Vom Ahlenkasten bis Zwiebelkuchen: 20 Jahre Volkskundliche Beratungs- und Dokumentationsstelle für Thüringen in Erfurt

19.05.2017 09:56

Alle die wissen wollen, was und wie ihre Großeltern gespielt haben, wo man etwas über den Waidanbau erfahren kann, welches Lied man einst wo sang, was man sich über besondere Ereignisse erzählte, welche Berufe vor Jahrzehnten verbreitet waren, erhält bei der Volkskundlichen Beratungsstelle Auskunft.

Menschen schauen auf das Stadtmodell.
Foto: Erfurter Geschichte: Stadtführer Roland Büttner führt regelmäßig Touristen durch die Altstadt Foto: © Volkskundliche Beratungs- und Dokumentationsstelle für Thüringen

Die Volkskundliche Beratungs- und Dokumentationsstelle für Thüringen, eine vom Freistaat Thüringen/Thüringer Staatskanzlei geförderte Einrichtung, von der Stadt Erfurt unterstützt und im Museum für Thüringer Volkskunde beheimatet, besteht seit Mai 1997. Seither haben die beiden Mitarbeiter, Dr. Gudrun Braune und Dr. Peter Fauser, Vorträge gehalten, Workshops und Kolloquien für eine breite Öffentlichkeit durchgeführt, tausende von Einzelauskünfte für Kommunen, Vereine, Medien und Privatpersonen erteilt.

Dabei sieht man sich einem breiten Themenspektrum verpflichtet. Fachspezifische Fragestellungen und einschlägige Dokumentationen (u. a. Erinnerungsgeschichten, Filmdokumentationen in der Reihe „Traditionelle Thüringer Arbeitswelt“) unterstreichen die Funktion als alltagsgeschichtliches Gedächtnis der Region. So wird die Beratungsstelle zunehmend auch als Ort erkannt, wo betagte Heimathistoriker ihre Aufzeichnungen und Akten in gute Hände übergeben können.

Die jährlich durchgeführten Kolloquien (Themen wie Ernährungskultur, Lebenselixier Wasser, historische Gartennutzung u. v. a. m.) offerieren spezielle Bildungsangebote und tragen zur Diskussion gesellschaftlich wichtiger Problematiken bei. Erst jüngst wurde beispielsweise das Spannungsfeld Heimat und Fremde im Kolloquium „Länderwechsel – Kulturtausch? Historische Erfahrungen von Migration und Integration in Thüringen“ ausgelotet.

Daneben gibt die Einrichtung fachthematische Publikationen heraus, inzwischen ist der 53. Band in der Schriftenreihe der Beratungsstelle erschienen. Themen waren in den vergangenen Jahren u. a. vergangene Berufe und Erwerbstätigkeiten, die Kulturgeschichte von Grenzmarkierungen, der Weinbau in Thüringen, Menschen unterwegs, Mundarten in Thüringen, die Hospitalgeschichte Thüringens, die Entwicklung von der Agrar- zur Industriegesellschaft in Thüringen im 19./20. Jahrhundert, der Feldgemüsebau in Heldrungen, Thüringer Obstdarren oder die Erinnerungen eines belgischen Zwangsarbeiters. Gedruckt wurden zudem Publikationen zur regionalen Volksmusikgeschichte, mehrere Sagenhefte sowie Erinnerungsberichte. Die 13 von der Beratungsstelle bisher initiierten Filmdokumentationen stellen u. a. Holzhandwerke in Südthüringen, die Kirmes im Landkreis Sonneberg oder die Herstellung von Christbaumschmuck vor.

Bei den Vorhaben und allem Tun der Beratungsstelle ist der Kontakt zu heimatinteressierten Personen vor Ort unerlässlich und meist für beide Seiten gewinnbringend. Auch bei dem Dokumentationsprojekt „Kirmes in Thüringen. Regionaler Anker in der globalisierten Welt“, das an einem wichtigen Beispiel die heimische Festkultur im Wandel zeigt, kann die Einrichtung auf die Mitwirkung von Kulturhistorikern ebenso wie auf lebendige Erfahrung von Ortschronisten und Kirmesburschen zurückgreifen.