KZ-Überlebende unterstützen den Erinnerungsort Topf & Söhne

26.04.2011 12:09

Im Rahmen des diesjährigen Programms zum Jahrestag der Befreiung des KZ Buchenwald am 11. April 1945 zeigten Überlebende der Konzentrationslager Buchenwald und Auschwitz großes Interesse an dem neu errichteten Erinnerungsort Topf & Söhne in Erfurt.

Rund 50 ehemalige Häftlinge und ihre Angehörigen aus Belarus, Frankreich, Israel, Kanada, Kolumbien, Polen, Rumänien, Russland, der Ukraine, Ungarn und den USA besuchten in der letzten Woche die Ausstellung "Techniker der ‚Endlösung’" auf dem ehemaligen Firmengelände.
Bertrand Herz, der wegen seiner jüdischen Herkunft 1944 als Jugendlicher zusammen mit seinem Vater von Toulouse nach Buchenwald verschleppt wurde, kündigte an, die Präsentation einer neuen Wanderausstellung zu Topf & Söhne in Frankreich unterstützen zu wollen.
Bewegend war die Äußerung von Éva Fahidi-Pusztai aus Budapest, die als 18-jähriges Mädchen mit ihrer jüdischen Familie nach Auschwitz deportiert wurde. "Meine Verbindung zu Topf, das ist der Tod meiner 49 Verwandten, darunter meine Eltern und meine 11-jährige Schwester. Sie alle wurden in den Öfen von Topf & Söhne verbrannt. Ich komme jedes Jahr deshalb nach Buchenwald, um einen Ofen zu sehen, weil doch in so einem oder ähnlichen Ofen alle meine Familienmitglieder verbrannt wurden und weil es in Auschwitz keine mehr gibt."

Dr. Annegret Schüle, Leiterin des Erinnerungsortes Topf & Söhne, sieht in der Unterstützung der Überlebenden für den Erinnerungsort eine wichtige Bestätigung für die Entscheidung der Stadt, sich dieses Teils ihrer Geschichte zu stellen. Auch das überregionale Interesse an dem Thema in Deutschland unterstreicht die Bedeutung des Erinnerungsortes. Über 5.000 Besucherinnen und Besucher kamen seit der Eröffnung am 27. Januar in die Ausstellung, nahmen an Führungen und Veranstaltungen teil und nutzten die Lesereise von Annegret Schüle zu ihrem Buch "Industrie und Holocaust" in Erfurt, Göttingen, Wiesbaden, Weimar und Sömmerda, um sich mit der Geschichte von Topf & Söhne auseinanderzusetzen.   Gäste aus der ganzen Bundesrepublik, die in Erfurt den Spuren jüdischer Geschichte nachgehen und die Alte Synagoge besuchen, verbinden dies mit einem Besuch des Erinnerungsortes Topf & Söhne. Unter den gut nachgefragten Führungen durch die Ausstellung ist ein hoher Anteil an Berufsgruppen, darunter Polizisten, Soldaten, Richter, Erzieherinnen und Auszubildende aus dem Baugewerbe, der Metallbranche und dem Sozialwesen. Reges Interesse kommt von Gewerkschaftsseite genauso wie aus der freien Wirtschaft.

Die Besucher sehen in der Mittäterschaft eines ganz normalen Unternehmens am Holocaust eine Anregung, sich mit ihrer eigenen Verantwortung im beruflichen Alltag auseinanderzusetzen. Diesen Aspekt betonte auch Oberrabbiner Walter Homolka, der das Abraham Geiger Kolleg zur Ausbildung von Rabbinern in Berlin leitet: " Dieser Besuch hat mich besonders bewegt und betroffen gemacht. Man sieht die Banalität des Grauens. Man erfährt, dass sich dort dieselben Dinge abspielen, die man so aus dem Berufsleben kennt. Dass etwa ein Kollege insgeheim an einem besseren Konzept arbeitet, um bei der Firmenleitung zu reüssieren. Und wenn es sich dann alles um die Vernichtung von Menschenleben handelt, ist das unglaublich beeindruckend, berührend und macht einen wirklich sprachlos."