Am 9. November vor 84 Jahren brannte die Große Synagoge

04.11.2022 15:08

Am 9. November 2022 jährt sich die Zerstörung der Großen Synagoge in Erfurt am Kartäuserring (heute Juri-Gagarin-Ring/Max-Cars-Platz) zum 84. Mal.

Jüdische Gemeinde und Erinnerungsort gedenken mit Veranstaltungen

Schwarzweiß Foto Außenansicht Synagoge
Foto: Die Große Synagoge wurde 1938 zerstört. Foto: © Stadtarchiv Erfurt

Die NSDAP-Führung ordnete in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 reichsweit Terror gegen die jüdische Bevölkerung und die Zerstörung ihrer Gotteshäuser und Geschäfte an. Im Erfurter Regierungspräsidium trafen am Abend die Instruktionen hoher Parteifunktionäre ein: Die Synagoge werde brennen, die Feuerwehr dürfe nicht eingreifen, nur umliegende Häuser schützen. SA- und SS-Männer umstellten die Synagoge und brachen die Türen auf. Sie stahlen wertvolle Tora-Kronen und Silberbehänge sowie Akten und Bücher und zerschlugen Mobiliar, Türen und Fenster. Überall wurde Benzin verspritzt und angezündet. Oberbürgermeister Walter Kießling war vor Ort und betrachtete mit vielen weiteren Schaulustigen die Zerstörung.

189 Erfurter Juden wurden in den frühen Morgenstunden des 10. November mit Bussen in das nahegelegene KZ Buchenwald verschleppt. Vier von ihnen kamen dort ums Leben, viele wurden schwer verletzt. Die Stadt Erfurt verlangte von der Gemeinde, den Abriss der Synagogenruine zu bezahlen und stellte ihr sogar die zwei Kanister Benzin zum Anzünden des Gotteshauses in Rechnung. Die Synagogengemeinde konnte die geforderte Summe nicht aufbringen, da die Gestapo ihr Konto gesperrt hatte. So zwang die Stadt sie, ihr das Synagogengrundstück zu verkaufen. Auf den Kauferlös hatte die Gemeinde allerdings keinen Zugriff.

1932 zählte man 1.290 Jüdinnen und Juden in Erfurt. Sie alle wurden im Nationalsozialismus entrechtet und verfolgt. Hinzu kamen Personen, die sich selbst nicht als jüdisch verstanden, aber jüdische Vorfahren hatten. Der Erinnerungsort Topf & Söhne hat im Thüringer Gedenkbuch für die ermordeten Jüdinnen und Juden die Namen und Schicksale von 507 Erfurterinnen und Erfurtern zusammengetragen, die zwischen 1933 und 1945 der antisemitischen Verfolgung und Vernichtung zum Opfer fielen (www.juedisches-leben-thueringen.de/gedenkbuch/).

Veranstaltungen zum Gedenken

„Die Opfer des Novemberpogroms von 1938 sind ständige Mahnung, Hass und Gewalt zurückzudrängen“, schreibt die Jüdische Landesgemeinde in ihrer Einladung zur Gedenkveranstaltung am 9. November um 10 Uhr auf dem Jüdischen Friedhof in der Werner-Seelenbinder-Straße. Sie lädt die Bürgerinnen und Bürger ein, gemeinsam ein Zeichen gegen Antisemitismus, Antiziganismus und jegliche Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit zu setzen.

Im Erinnerungsort Topf & Söhne wird um 12 Uhr ein einstündiges Gedenkkonzert stattfinden, bei gutem Wetter am Stein der Erinnerung, bei schlechtem Wetter in der Dauerausstellung. Das Konzert wird von The String Company gestaltet, Aribert Spiegler dokumentiert die musikalische Gedenkaktion mit eindrucksvoller Bildsprache. Der Eintritt ist frei.