Willkommene Ideen für Welterbezentrum

07.09.2023 14:36

Sie haben sich während der vergangenen Wochen alle Mühe gegeben, die 39 Studierenden aus Erfurt und Berlin. Entstanden sind Ideen und Entwürfe für ein mögliches Welterbezentrum auf dem Parkplatz hinter dem Rathaus. Einige von ihnen sind in einem Zelt ausgestellt und noch bis Freitag, dem 8. September, 16 Uhr auf dem Rathausparkplatz zu besichtigen.

Podiumsdiskussion: Wie könnte das neue Gebäude aussehen?

Foto: Studierende der Fachhochschule Erfurt und der Berliner Hochschule für Technik haben sich mit einem möglichen Welterbezentrum auseinandergesetzt. Foto: © Stadtverwaltung Erfurt

Die Ausstellung ist ein Beitrag zur 30. Denkmalwoche, um Bewahrenswertes zu bewahren. Das jedenfalls war der Auftrag, den Prof. Friedrich Tuczek von der Fachhochschule (FH) Erfurt und Prof. Roland Poppensieker von der Berliner Hochschule für Technik ihren Studierenden auf den Weg gegeben haben. Es geht bei diesen Entwürfen um ein mögliches Welterbezentrum mitten in der Altstadt für das jüdisch-mittelalterliche Erbe mit Alter Synagoge, Mikwe und Steinernem Haus. Entschieden wird über den Erfurter Antrag für die Aufnahme auf die Unesco-Welterbeliste allerdings erst am 17. oder 18. September in Riad, der Hauptstadt Saudi-Arabiens. Nun bereitet sich Erfurt entsprechend der Anforderungen der Unesco auf ein mögliches Welterbezentrum vor-

Während der Podiumsdiskussion mit den beiden Architektur-Professoren aus beiden Städten, mit  Dr. Mark Escherich von der Unteren Denkmalbehörde und Sönke Bohm, Leiter des Amtes für Stadtentwicklung und Stadtplanung, wurde eines deutlich: Die Ideensammlung der Studierenden ist groß. So soll es in diesem Zentrum natürlich Räume geben, um die drei möglichen Welterbestätten Alte Synagoge, Mikwe und Steinernes Haus präsentieren und dort Veranstaltungen anbieten zu können. Und natürlich benötigt auch die Jüdische Landesgemeinde einen Raum für sich, damit heutiges jüdisches Leben mitten in der Stadt gelebt werden kann. Und was spricht eigentlich gegen ein koscheres Restaurant, gewissermaßen als Einladung an die Welt, wie Dr. Tobias J. Knoblich im Vorfeld der Diskussion erklärte? Darüber frei nachzudenken, ist ein Privileg, denn noch geht es nicht um finanzielle und räumliche Machbarkeiten, sondern um das Gestalten der Altstadt an jener Stelle, die noch Wunden des 2. Weltkriegs zeigt und in deren Boden zumindest Rudimente der zweiten mittelalterlichen Synagoge aus dem Jahr 1357 nicht nur vermutet werden.

Für den neuen Amtsleiter Sönke Bohm  ist es eindeutig, dass es auf dem derzeitigen Parkplatz hinter dem Rathaus „einen Repräsentationsbau braucht. Derzeit befindet sich der Platz gewissermaßen im Dornröschenschlaf“, so seine Einschätzung. Und Dr. Mark Escherich ergänzt: „Das Welterbeprojekt ist hochgradig denkmalpflegerisch geprägt. Deshalb muss das städtebauliche Umfeld für die Welterbestätten stimmen.“

Prof. Roland Poppensieker aus Berlin war während des Wintersemesters Gastprofessor an der FH Erfurt. Er stimmte seine 19 Studierenden in Berlin auf die Kleinteiligkeit der Altstadt ein und bot eine Workshop-Woche an. Denn 18 von ihnen kannten die Stadt vor ihren Masterarbeiten und Projektarbeiten zuvor gar nicht. „Diese Kleinteiligkeit haben wir in Berlin nicht, das ist unglaublich gut“, ist der Professor angetan.

Für Prof. Friedrich Tuczek von der FH Erfurt und seine Studierenden bot das Angebot, ein mögliches Welterbezentrum zu gestalten, großes Potenzial. Acht Studierende erreichten mit den Entwürfen ihren Masterabschluss, 12 reichten ihre Entwürfe als Projektarbeit ein. „Der Kontrast zwischen den kleinen Häusern am Gera-Ufer und dem großen Rathaus muss gut gesehen werden“, erklärte er Mittwochabend.

Nach den Statements gab es eine Debatte darüber, wie man ein mögliches Welterbezentrum einbaut, ohne anzubauen. Auch die Frage nach der jüdischen Identität in der Architektur wurde von den Studierenden unterschiedlich beantwortet. Stadtplaner Sönke Bohm verwies noch einmal darauf, dass die einstigen praktischen Zwänge während des Mittelalters für die kleine, beengte Bauweise keinesfalls eine wünschenswerte Reproduktion wäre.

Im Auditorium saßen neben anderen auch Dr. Maria Stürzebecher und Dr. Karin Sczech. Die beiden Erfurter Unesco-Beauftragten hörten sich die Ideen interessiert an – auch wenn die derzeit natürlich noch nicht spruchreif sind. Doch ohne Visionen geht es nicht. Ihre Vision vor 14 Jahren war es schließlich, die das jüdisch-mittelalterliche Erbe aus dem Vergessen und aus verschließenden Mauern geholt hat.