Der nationalsozialistische Völkermord an den Sinti und Roma

03.07.2012 07:22

Vortrag von Silvio Peritore (Heidelberg) im Erinnerungsort Topf & Söhne am 4. Juli 2012, 19:30 Uhr, Sorbenweg 7.

Im Begleitprogramm zur Ausstellung "Unersetzbar. Begegnung mit Überlebenden" spricht am 4. Juli Dr. Silvio Peritore, Leiter des Bereichs Dokumentation im Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma in Heidelberg, zum Thema "Der nationalsozialistische Völkermord an den Sinti und Roma".
Der Erinnerungsort will damit die Aufmerksamkeit auf Menschen richten, die wie die europäischen Juden zum Opfer des nationalsozialistischen Völkermordes wurden. Allein im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau, für dessen Krematorien die Firma Topf & Söhne die Verbrennungsöfen und die Lüftungstechnik für die Gaskammern lieferte,   wurden 25.000 Sinti und Roma ermordet. Die Ausstellung "Unersetzbar" porträtiert deshalb auch Waltraud Reinhardt. 1936 in einer Sinti-Familie geboren, verlor sie ihre Familie durch die Nationalsozialisten.
Kooperationspartner für die Veranstaltung am 4. Juli sind die Universität Erfurt und die Landesentwicklungsgesellschaft Thüringen, die gemeinsam mit dem Förderkreis des Erinnerungsortes Topf und Söhne die Heidelberger Wanderausstellung zum Völkermord an den Sinti und Roma im Alten Heizwerk in Erfurt präsentieren. Aufgrund der Nachfrage wird diese Ausstellung noch bis einschließlich 15. Juli 2012 zu sehen sein.
Der Vortrag behandelt neben dem eigentlichen Verbrechen, das lange Zeit verdrängt und verharmlost wurde, auch die unterschiedliche Behandlung von Opfergruppen in Erinnerungsarbeit und Wissenschaft. Ferner kommen die vielfältigen gesellschaftspolitischen Auswirkungen dieses Genozids sowie die persönlichen Folgen für die Überlebenden und ihre Angehörigen zur Sprache. Eine zentrale Bedeutung für den Umgang mit den Sinti und Roma besitzt die Konstruktion des Feindbildes "Zigeuner", das als "bürgerlicher Gegenentwurf" entwickelt wurde. Aufgrund der Täterkontinuitäten wurde der Völkermord an den Sinti und Roma mit Hilfe dieses Feindbildes aus Politik und Öffentlichkeit verdrängt. Mit seiner Beibehaltung wird die fortgesetzte Diskriminierung der Sinti und Roma zum Teil bis heute gerechtfertigt. Damit spannt der Vortrag einen Bogen bis zu aktuellen Erscheinungsformen und Gefahren des Antiziganismus.
Dr. Peritore ist Autor mehrerer Publikationen zu den Themen NS-Völkermord an Sinti und Roma, Erinnerungskultur, Gedenkstättenpädagogik, Menschenrechtspolitik und Antiziganismus. Seit 2011 ist er auch Stellvertretender Vorsitzender des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma.