Übergabe der achten Erfurter DenkNadel

26.10.2012 14:33

Am Freitag, dem 9. November 2012 wird um 18:00 Uhr anlässlich des Gedenkens an die Novemberpogrome 1938 die achte Erfurter DenkNadel übergeben. Am Anger 46 soll an die Brüder Erich (1890 – 1942) und Wilhelm Dublon (1889 – 1944) erinnert werden. Die DenkNadeln sind deportierten und in der Shoa ermordeten Menschen gewidmet und stehen an Orten, die mit dem Leben der Ermordeten in Erfurt während der NS-Zeit verknüpft sind.

Das Schuhgeschäft der Firma Dublon am Anger 46, das etwa 1932 eröffnet wurde, führte Fabrikate der Schuhfabrik Hess. Inhaber der Firma waren die Brüder Erich und Wilhelm Dublon sowie der Firmengründer, ihr Vater Albert Dublon. Gegenüber, am Anger 27, betrieben sie bereits seit längerem das Schuhhaus Salamander. Im Mai 1938 sahen sie sich gezwungen, ihre Geschäfte in der Innenstadt aufzugeben, nachdem ihnen die Firmen Salamander und Hess die Vertretung entzogen hatten. Daraufhin richteten sie am Wohnsitz Erich Dublons einem Schuhvertrieb ein. Das ist als Versuch der Gegenwehr zu werten in einer Situation, in der jüdischen Unternehmern und ihren Familien die Existenzgrundlage entzogen werden sollte, um sie zur Auswanderung zu drängen .
Im Mai 1939 gingen Wilhelm, dessen Ehefrau Erna (Jg. 1903), ihre Töchter Lore (Jg. 1927) und Eva (Jg. 1933) sowie Erich Dublon in Hamburg an Bord des Flüchtlingsschiffes "St. Louis". Das Scheitern ihrer Flucht ist als "Irrfahrt der St. Louis" in die Geschichte eingegangen. Die Dublons fanden Aufnahme in Belgien und gerieten dort 1940 in den Herrschaftsbereich des deutschen Faschismus. Wilhelm Dublon wurde am 23. Dezember 1943 in Mechelen interniert, seine Frau mit den beiden Kindern am 8. Januar 1944. Sieben Tage später begann die Deportation der Familie in das Vernichtungslager Auschwitz. Erich Dublon war bereits am 11. August 1942 von Mechelen nach Auschwitz transportiert worden. Das Sterbebuch des Vernichtungslagers Auschwitz verzeichnet seinen Tod am 3. September 1942.
Das Projekt der DenkNadel wurde vom Arbeitskreis Erfurter GeDenken 1933 – 1945 initiiert und lehnt sich an das Konzept eines dezentralen Mahnmals, dem Projekt der "Stolpersteine", an. Ein Wettbewerb brachte mit den DenkNadeln eine Erfurt-spezifische Form des Erinnerns hervor, seit 2009 wurden insgesamt sieben DenkNadeln in Erfurt aufgestellt. Die achte DenkNadel für die Brüder Dublon wurde ebenfalls mit privaten Spendengeldern finanziert.
Der Arbeitskreis "Erfurter GeDenken 1933 bis 1945" lädt am Freitagabend, dem 9.11.2012, um 19:00 Uhr, in der Begegnungsstätte Kleine Synagoge ein. Dort wird der vom ZDF zur Verfügung gestellte Dokumentarfilm "Schiff der Verdammten: Die Irrfahrt der St. Louis" gezeigt.

Mehr dazu: Tom Fleischhauer "Irrfahrt jüdischer Flüchtlinge durch Karibik gescheitert" in "Thüringer Allgemeine" vom 02.02.12 oder "Stadt und Geschichte. Zeitschrift für Erfurt", Nr. 49|2011.