Elternbefragung – Schulwahlprozess von Eltern von Erstklässlern in Erfurt für das Schuljahr 2020/21

In der vorliegenden Studie wurde untersucht, wie sich der Schulwahlprozess der Eltern von Erstklässlern für das Schuljahr 2020/21 gestaltete. Dies ist insbesondere dahingehend interessant, da erstmals die formal bestehenden Schuleinzugsgebiete der Erfurter Grundschulen aufgelöst wurden.

Schulbefragung

Bild: Themenbild Elternbefragung Schulwahlprozess 2020 Bild: © links: tan4ikk/123rf, rechts oben: Syda Productions - Fotolia, rechts unten: Landeshauptstadt Erfurt, Stadtverwaltung

Die Daten dieser Studie sind im Rahmen einer Kooperation der Stadt Erfurt mit der Universität Erfurt entstanden. Über eine postalische Umfrage wurden alle Familien angeschrieben, in denen ein Kind lebt, das gemäß seinem Geburtsdatum im Schuljahr 2020/21 schulpflichtig wurde.

Hierfür erhielten die Eltern am 25. Mai 2020 per Post von der Abteilung für Statistik und Wahlen der Stadt Erfurt einen schriftlichen Fragebogen, den sie auf freiwilliger Basis ausfüllen und ans Amt zurücksenden konnten. Alternativ dazu bestand die Möglichkeit, dass die Eltern die Umfrage auch online ausfüllen konnten.

Es wurden insgesamt 1.994 Erfurter Eltern von künftigen Erstklässlerinnen und Erstklässlern im Mai 2020 schriftlich befragt. Insgesamt haben 871 Eltern (44 Prozent) an der Befragung teilgenommen.

Nähere Informationen zu den Befragungsergebnissen können der folgenden ausgewählten Ergebnisübersicht oder dem nachfolgend zum Download bereitgestellten Ergebnisbericht zur Elternbefragung - Schulwahlprozess von Eltern von Erstklässlerinnen und Erstklässlern in Erfurt für das Schuljahr 2020/21, entnommen werden.

An dieser Stelle gilt allen Eltern, die sich an der Befragung beteiligt haben, ein besonderer Dank.

Bildungsabschlüsse der Eltern in den Planungsräumen

Grafik: Verteilung Bildungsabschlüsse nach den Erfurter Planungsräumen Grafik: © Stadtverwaltung Erfurt

Festgestellt wurde, dass die Verteilung der Bildungsabschlüsse über die Planungsräume der Stadt Erfurt ungleich über das Stadtgebiet erfolgt. Während sich in den Haushalten, die an der Befragung teilgenommen haben, in der Südstadt in 65 Prozent der Fälle ein Elternteil mit akademischem Abschluss befindet, sind es in den dörflichen Ortsteilen 56 Prozent und in der City 52 Prozent. Demgegenüber befindet sich in den Haushalten der Plattenbauten Südost nur in 24 Prozent der Haushalte ein Elternteil mit einem akademischen Abschluss und in den Plattenbauten Nord sogar nur knapp 10 Prozent mit einem akademischen Abschluss. In den Plattenbaugebieten finden sich hingegen sehr viele Eltern mit höchstens Realschulabschluss. Trotz der selektiven Bildungsteilnahme in der vorliegenden Studie verdeutlichen diese Ergebnisse wiederum die starke soziale Segregation in Erfurt, gemessen in diesem Fall über die Bildung. Diese kann man auch anhand einiger weiterer Indikatoren (z. B. SGB-II-Empfänger oder durchschnittliches Haushaltseinkommen) des neuen Erfurter Sozialstrukturatlas ablesen.

Freude und Besorgnis zum Schulbeginn

Grafik: Freude und Besorgnis zum Schulbeginn nach Bildungsabschlüssen Grafik: © Stadtverwaltung Erfurt

Die Eltern wurden in der Studie befragt, wie sie der Einschulung ihres Kindes entgegensehen. Der weit überwiegende Teil der Eltern gab auf einer sechsstufigen Skala an, dass sie der Einschulung ihres Kindes sehr freudig entgegenblicken. Hierbei lassen sich auch keine Unterschiede nach der Bildung der Eltern feststellen. Der Frage, ob die Eltern der Einschulung besorgt entgegenschauen, stimmen dementsprechend nur wenige Eltern zu. Allerdings zeigen sich hierbei größere Sorgen bei Eltern mit höchstens Realschulabschluss als bei Akademikereltern. Insgesamt sind diese Ergebnisse überraschend erfreulich, gerade wenn man berücksichtigt, dass die Befragung im Mai/Juni 2020 inmitten einer globalen Pandemie (Covid-19) stattfand, in der die Schulen über mehrere Wochen hinweg geschlossen blieben.

