Die Walter-Gropius-Schule präsentiert im Jubiläumsjahr künstlerisch-gestalterische Arbeiten

13.11.2009 14:33

Die Erfurter Walter-Gropius-Schule (WGS) präsentiert im Jubiläumsjahr "90 Jahre Bauhaus" künstlerisch-gestalterische Arbeiten erneut öffentlich, es ist bereits die 4. Ausstellung in der Galerie Kulturhof Krönbacken, das letzte Ereignis war 2007 die gemeinsame Ausstellung von Schüler- und Lehrerarbeiten unter dem Motto "Blickkontakt".

Mit dem Motto/Titel "90 Jahre später – die Walter-Gropius-Schule im Bauhaus-Jahr" wird das Jubiläum zum Anlass und Anstoß für ein komplex gefasstes Projekt. Die Berufsfachoberschule, die den Namen des Bauhaus-Gründers seit 23. September 1999 trägt, fühlt sich der Tradition der Bauhaus-Ausbildung, den hier gelegten Prämissen für Design und Architektur in sehr lebendigem Sinne verpflichtet.
Einige der ausgestellten Objekte nehmen daher ganz direkt darauf Bezug: Eine große 90 bildet als Ausstellungsarchitektur einen Blickpunkt. Sie wurde mit Teilen des Messesystems Octanorm errichtet und von einer Schülergruppe speziell für diese Ausstellung konzipiert. Weiterhin findet sich das Motiv der 90 in zahlreichen Modellen, quasi als 3-D-Logo in der Kombination 90/10 soll dies 90 Jahre Bauhaus und 10 Jahre WGS symbolisieren. Sogar ein Möbel – Kombination Stuhl und Tisch stellt sich in Form einer 90 vor.

Gezeigt werden Arbeiten der Schüler aus den letzten 2 Schuljahren, die aus der Unterrichtsarbeit sowie Projekten (siehe unten) resultieren. Es handelt sich um Arbeitsergebnisse aus den Bereichen "Druckgrafik, Zeichnen, Illustration", "Farbe", "Fotografie, evtl. Video", "3-dimensionales Gestalten (Papier, Keramik, Metall, Modellbau, Objekte)", "Schrift, Typografie", "Bildschirmgestaltung", "Produktgestaltung" und "Raumgestaltung".
Bauhaus – dies ist letztlich nicht nur oder gar keine Stilrichtung der Moderne im 20. Jahrhundert, das Bauhaus war eine Schule, welche gerade in ihrer Anfangszeit in Weimar durch Suchen, Ringen und starke Auseinandersetzungen verschiedenster Kräfte gekennzeichnet war.
Für die Ausbildung an der Erfurter Walter-Gropius-Schule wesentlich ist der Ansatz, dass das Neue dieser Schule darin bestand, nicht Vorhandenes nachzuahmen, nach Musterbüchern oder Vorlagen zu gestalten, sondern "zu erfinden". Das Bauhaus wird als eine Schule des Erfindens begriffen. Dies kommt auch im Ausbildungskonzept, gerade in den Grundkursen der 11. Klassen zum Tragen. Ein weiterer Ansatz ist die Teamarbeit, welche im Bauhaus sowohl unter Schülern als auch unter Lehrern sowie zwischen Schülern und Lehrern bestand. In zahlreichen Projekten auch der Walter-Gropius-Schule, vor allem in den Klassen 13 und 14 wird ebenfalls die Arbeit im Team gefordert und gefördert. So erstellten Auszubildende der Berufsausbildung zum Staatlich geprüften gestaltungstechnischen Assistenten (GTA) das vorliegende Konzept zu dieser Ausstellung in Teamarbeit, der beste Entwurf wurde ausgewählt und aktuell überarbeitet, ebenfalls in Teamarbeit wurde die Ausstellung von Schülern und Lehrern aufgebaut.
Die am Bauhaus vermittelte Art zu sehen und zu denken, sein pluralistischer Ansatz sowie das strukturierte, systematische und kombinatorische Denken, welches gerade in angewandten Bereichen der Gestaltung unabdingbar ist, wird an der Gropiusschule als weiterer Anknüpfungspunkt für die Arbeit betrachtet. Nicht zuletzt sollen Absolventen mit besten Voraussetzungen für Studium und Beruf entlassen werden.

