranstaltung zum Abschluss der Präsentation am 13. Januar 2012 sein. Dann werden der Präsident der Industrie- und Handelskammer Dieter Bauhaus, der Wirtschaftsethiker Prof. Dr. Olaf J. Schumann und der Rabbiner Prof. Dr. Walter Homolka über "Wirtschaft und Ethik - Eine Zukunftsfrage" diskutieren.