Aufstieg, Fall und Neubeginn - Vernissage am 26. Februar

21.02.2011 09:35

Es war eine Sensation, als sich am ersten September 1975 auf dem VEB Töpferhof der südthüringischen Kleinstadt Römhild in unmittelbarer Nähe zur deutsch-deutschen Grenze Keramiker der DDR mit Kollegen aus dem Ausland erstmalig zu einem internationalen Keramiksymposium auf dem Boden der DDR trafen.  

Unter ihnen befanden sich auch zwei Gäste aus dem "nichtsozialistischen Ausland" wie es im offiziellen DDR-Sprachgebrauch hieß. Der zentrale "Verband Bildender Künstler der DDR", in dem auch die Keramiker organisiert waren, hatte durchgesetzt, dass derselbe zu jedem Symposium zwei Künstler aus dem "Westen" einladen durfte.

Lange Zeit hatten die Keramiker zwischen Ostsee und Thüringer Wald um ein solches internationales Arbeitstreffen gerungen. Wer konnte, nutzte jede Möglichkeit zu Workshops und Keramik-Symposien der "sozialistischen Bruderländer" in Ost- und Südosteuropa, die ohne Berührungsängste vor "westlichen" Kollegen abliefen. Solche Aufenthalte brachten neben innovativen Schüben für das Schaffen auch neue Freundschaften über Ländergrenzen hinweg. Deshalb drängten sie auf ein solches internationales Symposium in ihrem Heimatland. Zum Motor ihrer Bestrebungen wurden der Keramiker Gerd Lucke, und der führende Theoretiker für das DDR-Kunsthandwerk, Rainer Behrends aus Leipzig.

Römhild wurde gewählt, weil in der Stadt die Thüringer Töpfertradition bis heute lebendig ist. Der VEB Töpferhof Römhild, Produzent von Großserien an Gebrauchs- und Zierkeramik, bot mit großzügigen Räumen, der hochmodernen technischen Ausstattung und den qualifizierten Arbeitern den idealen Symposiumsort. Für diese erste Begegnung waren aus dem eigenen Land sechzehn führende Keramiker des Verbandes eingeladen worden. Sie nutzten zusammen mit ihren neun ausländischen Kollegen die Ausnahmesituation des einmaligen schöpferischen Freiraums ausgiebig für ihre Arbeit. Die künstlerischen Leistungen waren bedeutend.

Nach diesem ersten Erfolg nahmen die im Rhythmus von drei Jahren stattfindenden Symposien einen internationalen Aufstieg und waren nicht nur für die Keramik von großer Bedeutung. Sie wurden zu einer Initialzündung für zahlreiche ähnliche Treffen anderer Materialgruppen. Alle Symposien zogen eine tiefe, nie mehr zu schließende Schneise in die unsinnige Abschottungspolitik der DDR.
Die Keramiker trafen sich insgesamt sieben Mal in Römhild. Das sechste Symposium begann im September 1990 in der DDR und endete im Oktober in der Bundesrepublik. Das siebente 1993, nunmehr von einem Verein initiiert und ohne die enorme Unterstützung eines zentralistischen Staates, dafür aber unter den finanziellen Bedingungen der Marktwirtschaft, markierte trotz hoher künstlerischer Leistungen und einer wesentlichen Verbreiterung der internationalen Teilnehmer, das vorläufige Ende dieser Arbeitstreffen. Dank des im April 2007 gegründeten Vereins, gelang 2008 ein Neubeginn der internationalen Römhilder Keramiksymposien. Bei schmalem Budget sowie knappen personellen Ressourcen, wurde mit viel Engagement, Improvisationsvermögen und engagierter ehrenamtlicher Arbeit, das achte Keramiksymposium veranstaltet. Mit fünf teilnehmenden Künstlerinnen fiel es zwar wesentlich kleiner als die vorangegangen aus, die Ergebnisse jedoch fügen sich als Ausdruck zeitgenössischer Keramik nahtlos in die Tradition aller Symposien ein.
Für die erste große Retrospektivausstellung wurden aus dem Fundus aller Symposien im Museum Schloss Glücksburg, besonders charakteristische Werke ausgewählt, die wichtige Entwicklungen der Keramik bis in die Gegenwart aufzeigen. So wird der schöpferische Geist aller Symposien nachvollziehbar. Die Ausstellung soll gleichzeitig die Vorbereitungen für das neunte internationale Keramiksymposium Römhild beflügeln. Der Boden dafür ist gut bereitet (Hans-Peter Jakobson). Zur Ausstellung liegt ein reich illustrierter Katalog vor, der die Geschichte der Römhilder Symposien umfassend darstellt.

Vernissage: 26. Februar, 19 Uhr im Kulturhof zum Güldenen Krönbacken
Ausstellungsdauer: 26. Februar bis 3. April, Di-So 11-18 Uhr