Besuch beim Verband der Behinderten e. V. Kreisverband Erfurt und der Grenzenlos gGmbH

21.02.2007 00:00

„Kommen Sie ruhig rein Herr Bausewein"
Gerne öffnete Rosi Vogl ihre Wohnungstür für Andreas Bausewein, schließlich bekommt man nicht jeden Tag Besuch vom Oberbürgermeister. Im August 2005 zog sie in eine von acht barrierefreien Wohnungen in der Reißhausstraße 5. Mit dem Rollstuhl kommt sie in alle Zimmer und konnte mit dem Oberbürgermeister sogar die Sonne auf ihrem Balkon genießen.
Trotzdem gäbe es immer noch zu wenig barrierefreien Wohnraum in Erfurt, sprach Rosi Vogl, die Mitglied im Kreisverband der Behinderten ist, beim Oberbürgermeister verschiedene Probleme an. Auch die Zahl der arbeitslosen Menschen mit Handicap sei im vergangenen Jahr um die Hälfte, auf rund 9 000 Personen, gestiegen.

„Der Anteil der Angestellten mit Schwerbehinderung und gleichgestellter Menschen bei der Stadtverwaltung liegt bei 10,4 Prozent“ gab Bausewein zur Situation innerhalb der Verwaltung Auskunft. Damit liegt dieser deutlich über den vom Gesetzgeber geforderten fünf Prozent. Dennoch pflichtete er ihr bei, dass es nach wie vor zu viele Arbeitgeber gäbe, die lieber Ausgleichsabgaben leisten. Man müsse darüber nachdenken, ob die Abgabenlösung in ihrer jetzigen Form tatsächlich ein adäquates Mittel sei.

Im Hof der Reißhausstraße besuchte der Oberbürgermeister den Verlag und die Druckerei der Grenzenlos gGmbH. 27 der 40 Beschäftigten sind schwerbehindert. Die Druckerei stellt Broschüren, Visitenkarten aller Art her - besonderes Interesse fanden bei Andreas Bausewein aber die taktilen Bücher, Stadtpläne und Glückwunschkarten, die Großdruck und Bild mit Brailleschrift und Reliefs verbinden. So ließ sich der Oberbürgermeister von Alexander Scholz die Umsetzung von Schwarz- in Brailleschrift am PC erklären. Der 28-jährige ist von Geburt an blind und arbeitet seit 2003 in dem Verlag.

Seit Jahren arbeiten die Stadtverwaltung und die Tourismus GmbH Erfurt eng mit dem Verband der Behinderten und der Grenzenlos GmbH zusammen. Neben dem Reiseplaner „Erfurt erlebbar für alle“ bietet die Tourist-Information am Benediktsplatz Stadtführungen für blinde, sehbehinderte, hörgeschädigte, mobilitätseingeschränkte sowie lernbehinderte Gäste. Außerdem kann man in der Tourist-Information Broschüren der Druckerei Grenzenlos, wie das Reliefbuch „Erfurt - Historischer Stadtrundgang“, erwerben.

Perina Feicht, Geschäftsführerin der Grenzenlos gGmbH, bat den Oberbürgermeister darum, die Chancen von Integrationsfirmen bei der Ausschreibung von Druckaufträgen zu erhöhen. Das Auftragsvergabegesetz zwinge die Kommunen dazu, auf die günstigsten Angebote zurückzugreifen. Da müsse sich definitiv etwas tun, hier ist das Land gefordert, so der Oberbürgermeister. Er werde sich dafür stark machen, schließlich geht es um die Sicherung von Arbeitsplätzen für Menschen mit Handicap.