Barfuß ins Himmelreich? - Martin Luther und die Bettelorden in Erfurt

30.08.2016 09:00

Die Kirchen der ehemaligen Bettelorden der Barfüßer, Dominikaner und Augustiner-Eremiten prägen noch heute das Erfurter Stadtbild. Die neuartige und auf die Bedürfnisse der spätmittelalterlichen Stadtgemeinden ausgerichtete Theologie und Spiritualität der Ordensbrüder haben ein ganzes Zeitalter bestimmt und tiefe Spuren auch in der Erfurter und mitteldeutschen Kirchen-, Geistes- und Sozialgeschichte hinterlassen.

Eine Sonderausstellung im Stadtmuseum und an weiteren Orten vom 18. Mai bis 12. November 2017

Luther in Kutte hält die Hand auf, ein Mann, rechts, reicht ihm eine Gabe.
Foto: Luther als Bettelmönch auf den Straßen von Erfurt /Eduard Kämpffer Foto: © Constantin Beyer, Weimar

Ohne die Erfahrungen seiner Erfurter Jahre als Augustiner-Eremit und Ordensfunktionär wäre Martin Luthers Weg zur Reformation so nicht möglich gewesen. Luthers Abwendung vom mönchischen Lebenskonzept und der im Ablasshandel gipfelnden Heilsökonomie der Bettelorden lässt sich an keinem anderen Ort so überzeugend darstellen und erleben wie an den authentischen Wirkungsstätten Erfurts.

Die Ausstellung zeigt anhand hochwertiger Objekte sowie dezenter Inszenierungen die Wandlungen des Mönchsideals vom Hochmittelalter bis zur Klosterzeit Luthers und die Bedeutung der Bettelorden für die Stadtgesellschaft, Ökonomie und universitäre Bildung Erfurts. Dabei geht es zugleich auch um die von Luthers Klosteraufenthalt angestoßenen Entwicklungen, um die Auflösung der Bettelorden in Erfurt und die Transformation von Klöstern in Pfarrkirchen und Mönchen in Mitbürger.

Verdeutlicht wird dies durch Archivalien und Objekte aus Archiven (u. a. Luthers Universitätsmatrikel sowie Bestände und Spolien aus Erfurter Ordensbibliotheken und Kirchen) sowie Leihgaben u. a. aus der Schweiz und aus Österreich. Einen reichen Objektfundus bietet das Stadtmuseum mit seiner Dauerausstellung zur Erfurter Stadt- und Kirchengeschichte, der in die Ausstellung mit einbezogen werden soll.

Eine wiedererkennbare Wegmarke greift die facettenreichen Merkmale der drei Bettelordenskirchen Augustiner, Prediger und Barfüßer im Erfurter Stadtraum auf und verweist auf die erhaltenen authentischen Orte und Stätten der Reformation. Ein flexibles Begleitprogramm, das aktuelle Fragestellungen rund um Armut, Gerechtigkeit und Lebenssinn aufwirft, vertieft die Exposition. Zudem soll im Langhaus der Barfüßerkirche eine begehbare Inszenierung („Jenseitsspiel“) mit theatralen Elementen das Jenseitsmodell der Bettelorden und das daran geknüpfte spätmittelalterliche Konzept der Heiligung durch Leistung und stellvertretende Gaben verständlich machen und einer kritischen Aktualisierung unterziehen.

Die Sonderausstellung wird durch ein umfangreiches Rahmenprogramm im Stadtraum und in den Bettelordenskirchen in Erfurt begleitet.