Jahresempfang des BVMW in der Messe Erfurt

16.06.2022 14:41

Der Mittelstand. BVMW Thüringen hatte für den zurückliegenden Dienstag zum Jahresempfang geladen. Gerald Bitterberg, Beauftragter Politik BVMW Thüringen, begrüßte die Gäste zusammen mit dem Oberbürgermeister der Stadt Erfurt Andreas Bausewein. Das Grußwort seitens des Wirtschaftsministeriums hielt Staatsekretär Carsten Feller und die Keynote „Mittelstand 2030 – aktuelle Herausforderungen bestehen“ kam vom Chefvolkswirt Mittelstand. BVMW Dr. Hans-Jürgen Völz.

Ein Redner steht auf einem Podium und spricht vor dem Publikum.
Foto: Der Erfurter Oberbürgermeister Andreas Bausewein begrüßt die Gäste. Foto: © Stadtverwaltung Erfurt

Die Vielfalt des Mittelstandes in Deutschland, so Dr. Völz, ist einzigartig. Mit einer Beschäftigungsrate von 55% und einer Ausbildungsrate von 82% kommt ihm im internationalen Vergleich eine sehr hohe gesamtwirtschaftliche Bedeutung zu. Die Auswirkungen der Pandemie noch nicht gänzlich verkraftet sind die Selbständigen jetzt mit einer achtprozentigen Inflationsrate konfrontiert, die nicht im vollem Umfang  an den Kunden weitergegeben werden kann. Damit verschlechtert sich ihre Kostensituation weiter, ihre Wettbewerbsfähigkeit nimmt ab.

Der BVMW ist das Sprachrohr des freiwillig organisierten Mittelstandes in Deutschland und vertritt deren Interessen gegenüber der Landes- und Bundespolitik. Damit die Wettbewerbsfähigkeit  auch im Jahr 2030 noch gewährleistet ist, stehen die BVMW Fachkommissionen im Austausch mit den Fachpolitikern des Deutschen Bundestages. Hier werden Aktionsprogramme erarbeitet, die die negativen Auswirkungen von Krisen und Krieg für den Mittelstand abfedern. Es geht um günstige Rahmenbedingungen für Anschubfinanzierungen, Anreize für Konsumenten im privaten Verbrauch einerseits und um die Implementierung einer modernen Infrastruktur, einem flächendeckenden 5G-Netz in jedem Gewerbegebiet, nicht zwingend bis zur letzten Milchkanne. Welches Handeln setzt die Bundesregierung der Abhängigkeit unseres Landes in der Energieversorgung zum Ausland entgegen und welche Maßnahmen werden für die Dekarbonisierung unseres Landes getroffen? Dr. Völz spricht sich für eine begrenzte Laufzeitverlängerung der AKWs aus, um mögliche Blackouts zu verhindern, fordert den Ausbau erneuerbarer Energien – insbesondere der Windkraft – und wettert gegen die hiesige Stromsteuer, die den europäischen Vergleich um das 20fache übersteigt. Weiterhin brauche es Lösungen für eine ökologische und soziale Transformation, denn um das Erwerbspersonenpotential zu halten braucht Deutschland 400.000 Zuwanderungen pro Jahr, es braucht Fortbildungsprogramme und das Selbstverständnis zum lebenslangen Lernen – außerdem die Anerkennung der Gleichwertigkeit von beruflicher Ausbildung und akademischen Abschlüssen. Die Überregulierung jeglicher unternehmerischer Aktivität durch zunehmende Bürokratie hemmt z.B. mit dem Lieferkettengesetz das Wirken und die Kreativität im Mittelstand – hier wird ein Bürokratieentlastungsgesetz IV als Lösung gesehen, um Genehmigungsverfahren zu verkürzen, Erfüllungsaufwand und  Büroaufwand  zu senken.

Die Krise bedeutet für alle eine große Kraftanstrengung.

Auch Feller hat seine Schlüsse aus der Corona-Krise gezogen. Die Sicherung von Lieferketten und die Produktion im Inland müssen in den Fokus genommen und der Deglobalisierung die Kraft genommen werden. Auch er sieht das Rückgrat der Thüringer Wirtschaft im Mittelstand – 25% Industrie, 40% Innovation, u.a. auch Forschungseinrichtungen. Was fehlt, so Feller, sind die Konzernzentralen. Was uns einholt ist der demographische Nachhall aus der Wende – 50% der Erwerbstätigen müssen in Kürze ersetzt werden. Zuwanderer lassen sich in Communities nieder – dort wo sie Gleichgesinnte treffen, sich wohlfühlen. Es gilt ein gutes Klima herzustellen, um ausländische Fachkräfte für unser Land zu gewinnen. In Sachen Digitalisierung ist Skandinavien beispielgebend – Thüringen fehlt das Tempo, jedoch wird mit hoher Intensität daran gearbeitet, dass das 5G-Netz bis Ende 2023 für alle zur Verfügung steht.

Große Hoffnung sieht er in der Energieautobahn, die durch Thüringen führt – hier soll es gelingen Anschlüsse zu generieren und wichtige Standortvorteile zu nutzen. Thüringens Pfund ist: Innovation in Wissenschaft und Forschung. Mit der Batterie- und Wasserstofftechnologie sieht er das Land optimal für die Zukunft aufgestellt.

Insbesondere beim Thema Fachkräfte blicken der BVMW und das Amt für Wirtschaftsförderung der Stadt Erfurt im Rahmen eines Projektes der Impulsregion auf das gleiche Ziel: Die Anwerbung von ausländischen Fachkräften aus dem Ausland. Alleine durch die Ausbildung in den Unternehmen kann der bevorstehende Fachkräftemangel, insbesondere in Thüringen, nicht bewältigt werden. Ein gelungener Ansatz ist die Kampagne der Impulsregion "Vielfalt – Das sind wir!"