Infomiertheit Schulanmeldeverfahren

Der folgende Abschnitt zeigt die Informiertheit der Befragten über das neue Schulanmeldeverfahren zum Schuljahr 2020/21 sowie die Informationsquellen die herangezogen werden.

Grafik: Informiertheit zum geänderten Schulanmeldungsverfahren Grafik: © Stadtverwaltung Erfurt

Informationsstand zum neuen Schulanmeldeverfahren

Die Eltern wurden in der Studie befragt, wie gut sie sich über das geänderte Verfahren zur Schulanmeldung informiert fühlen. Hierbei ergab sich ein sehr heterogenes Bild. Nur knapp 30 Prozent der Eltern gaben an, dass sie sich über das geänderte Schulanmeldeverfahren sehr gut oder gut informiert fühlen (Skalenwerte von 5 und 6). Etwa genauso viele Eltern gaben an, dass sie über das geänderte Schulanmeldeverfahren sehr schlecht oder schlecht informiert sind (Skalenwerte von 1 und 2). Dabei zeigten sich zumindest keine Bildungsunterschiede bei den Eltern (nicht in einer Abbildung gezeigt). Es fühlen sich also viele Eltern, quer durch alle Bildungsgruppen, nicht optimal über das neue Schulanmeldeverfahren informiert. Dies deckt sich auch mit einer qualitativen Vorstudie, in der im Rahmen der Schuleingangsuntersuchung 18 Eltern befragt wurden.

Grafik: Nutzung von Informationsquellen Grafik: © Stadtverwaltung Erfurt

Informationsquellen zum neuen Schulanmeldeverfahren

Am häufigsten geben Eltern an, die Website der jeweiligen Schule (75,1 Prozent) sowie Informationen durch Freunde und Bekannte (74,6 Prozent) als Informationsquellen genutzt zu haben. Auch Informationsabende an der Schule und der Tag der offenen Tür wurden von über der Hälfte der Eltern genutzt. Seltener genutzte Informationsquellen stellen die Beratung durch die Kita (36,1 Prozent), das Schulportal Thüringen (22,4 Prozent), das Stadtportal Erfurt.de (25,5 Prozent), Broschüren und Flyer (28,1 Prozent) und das formale Schreiben der Stadtverwaltung (32 Prozent) dar. Insgesamt wird deutlich, dass Eltern eher schulbezogene und personelle Informationsquellen für die Schulwahl bevorzugen als dass sie auf formale Informationswege zurückgreifen. Bei den genutzten Informationsquellen lassen sich einige Gruppenunterschiede feststellen. So wurden Freunde und Bekannte und Informationsabende an einer Schule häufiger durch Akademikereltern genutzt. Zudem zeigt sich, dass Eltern, die private Schulen wählten, eher schulbezogene Quellen nutzten. Ferner zeigt sich sowohl bei Eltern mit Migrationshintergrund als auch bei Eltern mit höchstens Realschulabschluss, dass die Kita häufiger als Informationsquelle angegeben wurde. Gerade für diese Gruppen scheint die Kita eine wichtige Funktion bei der Schulwahl einzunehmen.

Motive für die Schulwahl

Über die Befragung wurde zudem untersucht, welche allgemeinen und spezifischen Motive die Eltern für die entsprechende Schulwahl haben und welche Motive gegen die Einschulung in der Einzugsgebietsschule vorhanden sind.

Grafik: Wichtigkeit Motive Grundschulwahl allgemein Grafik: © Stadtverwaltung Erfurt

Allgemeine Grundschulwahlmotive

Die Erfurter Eltern wurden gefragt, welche Motive für die Grundschulwahl im Allgemeinen am wichtigsten sind, unabhängig davon welche Schule sie gewählt haben. Hierbei zeigten sich die Sicherheit des Schulweges und die Wohnortnähe als die wichtigsten Motive. Aus dieser Perspektive betrachtet steht die Auflösung der Schuleinzugsgebiete den Wünschen der meisten Erfurter Eltern entgegen. Weiterhin als besonders wichtig für die Grundschulwahl benennen Eltern die Motive pädagogisches Schulkonzept sowie den Ruf der Schule. Aspekte wie die ethnische und soziale Zusammensetzung der Schule spielen für Erfurter Eltern keine besondere Rolle für ihre Schulwahl.

