Erste Ausstellung der Kunstmuseen Erfurt im neuen Jahr: Barbara Toch, Durchleuchtung, im Schloss Molsdorf

21.01.2016 13:53

Am Samstag, dem 23. Januar, 16 Uhr, wird im Schloss Molsdorf das Ausstellungsjahr der Kunstmuseen Erfurt 2016 mit der Ausstellung "Barbara Toch, Durchleuchtung" eröffnet.

Blaue Farbkomposition.
Bild: Barbara Toch: Warten, 2013. Öl, Kohle auf Papier, 70x50 cm Bild: © Ulrich Fischer. Copyright: VG Bild-Kunst, Bonn 2016

Bilder, das heißt Zeichnungen, Gemälde oder Druckgrafiken, verdanken ihre Entstehung unterschiedlichsten Einflüssen und Anregungen, denen sich Künstlerinnen und Künstler aussetzen. Das können Begegnungen mit Menschen sein oder mit den sichtbaren Phänomenen der Natur, aber ebenso Begegnungen mit anderer Kunst. So haben sich zahlreiche Künstler in den letzten Jahrhunderten immer wieder auch mit den Stoffen großer Literatur beschäftigt, nicht im Sinne von Illustrationen der Texte, sondern als freie Adaption und Reflexion der vorliegenden Werke. Und so, wie sich in literarischen Texten Worte und sprachliche Bilder aneinanderreihen, schlug sich auch die bildnerische Auseinandersetzung damit oft in mehr oder weniger umfangreichen bildnerischen Zyklen nieder.

Auch die Geraer Künstlerin Barbara Toch präsentiert in ihrer aktuellen Ausstellung "Durchleuchtung" 26 Mischtechniken auf Papier, die einen Zyklus bilden. Die thematische Klammer bilden 26 Gedichte der im Jahr 2009 verstorbenen Berliner Lyrikerin Charlotte Grasnick. Die Autorin pflegte einen intensiven Austausch mit Malern und Grafikern wie Wilhelm Lachnit, Gabriele Mucchi, Dieter Goltzsche und Lothar Böhme. Für Barbara Toch jedoch war ihre Poesie Neuland, als der Erfurter Klaus-Werner Schorch ihr im Jahr 2013 ausgewählte Texte von Charlotte Grasnick vorlegte und sie einlud, auf diese mit Bildern zu reagieren. Unterstützt wurde die Einladung durch ein Förderstipendium der Erfurter Bildkunststiftung. Geplant war, in einem Malerbuch die Ergebnisse der künstlerischen Begegnung von Gedichten und Bildern zusammenzufassen und zu publizieren.

Die emotional eindringliche und bildhafte Sprache der Gedichte von Charlotte Grasnick berührte Barbara Toch tief und nachhaltig. Anstatt sich einige Gedichte auszusuchen, schuf sie sukzessive zu allen 26 ausgewählten Texten jeweils eine Zeichnung – Mischtechniken auf Papier im einheitlichen Format 70 x 50 cm. Eines der Gedichte trägt den Titel "Durchleuchtung". Es reflektiert ebenso wie das zugehörige Bild von Barbara Toch einen Vorgang der Erhellung, der dazu dient, etwas zuvor opak wirkendes transparent und so dessen Inneres unserer Wahrnehmung und Erkenntnis zugänglich zu machen. Vom einfachen Durchleuchten eines Laubblatts oder Diapositivs bis zur Anwendung von Röntgen-Strahlung und Magnetresonanzverfahren kann das Durchleuchten empirische Erkenntnis ermöglichen; als Metapher für das denkende Durchdringen der Wirklichkeit steht das Wort aber auch seit jeher für die philosophische Aneignung der Welt, einschließlich der verborgenen Innenwelten der Menschen, für die Wahrnehmung ihrer Stimmungen, Gefühle, Glaubenssätze.

Es lag also nahe, das Wort Durchleuchtung auch als Titel des Künstlerbuches zu nutzen. Natürlich ließen sich die Zeichnungen von Barbara Toch nicht im Maßstab 1:1 auf das Buchprojekt übertragen. Die typografische Verbindung der Gedichte von Charlotte Grasnick und der Bilder von Barbara Toch in einem Buch verlangte nach besonderen Methoden der Vermittlung der beiden künstlerischen Medien.

Man entschied sich, jedem Gedicht zunächst einen von der Malerin ausgewählten vergrößerten und mitunter farbig veränderten Ausschnitt des zugehörigen Bildes beizugeben, in den zusätzlich eine Metapher aus dem jeweiligen Gedicht als lyrisches Zitat integriert wurde. Die sich daraus ergebende Doppelseite liefert dem Leser eine erste Betrachtungsebene des lyrisch-bildnerischen Dialogs. Eine weitere Ebene ergibt sich, indem man das gesamte Bild in Form einer maßstäblich auf 60 % des Originals verkleinerten farbigen Reproduktion einem separaten Schuber entnimmt und auf den Bildausschnitt legt. Die Realisierung in der beschriebenen Form stellte eine typografische wie auch buchbinderische Herausforderung  dar, die im Team gelöst wurde und mehr als zwei Jahre beanspruchte. Eine Vorzugsausgabe des Künstlerbuchs von zehn Exemplaren enthält eine Reaktion aller Mitwirkenden auf dieses ungewöhnliche Projekt.

Veranstaltungen in der Ausstellung:

6. März 2016, 16:30 Uhr
Szenische Lesung Hinter den blauen Fenstern" mit Ute Loeck und Wolfgang Kaiser

19. März 2016, 16:30 Uhr
Kai Uwe Schierz im Gespräch mit der Künstlerin Barbara Toch

3. April 2016, 16:30 Uhr
Finissage, Szenische Lesung "Kaffee schwarz" mit Ute Loeck und Wolfgang Kaiser

Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag, Feiertag, 10-18 Uhr

Eintritt: Erwachsene 6 Euro, ermäßigt 4 Euro

Dauer der Ausstellung: 24. Januar bis 3. April 2016

An jedem ersten Dienstag im Monat ist der Eintritt frei.