Jüdisches Erbe: Erfurt wird nun ganz groß geschrieben. Führende Wissenschaftler treffen sich zum Arbeitskolloquium

08.02.2011 11:00

Internationale Experten für jüdische Geschichte und Kultur beschäftigen sich vom 8. bis 10. Februar mit dem kulturellen Erbe der jüdischen Gemeinde von Erfurt und der Vernetzung mit den SchUM-Städten Speyer, Worms und Mainz.

"Erfurt ist ja eine kleine Wundergeschichte, oder besser die Geschichte vieler kleiner Wunder. Erst die stattliche mittelalterliche Synagoge, die in der Altstadt regelrecht entdeckt wurde, dann die bemerkenswerten Funde und Ausgrabungsergebnisse. Das alles gilt es nun genau in seiner Bedeutung zu bestimmen. Aber eines ist sicher: Auf der Landkarte des europäisch-jüdischen Erbes wird Erfurt nun ganz groß geschrieben, " so Prof. Dr. Johannes Heil, erster Prorektor der Hochschule für Jüdische Studien (HfJS) in Heidelberg und einer der Referenten in Erfurt.

Diese "Wundergeschichte" ist der Anlass, vom 8. bis 10. Februar gemeinsam mit der Hochschule für Jüdische Studien in Erfurt ein Arbeitskolloquium zu veranstalten, um im wissenschaftlichen Rahmen Fragen der kulturellen und historischen Vernetzung von Erfurt mit den sogenannten SchUM-Städten Speyer, Worms und Mainz zu klären und anstehende Forschungsperspektiven zu diskutieren. Eröffnet wird das Kolloquium am 8. Februar um 15 Uhr durch Oberbürgermeister Andreas Bausewein, Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht hält ein Grußwort.

 Ausgehend vom jeweiligen Sachstand vor Ort sollen Forschungslücken zu den jeweiligen Stätten identifiziert werden. Ingo Mlejnek, Beigeordneter für Bau und Verkehr: "Um diese Lücken zu schließen, beabsichtigen wir, durch das Kolloquium Forschungsprojekte für die kommenden Jahre anzustoßen. Die intensive Forschung zur Geschichte der jüdischen Gemeinde in Erfurt und deren Vernetzung im aschkenasischen Kulturraum ist auch eine wichtige Grundlage für die Unesco-Bewerbung von Erfurt."

Über "Rabbinische Netzwerke zwischen Erfurt, Worms, Mainz und Wien" spricht Dr. Martha Keil, Direktorin des Instituts für jüdische Geschichte Österreichs . Sie sagt: "Die jüdische Geschichte des Mittelalters ist mehr als eine reine Religions-, Stadt- oder Landesgeschichte. Juden im mittelalterlichen Aschkenas gestalteten ein lebendiges Netzwerk von Wissenschaft, Handel und Gelehrsamkeit und Erfurt mit seinen berühmten Rabbinern war ein wichtiger Knoten dieses Netzwerks. Mit diesem Forschungskolloquium untersuchen wir daher nicht nur die großartigen Zeugen dieser Geschichte in Erfurt selbst, sondern zeigen die Migrationen, Kulturkontakte und die Wissenstransfers auf, die ein gemeinsames europäisches Kulturerbe des jüdischen Mittelalters geformt haben." Nach Abschluss des Kolloquiums sollen die Beiträge und Ergebnisse noch in diesem Jahr publiziert werden.