Übermütige Erwachsene

17.06.2014 10:14

Die Freibadsaison hat begonnen! Trotz gutem Wetter gehe ich nur zweimal baden. Denn tagsüber grübele ich über den Roman, und sowieso bin ich in einer Fassbinder-Schleife gelandet.

Woche 7 (9. bis 15. Juni)

Daraufsicht auf überarbeitete und korrigierte Kopien einiger Textseiten sowie auf Zettel mit Stichworten, die exakt geordnet auf einem Schreibtisch liegen. Rechts oben im Bild eine Teetasse, darunter ein mit Bleistift beschriebener Notizzettel. Der Bleistift liegt exakt auf dem Papier.
Foto: Nachdenken über den Roman Foto: © Katharina Bendixen

Privilegien

Privilegien der Freiberufler: An wuseligen Wochentagen blaumachen. An ruhigen Feiertagen arbeiten. Leider kommt das zweite häufiger vor.

Selbstverständlich

Auf dem Rückweg vom Supermarkt ärgere ich mich über die schweren Beutel und die heiße Sonne. Plötzlich fällt mir ein, wie D. und ich kurz nach unserer Ankunft „Supermarkt Erfurt“ googelten und uns – die Straßenzüge grob in unserem Kopf – hierher durchschlugen, um eine Grundausstattung einzukaufen. Salz, Öl, Margarine. Nudeln, Tomaten, Brot. Trotz schwerer Rucksäcke bewunderten wir die Häuser, wiesen uns auf Details hin. So schnell ist die Stadt selbstverständlich geworden? Ich nehme mir vor, meinen Blick wieder auf Anfang zu stellen.

Freibad

Hier kommt alles zusammen: alt und jung, dünn und dick, Stolz und Scham. Sicher schreibt deshalb jeder Autor im Laufe seines Lebens mindestens eine Freibadgeschichte. Auch ich beobachte eine Weile, ehe ich abtauche: Jungs mit Himbeereis und tiefer Stimme. Schmale Mädchen, die unermüdliche ihre Runden drehen. Kinder, die sich mit Handtüchern schlagen. Als ich später die Rutsche probiere, lande ich versehentlich auf zwei zehnjährigen Jungs, die sich über diese übermütige Erwachsene wundern.

Aufgeschnappte Gespräche 7

Mittags, auf der Rathausbrücke, Oma, Mutter, Kind
Mutter: „… das sind Wolken … das sind richtige Fotowolken …“

Fassbinder

In der Bibliothek fällt mir "Ich will doch nur, dass ihr mich liebt" von Rainer Werner Fassbinder in die Hände. Die Geschichte um einen Maurer, der sich aus Hilflosigkeit immer weiter verschuldet, katapultiert mich prompt in eine neue Fassbinder-Phase, wie im letzten Winter, als D. und ich mit "Die bitteren Tränen der Petra von Kant" begannen und bei der sechzehnstündigen Verfilmung von "Berlin, Alexanderplatz" landeten. Ich glaube, am meisten fasziniert mich, dass Fassbinders Helden das Gute wollen und dennoch, weil die Gesellschaft ihnen keine Wahl lässt, böse enden. "Lola". "Die Sehnsucht der Veronika Voss". "In einem Jahr mit dreizehn Monden". Leider ist die Fassbinder-Auswahl in der Bibliothek begrenzt. Oder soll ich schreiben: zum Glück? Wahrscheinlich würde ich sonst meine Wohnung nicht mehr verlassen.