Grafik: Wichtigkeit Motive Grundschulwahl speziell Grafik: © Stadtverwaltung Erfurt

Spezifische Grundschulwahlmotive

Unabhängig der allgemeinen Motive für eine Schulwahl, wurden auch die tatsächlichen Motive für die getroffene Schulwahl betrachtet und es wird ersichtlich, dass die Eltern bei der tatsächlichen Schulwahl nicht immer nach den allgemein wichtigen Motiven eine Schule gewählt haben. Auch bei diesen spezifischen Motiven zur Schulwahl zeigt sich die Wohnortnähe und die Sicherheit des Schulwegs, neben dem pädagogischen Konzept und dem Ruf der Schule als wichtigste Faktoren.

Grafik: Wichtigkeit Motive gegen die Einzugsgebietsschule Grafik: © Stadtverwaltung Erfurt

Gründe gegen die Einzugsgebietsschule

Von den 304 Eltern (ca. 35 Prozent), die nicht ihre ehemalige Einzugsgebietsschule besuchen wollen, wurde erfragt, welche Gründe dafür sprechen dies nicht zu tun. Hier zeigt sich, dass die meisten Eltern die Einzugsgebietsschule ablehnten, weil ihnen das pädagogische Konzept nicht zusagte, das Kind die Schule nicht besuchen will oder der Ruf der Schule nicht entsprach.

Grafik: Bedeutung Motive Grundschulwahl nach Art der gewählten Schule Grafik: © Stadtverwaltung Erfurt

Grundschulwahlmotive nach Schulart

In der Studie wurden die Eltern danach unterschieden, ob sie die Einzugsgebietsschule wählten, ob sie eine andere öffentliche Schule wählten oder ob sie eine private Schule wählten. Hier zeigt sich, dass besonders die Eltern häufig die Einzugsgebietsschule wählten, denen die Wohnortnähe besonders wichtig ist.

Zur Wahl der Grundschule zeigt sich darüber hinaus (nicht in der Abbildung), dass Eltern mit akademischem Hintergrund deutlich häufiger eine private Schule wählen. Ferner zeigt sich, dass Alleinerziehende häufiger eine andere öffentliche Schule wählen. Eine Erklärung beziehungsweise Interpretation hierfür könnte sein, dass der Elternteil, der nicht im Haushalt des Kindes lebt, in einem anderen Schuleinzugsgebiet wohnt. Dadurch kann die Wahl einer anderen öffentlichen Schule für Alleinerziehende sogar besser mit der familiären Konstellation vereinbar sein als die Wahl der Einzugsgebietsschule.

Strukturell zeigt sich, dass vor allem Einzugsgebietsschulen abgewählt wurden, die, gemessen an den Kindern im ehemaligen Einzugsgebiet, als überfüllt bewertet werden können. Es ist zumindest zu vermuten, dass die Eltern in diesen Einzugsgebieten beispielsweise durch die Schulleitungen auf die angespannte Platzsituation hingewiesen wurden. Des Weiteren zeigt sich, dass Einzugsgebietsschulen mit einem hohen Akademikeranteil seltener zu Gunsten einer anderen Schule abgewählt wurden als Schulen mit einem niedrigen Akademikeranteil.

Grafik: Entfernung der Wahlschule zur Einzugsgebietsschule Grafik: © Stadtverwaltung Erfurt

Entfernung zwischen Wahlschule und Einzugsgebietsschule

Im Rahmen der Analyse der Erhebung wurde zudem geprüft, wie weit die gewählte Schule in Autominuten von der ursprünglichen Einzugsgebietsschule entfernt liegt. Es zeigt sich, dass der größte Anteil von Eltern, die sich für Schulen außerhalb des ehemaligen Einzugsgebiets entscheiden, Schulwege mit einer Entfernung von unter 10 Minuten in Kauf genommen werden (64,3 Prozent). Davon haben 21,9 Prozent sogar nur einen Weg von bis zu 5 Minuten im Vergleich zur Einzugsgebietsschule. Allerdings akzeptieren auch mehr als ein Drittel der Eltern Wege von über 10 Autominuten und 8,6 Prozent sogar von über 15 Minuten für den Schulbesuch.

Einschätzung Schulsysteme

In diesem Abschnitt wird aufgezeigt, wie die Befragten das öffentliche und das private Schulsystem qualitativ einschätzen, wie groß die Entfernung zwischen Einzugsgebietsschule und der nächsten Privatschule ist, die Motive gegen die Schulanmeldung an einer Privatschule sowie die Bewerbungsquote und Bewerbungserfolgsquote nach Bildungsabschlüssen der Eltern.