Im Mittelpunkt stehen immer die Persönlichkeitsentwicklung der Schüler und die Entfaltung ihrer individuellen gestalterischen Fähigkeiten, verbunden mit Teamarbeit und einem engen Praxisbezug sowie die Arbeit im Team, z. B. bei komplexeren Projekten. So wurde das Logo für die Ausstellung "90 Jahre später" von Auszubildenden in der Berufsausbildung Mediengestalter entwickelt (siehe Ausstellungsexponat), ebenso das Faltblatt zu dieser Ausstellung. Die angehenden Gestaltungstechnischen Assistenten entwarfen   das Ausstellungsplakat.
Seit ca. 10 Jahren ist die Walter-Gropius-Schule Erfurt mit der Tochter des Bauhausgründers Walter Gropius, Ati Gropius-Johansen, in enger Freundschaft und Zusammenarbeit verbunden. Ati Gropius-Johansen besucht die Schule gern jedes Jahr, wobei ein Höhepunkt ihres Aufenthaltes Vorträge und Gesprächsrunden über das Leben ihres Vaters oder kreative und lebendige Kurse in Farb- oder Papiergestaltung sind, die sie in einigen Klassen anbietet. Auch im September 2009 war Gropius-Johansen hier zu Gast, leider ließ es ihre Zeitplanung aber nicht zu, genau zur Ausstellungseröffnung anwesend zu sein. Sie besichtigte die für die Ausstellung ausgewählten Exponate voller Begeisterung, so wie sie seit Jahren regen Anteil an den Projekten und Vorhaben der Schule nimmt. Im September 2009 veranstaltete die Schule ein großes Bauhaus-Fest – in Anlehnung an die legendären Feste am Bauhaus – auch unter einem Motto, nämlich "Blau-Gelb-Rot" (das Motto war auch in der Kleiderordnung dieses Abends umzusetzen, die besten Kostüme wurden prämiert)) im Haus der sozialen Dienste, das durch eine Podiumsdiskussion mit Ati Gropius-Johansen, Prof. Kai Uwe Schierz, Detlef Rave und Dr. Ulrike Hess eröffnet wurde. Weiterhin gab es ein kulturelles Programm mit Tanzperformances und musikalischen Darbietungen von Schülern der WGS und anschließend Tanz zu Live-Musik der Band Radiofarm.
An der Gropiusschule gibt es verschiedene Schulformen mit gestalterischen Inhalten, in denen sowohl gemeinsame wie auch unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt werden. Nach erfolgreichem Realschulabschluss (bzw. in der Schulform FOS 1jährig nach Berufsabschluss in einschlägigen Berufen) sind der Erwerb der Berufsausbildung zum Mediengestalter für Digital- und Printmedien, die Berufsausbildung zum Staatlich Geprüften Gestaltungstechnischen Assistenten (in Doppelqualifizierung nach der Hochschulreife), der Erwerb der Fachhochschulreife oder der Erwerb der Hochschulreife möglich. Die Auszubildenden sind zwischen 17 und 25 Jahre alt. Die Basis der Ausbildung im Bereich Gestaltung ist der Erwerb solider gestalterischer Grundkenntnisse und -fähigkeiten. Dabei zieht sich wie ein Leitfaden durch die gesamte gestalterische Ausbildung das Sehenlernen, Sensibilisieren, Erspüren, Erproben und Experimentieren   als Grundlagen für bewusstes Gestalten. Dadurch wird der Blick für das Wesentliche gestalterischer Prozesse geschärft – von der ersten Ideenskizze über Studien, Entwürfe, Modelle, bis zum Endergebnis und dessen Präsentation. All diese Arbeitsschritte werden in der Ausstellung dokumentiert und visualisiert. Im Fach Raumgestaltung entwarfen Gestaltungstechnische Assistenten unter dem Motto "Einfach sitzen" möglichst einfache und funktionale Sitzmöbel für unsere Pausenflure im Schulhaus. Von dem nachfolgenden Jahrgang wurden die Entwürfe zunächst als Prototypen, dann in Serie hergestellt, aus recyceltem Material, nämlich Schalungsholz, das von den Schülern wieder aufbereitet und verarbeitet wurde. Diese Sitzmöbel und passende Tische werden ebenfalls gezeigt. Im Dezember 2008 stand eine Werkstattwoche der 12. Klassen an der FOS bereits unter dem Motto "90 Jahre später". Zitate von Bauhäuslern ("Meine Lieblingsfarbe ist bunt" von Walter Gropius, oder "Kunst gibt nicht das Sichtbare wieder, sondern macht sichtbar" von Paul Klee usw.) wurden gestalterisch umgesetzt. Hierbei entstanden zum Beispiel Schachspiele aus Keramik, Sitzwürfel mit den erwähnten Zitaten in Buchdruck und Collagetechnik sowie stark abstrahierte Naturformen aus Metall (letztere unter Anleitung von Robert Krainhöfner, Metallgestalter aus Jena). In der Fachoberschule Klasse 12 wurde ein Fächer übergreifendes Themenfeld bearbeitet. Unter dem Motto "Vom Entwurf zum Produkt" wurden mit verschiedensten Techniken Prototypen für Tragetaschen hergestellt. Verspielt und sachlich, grafisch und malerisch entstand "Tragbares aus Papier".

Im Modellbaukurs der Gestaltungstechnischen Assistenten setzten sich die Schüler mit den Figuren des "Triadischen Balletts" von Oskar Schlemmer auf besondere Weise auseinander: Interessante Raumwirkungen entstanden durch Schichtmodelle aus Finnpappen, die auch in gewisser Weise die Bewegung der Figurinen im Raum andeuten. Der am Bauhaus 1923 anlässlich der 1. Ausstellung initiierte Postkartenwettbewerb regte ebenfalls zur Nachahmung an. Erstaunlich und erfreulich war die rege Beteiligung in allen Ausbildungsformen, der Ideenreichtum und die Vielfalt der Techniken. Die besten 18 Entwürfe wurden prämiert und als Karten gedruckt. Sowohl Entwürfe als auch gedruckte Karten sind in der Ausstellung zu sehen.
Totgesagte leben länger: Das Bauhaus ist – aufgehoben in modernen Ausbildungsstrategien – unsterblich geworden.
19.11., 11:00 Uhr: Pressegespräch
20.11., 19:00 Uhr: Vernissage
Ausstellungsdauer bis 13.12., Di – So, 11 – 18 Uhr