Müssen Autofahrer Angst haben, Herr Bärwolff?

26.02.2021 07:00

Am Montag startet Matthias Bärwolff in sein Amt als Beigeordneter für Bau, Verkehr und Sport. Der Linken-Politiker ist studierter Stadt- und Raumplaner, war Fraktionsvorsitzender im Stadtrat und fünf Jahre lang Vorsitzender im Ausschuss für Bau und Verkehr. Von 2004 an saß er zehn Jahre im Landtag und profilierte sich als Sozialpolitiker. Ende vergangenen Jahres wurde Bärwolff im Erfurter Stadtrat in das Beigeordneten-Amt gewählt. Im Interview mit Rathaussprecher Daniel Baumbach spricht der 34-Jährige über Ziele und Vorhaben.

Matthias Bärwolff: Beigeordneter für Bau, Verkehr und Sport

Video: Interview mit neuem Beigeordneten Matthias Bärwolff

Video: Interview mit neuem Beigeordneten Matthias Bärwolff © Stadtverwaltung Erfurt

Gekürzte Fassung des Interviews

Was werden Ihre wichtigsten Aufgaben sein?

Meine oberste Priorität heißt Schulsanierung. Daran wird sich vieles ausrichten müssen. Als Erstes werde ich ganz massiv darauf drängen, die Ausgleichsquartiere zu schaffen. Und gleichzeitig müssen wir verwaltungsintern dafür sorgen, dass wir mit den Vorplanungen vorankommen. Da brauchen wir das Personal – Architekten, Planer –, damit wir Fördermittel beantragen und abrufen können. Bislang war das eines der großen Probleme. Wir müssen den Geldfluss und die Vorbereitung der Planungsunterlagen besser synchronisieren. Die bestehenden Mitarbeiter machen eine sehr gute Arbeit, aber es sind zu wenige. Meine Aufgabe wird es sein, Personal zu finden und beim Freistaat für Bauprojekte zu werben. 

Sie haben ja gesagt, Sie hätten gute Kontakte.

Ich habe schon einen Termin mit der Staatssekretärin im Bauministerium vereinbart.

Wie sehen Sie denn die privaten Beteiligungsmodelle für Schulneubauten, wie PPP – Public Private Partnership (öffentlich-private Partnerschaft)?

Wir wollen die Schule in der Blumenstraße sanieren. Dort gibt den Vorschlag, das über einen PPP-Modell zu machen. Ich sehe das kritisch. Was ist wirtschaftlich machbar und darstellbar? Viel lieber als ein PPP-Modell wäre mir ein ÖÖP-Modell, also eine öffentlich-öffentliche Partnerschaft. Vielleicht gewinnen wir die Landesentwicklungsgesellschaft oder einen anderen öffentlichen Träger. Das  Schulbau-Projekt wird ein relativ teures, weshalb wir auch neue Wege gehen müssen. Aber wenn am Ende die Stadt draufzahlt, dann hat keiner etwas davon. Die bisherige Erfahrung mit PPP-Modellen zeigt ja, dass die öffentliche Hand zahlt und Private einstecken und Kasse machen.

Müssen eigentlich die Autofahrer vor Ihnen Angst haben?

Nein, aber es steht einfach die Frage: Wollen wir weiterhin die Stadt zuasphaltieren? Oder kriegen wir eine Verkehrswende hin, die ein Leben ohne eigenes Auto möglich macht? Es braucht motorisierte Mobilität. Daneben muss es aber darum gehen, den öffentlichen Nahverkehr auszubauen, den Fußverkehr und den Radverkehr zu stärken. Die Nutzung der unterschiedlichen Verkehrsmittel hat sich entwickelt. Heute haben wir einen Radverkehrsanteil von 12,7 Prozent. Zur Wende waren es zwei Prozent. Der ÖPNV-Anteil steht relativ stabil bei 20 Prozent, das Auto hat den Spitzenplatz. Jeden Tag kommen wir zu den selben Fragen: Warum stehen so viele Autos im Stau? Warum sitzen so viele Leute alleine im Auto und fahren jeden Tag dieselbe Strecke? Da muss kommunale Verkehrspolitik Alternativen schaffen. Wir müssen motivieren, auf den ÖPNV umzusteigen. Die Anzahl der Autofahrer, die nebenbei Fahrrad fahren, ist relativ groß mit über 40 Prozent. Jetzt müssen wir Strukturen schaffen, damit die Leute sagen, ich steige dauerhaft um aufs Rad. Und wenn das nicht geht, muss der ÖPNV einspringen. Der muss das Rückgrat für Mobilität sein, dass die Leute rund um die Uhr von A nach B kommen.

Also Anreize schaffen und nicht Verbote aussprechen?

2019 haben 55 Millionen Menschen den Nahverkehr genutzt. Das zeigt seine Attraktivität. Wenn wir jetzt die Strukturen noch ein bisschen verbessern und ausbauen, Takte verdichten, neue Wege schaffen, beispielsweise das Borntal erschließen, dann wird er noch attraktiver. Wir brauchen ebenso mehr Radwege. So sorgen wir dafür, dass die Menschen das Auto stehen lassen oder sogar abschaffen. 

Sie sind auch für den Zoo und den Sport zuständig. Sind Sie denn tierlieb und sportlich?

Na ja, ich war mit meinem Sohn schon öfter im Zoo. Er ist großer Fan von Elefanten, Giraffen und Zebras. Der Zoopark gehört zu Erfurt und muss in seiner Substanz erhalten und weiter ausgebaut werden. Er ist eine ganz wichtige Freizeiteinrichtung, hat aber auch einen Bildungsauftrag. Das gilt es, etwas stärker hervorzuheben. Es gibt ein super Konzept. Es gibt aber auch etliche Vorschläge des Stadtrats, dieses zu überarbeiten und neue Prioritäten zu setzen. Das werden wir besprechen müssen. Was den Sport betrifft, da bin ich noch nicht als Sportskanone bekannt. Hier geht es darum, Strukturen so zu stärken, dass Ehrenamtliche gute Bedingungen vorfinden. Die Priorität müssen der Breitensport haben und Angebote für Kinder und Jugendliche. Aber auch der Leistungssport soll nicht hinten runterfallen.

Wie stehen Sie denn zum Steigerwald-Stadion?

Man muss das Beste daraus machen, hoffen, dass Rot-Weiß immer mal ein paar Tore schießt, und dass die Finanzen für das Stadion stimmen. Es gibt mehr als den Fußball in Erfurt. Und die Multifunktionsarena läuft ja tatsächlich ganz gut. Ich werde mich in das Thema einarbeiten.

Dezernat 4: Bau, Verkehr und Sport