Hinter grünen Punkten

01.08.2014 13:04

Ich entdecke eine Statue, eine schöne Wand und erfahre von abenteuerlichen Tauschgeschäften.

Woche 13 (21. bis 27. Juli)

In Stein gefasste Wasser-Quellen mit drei wasserspendenen Rohren.
Foto: In der Mitte schmeckt’s am besten: Dreienbrunnenquelle am Luisenpark Foto: © Katharina Bendixen

Fantasie

Im schönen Café Zuckerdose ist der Wald fern und doch ganz nah: Die Fototapete ist leuchtend grün, sie erinnert mich an eine Ferienwohnung aus meiner Kindheit. Die Besitzerin erklärt mir: Weil wir keinen richtigen Freisitz haben. Ich finde die Tapete fast besser als einen Freisitz, denn sie lässt die Fantasie anspringen. Ein kleiner Tipp für die, die besonders gern fantasieren: Hinter den grünen Punkten verstecken sich Vögel.

Aufgeschnappte Gespräche 13

Abends, im Strandbad Stotternheim, Mutter, Vater, zwei Kinder um die zehn
Vater: „… jetzt stellt euch mal vor, wir wären bei dem Wetter zu Oma und Opa gefahren …“

Augen auf!

Bisher dachte ich, ich sei in der neuen Stadt mit offenen Augen unterwegs. Am Eulenspiegel-Denkmal gleich neben meiner Wohnung bin ich aber unzählige Male vorbeigegangen, ohne es eines Blickes zu würdigen. Es braucht einen Besuch aus Leipzig, dass ich auf den Narr aufmerksam werde, der über einen Esel wacht. Im Internet finde ich die dazugehörige Geschichte: Einst brachte Eulenspiegel in Erfurt einem Esel das Lesen bei. Es geht sogar um mein Metier – wieso bin ich so unaufmerksam gewesen?

Tauschgeschäfte

Für ein Wochenende fahren meine Mutter und mich ins Wellnesshotel nach Luisenthal. Nach Schwimmbad und Sauna wandern wir im schönen Wald. An einer Lichtung kommen wir ins Gespräch mit zwei Mountainbikern. Sie erzählen, dass der Wald früher schöner war. Da gehörte er noch dem Land, dann aber wurde er eingetauscht: Der Besitzer des Gothaer Schlosses bekam ihn im Tausch gegen die Immobilie samt ihren Kunstschätzen. Einem großen Waldstück nicht weit von hier erging es genauso: Es fiel im Tausch gegen die Anna Amalia Bibliothek in private Hände. Zuerst fühle ich mich wie in einer Räuberpistole, in der jegliche Moral verlorengegangen ist. Dann werde ich unsicher, ob ich vielleicht zu moralisch denke. Und ich kann nicht prüfen, ob die zwei Mountainbiker Recht haben und der Wald seit der Privatisierung wirklich unfreundlicher geworden ist.