Das große Hospital in Erfurt. Bilder und Berichte

20.11.2014 10:00 – 12.04.2015 18:00

Einzigartig in Thüringen ist das umfassend erhaltene Große Hospital zu Erfurt: Dessen imposantes Herrenhaus ist überregional bekannt als Domizil des Museums für Thüringer Volkskunde Erfurt. Wenig bekannt ist die Bau- und Nutzungsgeschichte dieses Areals, die im Jahre 1385 beginnt. Ihr widmet sich nun erstmals eine interaktive Präsentation.

Ein historisches Gebäude mit Krüppelwalmdach, darauf der Schriftzug "Museum für Thüringer Volkskunde Erfurt".
Pfründnerversammlung, 1899 Foto: © Stadtverwaltung Erfurt
12.04.2015 18:00

Das große Hospital in Erfurt. Bilder und Berichte

Genre Ausstellung
Veranstalter Museum für Thüringer Volkskunde Erfurt
Veranstaltungsort Museum für Thüringer Volkskunde Erfurt, Juri-Gagarin-Ring 140a, 99084 Erfurt
workTel. +49 361 655-5600+49 361 655-5600 faxFax +49 361 655-5609

Einzigartig in Thüringen ist das Große Hospital zu Erfurt

Häuserzeile, davor ein Fluss mit Wehranlage.
Foto: Jenseits des vormaligen Wehrgrabens lebt man im Großen Hospital in einem eigenen Kosmos: Spittelwehr, Herrenhaus und Steinhaus. Ansichtskarte "Alt-Erfurt", um 1890 Foto: © Museum für Thüringer Volkskunde Erfurt

1389 erhielt die Stadt Erfurt vom Mainzer Erzbischof die Genehmigung, das am Fischmarkt befindliche Martinshospital außerhalb der Stadtmauern anzusiedeln. Großzügig vor dem Krämpfertor angelegt, entwickelt es sich rasch zur zentralen städtischen Einrichtung zur Betreuung kranker und siecher Menschen.

Fortan wird es als „Großes Hospital“ bezeichnet. Das Haus funktionierte nach dem Prinzip der Selbstversorgung, wozu die Insassen ihren Beitrag leisten mussten. Kranke, Alte, aber auch Pilger wurden an „Leib und Seele“ gepflegt, also mit dem Lebensnotwendigen versorgt und vom Hospitalgeistlichen betreut.

Links Kirchenschiff mit Kirchhof, rechts ein Straßenzug. Schwarz-Weiß-Aufnahme.
Foto: Ursprünglich betrat man das Große Hospital von Südosten, dem Hospitalplatz aus. Das Pförtnerhaus mit Zugang zum Spitalinnenhof wurde im Frühjahr 1945 zerstört. Aufnahme um 1944 Foto: © Stadtarchiv Erfurt

Im 15. Jahrhundert vergrößerte das Hospital durch Kauf und Schenkungen seinen Landbesitz. 1497 errichtete man - vermutlich zur Unterbringung von Seuchenkranken - direkt an der Hospitalkirche ein weiteres Gebäude.

1536 vernichtete ein Brand Teile der Anlage. In Folge entstand ein repräsentatives Steinhaus, das „Herrenhaus“, wo die eingesetzten Verwalter Wohnung nahmen. Langsam veränderte sich die Funktion der Einrichtung: Es wurden zunehmend Pfründner aufgenommen, die sich für ein Aufnahmegeld und Überschreibung des Nachlasses Wohnung und Versorgung für ihren Lebensabend sicherten. Von diesem Privileg machten zahlreiche Erfurter Bürger und später auch Auswärtige Gebrauch.

Im frühen 17. Jahrhundert errichtete man zwei weitere Pfründnerhäuser. Die besten Wohneinheiten boten Stube, Kammer, Küche, Holzgelass. 1664 gingen Stadt und Hospital in mainzische Herrschaft über. Erzbischöfe und Statthalter versuchten, sich der reichen Mittel des evangelischen Stifts zu bemächtigen. Konflikte waren die Folge; erst die Reservierung von Pfründnerplätzen für Katholiken (ab 1789) entspannte die Situation.

Unter preußischer Herrschaft trat 1823 eine neue Armenordnung in Kraft. Zwar blieb das Hospital als solches bestehen, doch flossen seine Einnahmen nun direkt in die städtische Armenkasse. Die Selbstversorgung wurde aufgegeben, Landbesitz in Geld umgewandelt, und Pfründner erhielten von nun an nur noch freie Unterkunft sowie ein wenig Geld für den Lebensunterhalt.

Heute erinnert nur noch ein Mitte der 1920 Jahre auf altem Baugrund errichtetes und inzwischen von der Arbeiterwohlfahrt betriebenes Senioren- und Pflegeheim an die einstige Funktion. Gleichwohl werden durch den denkmalgeschützten Gebäudekomplex über 600 Jahre Erfurter Sozial- und Pflegewesen in situ verdeutlicht und weitergeschrieben.

Begleitprogramm

23.11.2014 und 12.04.2015, jeweils 10 Uhr
Spurensuche und Visionen: Das Große Hospital zu Erfurt
Es führt: Dr. Andrea Steiner-Sohn, Kuratorin

22.01.2015, 16 Uhr
Der Kranich wacht: Wandmalereifunde im Museum für Thüringer Volkskunde
Es führt: Ronald Krüger, Holzrestaurator, Zentrale Restaurierungswerkstätten der Museen der Stadt Erfurt

10.02.2015 und 10.03. 2015, jeweils 16 Uhr
Vom Großen Hospital zum Museum für Thüringer Volkskunde – Spezialführung zur Bau- und Nutzungsgeschichte
Es führen: Karin Kosicki, Chefrestauratorin, und  Dr. Andrea Steiner-Sohn, Kuratorin

Weitere Führungen auf Anfrage.