Neuer Treffpunkt für fliegende und andere Nachtschwärmer

15.09.2008 00:00

Zackig, blitzschnell wendend, die Richtung ändernd und mit absoluter Lautlosigkeit – so erscheint er uns über den Silhouetten der Umgebung vor dem bleichen Dämmerungshimmel – der flinke Flug der Fledermaus. Diese Fähigkeit, selbst bei absoluter Finsternis vollkommen perfekt und mit hoher Geschwindigkeit zu fliegen und zu jagen, brachte der Fledermaus ihren unheimlichen Nimbus ein. Ein Bund mit dem Teufel schien in früheren Zeiten die plausibelste Erklärung - heute wissen wir es besser:

Fledermäuse orientieren sich in der Dunkelheit der Nacht mittels Echoortung. Sie stoßen über ihr weit geöffnetes Maul (manche Arten über die Nase) sehr laute Rufe aus, deren Echo sie mit den Ohren auffangen und sich so ein Bild von der Umgebung machen. Die Frequenz dieser Rufe ist jedoch so hoch, dass das menschliche Ohr sie nicht wahrnehmen kann. Dies übernimmt die Technik für uns. Da trifft es sich gut, dass Fledermäuse im Sommer in der Stadt zwar nicht unter, aber manchmal tatsächlich über uns sind, nämlich dann, wenn sie fliegenderweise an schönen Stellen nachts nach Insekten jagen. Könnten Menschen die Rufe der Fledermäuse auf natürliche Weise hören, wäre es eher schwer vorstellbar, Sympathie für diese Tiere zu empfinden, denn die dabei erreichten Lautstärken wären jenseits jeder erträglichen Dimension. Da Fledermäuse (glücklicherweise) aber im Ultraschallbereich jenseits der Hörgrenze schreien, ist es für uns Menschen eine neue Erfahrung, wenn wir diese Rufe - per Mikrophon und mit technischen Mitteln hörbar gemacht - vernehmen und dieses Pfeifen, Knattern, die Blibs und auch die Blobs uns daran erinnern dass es zwischen Himmel und Erde mehr gibt, als wir zu sehen, zu hören oder gar zu begreifen, in der Lage sind.
In unmittelbarer Nähe der Krämerbrücke, einem der bekanntesten Wahrzeichen der Stadt Erfurt, ist der erste öffentliche Fledermausdetektor in Deutschland aufgestellt worden. Hier, über den Wasserläufen des Breitstromes, jagen Fledermäuse abends und in der Nacht bei trockener Witterung vom späten Frühjahr bis in den Herbst hinein.
Initiator und Ausführender dieses Projektes ist die IG Stadtökologie Erfurt, ein loser Zusammenschluss meist auch in weiteren Naturschutzverbänden aktiver Thüringer, die sich zum Ziel gesetzt haben, gemeinsam "Projekte mit Mehrwert" in ihrer Stadt Erfurt zu realisieren. Die ursprüngliche Planung, den Horchkasten in der neu entstehenden Ufermauer am Breitstrom vor der Krämerbrücke zu integrieren, scheiterte vorerst am Fund eines jüdischen Ritualbades aus Vorzeiten, dessen Reste bei den beginnenden Aushubarbeiten zu Tage traten und die weitere Bauausführung in unbestimmte zeitliche Entfernung rückte.
Die Finanzierung des Projektes aus Fördermitteln und die damit verbundenen terminlichen Zwänge machten es nunmehr notwendig, eine mobile Lösung zu finden. Unterstützt durch die Stadt Erfurt, die einen ausrangierten Parkscheinautomaten zur Verfügung stellte, wurde das Ganze unweit des einst vorgesehenen Standortes in Angriff genommen.
Auf Knopfdruck erschließt sich dem Erfurter und dem Erfurt-Besucher abends und nachts, wenn er Glück hat und gerade Fledermäuse herumfliegen, eine neue Hördimension und tagsüber kann er - vom digitalen Speichermedium wiedergegeben - zumindest einen Eindruck gewinnen, was er abends hier erleben könnte. Die großen Hinweisschilder, die Farbgebung und die Beschriftung spielen dabei mit der Anmutung eines Parkautomaten und sorgen so dafür, dass das Gerät (und hoffentlich auch seine "Message") dem Besucher in Erinnerung bleiben.
Der erste Knopfdruck erfolgte am Montag neben der Krämerbrücke an der Brücke zum Dämmchen durch den Beigeordneten für Stadtentwicklung und Umwelt Uwe Spangenberg. Fledermäuse - die fliegenden Kobolde der Nacht - lauschen Sie ihren teils stakkatoartigen, teils melodiösen Rufen.