Grafik: Einschätzung Qualität Schulsysteme Grafik: © Stadtverwaltung Erfurt

Einschätzung der Qualität der Schulsysteme

Die Erfurter Eltern sollten dem öffentlichen und privaten Schulsystem in Erfurt eine Schulnote geben. Es zeigt sich, dass die freien Schulen deutlich häufiger mit gut oder sehr gut bewertet werden (62,8 Prozent) im Vergleich zu den öffentlichen Schulen (30,9 Prozent). Die öffentlichen Schulen werden hingegen deutlich häufiger mit befriedigend oder ausreichend eingeschätzt (62 Prozent) als private Schulen (33,9 Prozent). Als mangelhaft oder ungenügend werden öffentliche und private Schulen nur selten bewertet. Hierbei zeigt sich darüber hinaus, dass Akademikereltern und Nicht-Akademikereltern die öffentlichen Schulen ähnlich einschätzen. Allerdings werden die privaten Schulen durch Akademikereltern besser eingeschätzt, als von den Nicht-Akademikereltern.

Grafik: Entfernung Privatschule Einzugsgebietsschule nach Bildungsabschlüssen Grafik: © Stadtverwaltung Erfurt

Entfernung zwischen Einzugsgebietsschule und Privatschule nach Bildungsstand der Eltern

Dargestellt ist nach Bildungsgruppen der Eltern, wie viele Autominuten die nächste Privatschule von der ehemaligen Einzugsgebietsschule befindet (ohne Regenbogenschule). Es zeigt sich, dass die Privatschulen von Akademikereltern am besten zu erreichen sind. Für knapp 58 Prozent von ihnen ist die nächste Privatschule unter fünf Autominuten entfernt. Auf der anderen Seite befindet sich nur für 15 Prozent der Akademikereltern die nächste Privatschule mehr als 10 Minuten entfernt. Bei den Eltern mit höchstens Realschulabschluss befindet sich nur für 38 Prozent die nächste Privatschule im Umkreis von unter 5 Minuten entfernt, dafür aber für 42,9 Prozent mehr als 10 Minuten entfernt. Für die Eltern mit Abitur ist eine leicht ungünstigere räumliche Verteilung als bei den Akademikereltern festzustellen. Insgesamt ist der durchschnittliche Weg für Akademikerinnen und Akademiker zur nächsten privaten Grundschule 7,1 Autominuten lang, für Eltern mit höchstens Realschulabschluss 9,7 Minuten. Das heißt, dass sich private Schulen in Erfurt eher in oder in der Nähe von sozial privilegierten Nachbarschaften befinden. Weitere Analysen zeigten, dass die Entfernung zur nächsten Privatschule auch die Wahrscheinlichkeit beeinflusste, dass sich die Eltern dort bewarben. Dies gilt dabei aber vor allem für Akademikereltern. Wohnen diese in der Nähe einer privaten Schule, bewerben sie sich dort besonders oft.

Grafik: Gründe gegen Privatschule nach Bildungsabschlüssen Grafik: © Stadtverwaltung Erfurt

