Im Dialog - Jost Heyder und Jürgen M. Paasch: Museums-Salon öffnet seine Türen im Angermuseum

05.09.2014 09:22

In der aktuellen Ausstellung "Unterm Strich. Zeichenkunst aus sieben Thüringer Ateliers" präsentieren Jost Heyder, Uta Hünniger, Gerda Lepke, Gerd Mackensen, Ullrich Panndorf, Walter Sachs und Heinz Scharr im Erfurter Angermuseum, dem Kunstmuseum der Landeshauptstadt am Anger 18, Ausschnitte aus ihrem Schaffen im Medium der Handzeichnung. Im Rahmen der Ausstellung öffnet der Museums-Salon seine Türen und lädt Künstler, Schriftsteller, Musiker und Kunsthistoriker zum Dialog ein. Gast im Museums-Salon am Dienstag, dem 9. September, 19 Uhr, ist der Zeichner und Maler Jost Heyder.

Ein Mann inmitten seines Ateliers. Links und rechts seine Arbeiten.
Foto: Jost Heyder - im Atelier Foto: © Uwe Steinbrück, 2014

"Einfühlung in ein anderes Ich, darum geht es Jost Heyder, wenn er mit dem Graphitstift Porträts zeichnet – zumeist im direkten Kontakt zum Modell, selten nach Fotografien.

Kurz nach seinem Studium war es der Vater, den er psychologisch einfühlsam in seiner Gebrechlichkeit porträtierte, später waren es Persönlichkeiten, denen er beruflich oder privat begegnete. Ausschnitt und Haltung dienen der Charakterisierung, bezeugen seine gute Beobachtungsgabe, sein Gespür für Nuancen in der Mimik oder Gestik des Gegenübers, die Hinweise auf ihr Inneres geben.

Mitunter wechselt er auch die zeichnerischen Mittel, denn der größte Gegenspieler der Einfühlung ist Routine. Das Theater dient ihm immer wieder als Metapher für die Rollenspiele der Geschlechter. Unermüdlich bewegen sich die Figuren, maskiert oder entkleidet, auf den schwankenden Brettern, die die Welt bedeuten.

Wie zahlreiche Porträts schöner Frauen und erotische Blätter belegen, widmet der Augenmensch Heyder dem weiblichen Teil der Menschheit auf besondere Weise seine Aufmerksamkeit. Von Reisen brachte er aquarellierte Studien mit, die im Atelier ausgewertet, variiert und motivisch reduziert wurden, bis atmosphärisch aufleuchtende Blätter entstanden, die zwischen ungegenständlicher Komposition und konkreter Anschauung balancieren.

Im Werkzusammenhang bilden sie eine kleine Insel der Ruhe, markieren vielleicht einen Locus amoenus, der den Introvertierten einlädt zum Verweilen jenseits aller Betriebsam- und Begehrlichkeit."

Aus: Kai Uwe Schierz, Cornelia Nowak, Unterm Strich steht alles auf Anfang –Sieben Zeichner – sieben Positionen – eine Würdigung, in: Begleitbuch zur Ausstellung Unterm Strich. Zeichenkunst aus sieben Thüringer Ateliers, Verlag edition burgart-presse Jens Henkel, Rudolstadt 2014.

Gesprächspartner ist  Jürgen. M. Paasch.

 Jürgen M. Paasch, geboren 1961 in Erfurt, ist Germanist, Dramaturg, freier Autor, Herausgeber, Lektor. Von 1994 bis 2000 leitete er das Literaturbüro Thüringen in Erfurt.

Er erhielt 1989 den Kunstpreis der Stadt Jena, 2003 das Amsterdam‑Stipendium "Stichting Culturele Uitwisseling Nederland-Duitsland", 2007 das Autoren‑Stipendium des Freistaats Thüringen, 2008 "Artist in Residence" im Künstlerhaus Schloss Wiepersdorf. Seine letzte Einzelveröffentlichung "Dichtergräber in Thüringen" erschien im Sutton Verlag, Erfurt 2014. Jürgen M. Paasch lebt in Erfurt.

Für den Begleitband zur Ausstellung schrieb er den Beitrag "Erwartung und Vollendung – Jost Heyder zum 60".