Motive gegen die Privatschule nach Bildungsstand der Eltern

Die Eltern, die sich nicht an einer privaten Schule beworben haben, wurden nach den Gründen gefragt. Festzustellen ist, dass rund ein Viertel der Eltern mit höchstens Realschulabschluss überhaupt nicht wussten, dass sie sich an einer privaten Schule hätten bewerben können. Die Eltern, die keine private Schule gewählt haben, die Anmeldefrist nicht verpasst haben und wussten, dass sie sich an einer privaten Schule bewerben konnten, wurden im Anschluss gefragt, welche Gründe ausschlaggebend dafür waren, dass sie sich nicht für eine private Schule entschieden haben. Dafür wurden ihnen verschiedene Aussagen vorgelegt, denen sie auf einer sechsstufigen Skala zustimmen oder nicht zustimmen konnten. Dargestellt ist im unteren Teil der Abbildung, wie viel Prozent der Teilnehmenden den jeweiligen Aussagen mit 5 oder 6 zugestimmt haben. Für fast kein Elternteil stellt dabei der Ruf der privaten Schulen einen Ablehnungsgrund dar. Auch das pädagogische Konzept und das soziale Umfeld wurden nur von wenigen Eltern als Ablehnungsgrund genannt. Das keine private Schule im Wohnumfeld liegt, wurde von 45,2 Prozent aller Eltern genannt, wobei jedoch keine nennenswerten Bildungsunterschiede zu verzeichnen waren. 55,1 Prozent der Eltern, die keine private Schule gewählt haben, gaben an, dass sie sich keine Vorteile vom Besuch einer privaten Schule versprechen, wobei dies Eltern mit höchstens Realschulabschluss seltener angaben (49,2 Prozent) als Akademikereltern (58,8 Prozent). Dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass Akademikereltern, die sich einen Vorteil vom Privatschulbesuch versprechen, sich dann auch häufiger an einer Privatschule bewerben als Eltern mit höchstens Realschulabschluss. Die größten Bildungsunterschiede finden sich jedoch zur Aussage, dass man sich den Privatschulbesuch finanziell nicht leisten könne. Dies wird bei Akademikereltern nur zu 20,7 Prozent, bei Eltern mit Abitur zu 44,7 Prozent und bei Eltern mit höchstens Realschulabschluss zu 64,2 Prozent angegeben. Eigentlich sollte nach Art 7. Abs. 4 GG der Besuch einer privaten Schule unabhängig von der finanziellen Lage der Haushalte möglich sein. Dass rund zwei Drittel der Eltern mit höchstens Realschulabschluss angeben, sich eine private Schule nicht leisten zu können, spricht zumindest dafür, dass dieses Verfassungsrecht in der Elternschaft nicht wahrgenommen wird. Ob diese subjektive Bewertung darauf zurückzuführen ist, dass sich diese Eltern tatsächlich mit den Gebührenordnungen der Erfurter Grundschulen beschäftigt haben (oder von anderen Eltern Informationen dazu bekommen haben) oder ob es sich hierbei um eine subjektive Bewertung handelt, kann an dieser Stelle nicht geklärt werden. So oder so sehen Eltern mit höchstens Realschulabschluss, im Gegensatz zu Akademikereltern, Privatschulen überwiegend als nicht finanzierbar an.

Der wichtigste Grund gegen eine private Schule ist allerdings in allen Bildungsgruppen, dass man mit der gewählten öffentlichen Schule zufrieden ist. Hier zeigen sich auch nur geringe Bildungsunterschiede.

Grafik: Bewerbung und Bewerbungserfolg Privatschule nach Bildungsabschlüssen Grafik: © Stadtverwaltung Erfurt

Bewerbungserfolg an Privatschulen nach Bildungsstand der Eltern

Weiterhin wurde untersucht, wie viel Prozent der Eltern, differenziert nach dem Bildungshintergrund, sich an einer privaten Schule beworben haben und, wie viele Kinder im Schuljahr 2020/21 eine private Schule besuchen werden. Während sich 35,9 Prozent aller Akademikereltern an einer Privatschule beworben haben, waren es bei Eltern mit Abitur 21,1 Prozent und bei jenen mit höchstens Realschulabschluss nur 7,7 Prozent. Die Wahrscheinlichkeit für eine Bewerbung an einer Privatschule war also bei Akademikereltern rund 4,5-mal so hoch wie für Eltern mit höchstens Realschulabschluss. Allerdings sollen im Schuljahr 2020/21 deutlich weniger Kinder eine private Schule besuchen als sich beworben haben. Auch die Annahmewahrscheinlichkeit an den privaten Schulen verteilt sich ungleich zwischen den sozialen Gruppen. Während sich von den Eltern mit höchstens Realschulabschluss nur 42 Prozent erfolgreich an einer privaten Schule beworben haben (bzw. in Relation zu den Bewerbungen eine private Schule besuchen werden), trifft dies bei Eltern mit Abitur auf 49 Prozent und bei den Eltern mit akademischem Abschluss auf 69 Prozent zu. Dementsprechend ist auch die Relation von Akademikerkindern und Kindern, deren Eltern höchstens einen Realschulabschluss haben, bei den Besuchsquoten für das neue Schuljahr deutlich ungleicher als bei den Bewerbungen. Die Wahrscheinlichkeit für einen Privatschulbesuch ist für die Akademikerkinder 7,5 mal so hoch wie bei Kindern, deren Eltern höchstens einen Realschulabschluss haben und 2,4-mal so hoch wie bei Eltern, die ein Abitur ohne akademischen Abschluss haben. Aus den vorliegenden Analysen ist also erkennbar, dass sich Akademikerinnen und Akademikern viel häufiger bei einer privaten Schule bewerben als Eltern ohne akademischen Abschluss. Darüber hinaus ist die Bewerbung von Akademikereltern deutlich häufiger erfolgreich als die Bewerbungen von Nicht-Akademikereltern. Warum die Bewerbungen von Nicht-Akademikerinnen und Akademikern weniger erfolgreich sind, lässt sich an dieser Stelle nicht empirisch beantwortet.

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