Bilder-Geschichten: Erfurter Blumen-Gruß zum Valentinstag

08.02.2016 06:10

Eine poetische Deutung, welche besondere Botschaft Blumen vermitteln, hat bereits Johann Wolfgang von Goethe im 18. Jahrhundert formuliert. In einem Liebesbrief an Charlotte Stein verfasst er folgende Zeilen: „Da mir Worte immer fehlen Ihnen zu sagen, wie lieb ich Sie habe, schick` ich Ihnen die schönen Worte und Hieroglyphen der Natur, mit denen sie uns andeutet, wie lieb sie uns hat.“

Postkarte: Gruß aus der Blumenstadt Erfurt

Bild: Postkarte: Gruß aus der Blumenstadt Erfurt, um 1900 Bild: © Stadtverwaltung Erfurt, Stadtmuseum

Bildbeschreibung

Die liebevoll gestaltete Postkarte aus dem Archiv des Erfurter Stadtmuseums ist in drei Bildausschnitte gegliedert. Das auffälligste und detailreichste Bild befindet sich links auf der Postkarte. Im Vordergrund steht eine anmutige junge Dame in einem hellblauen langen Kleid, das mit roten Akzenten versehen ist. Die schöne Frauengestalt ruht in ihrer Bewegung. Die linke Hand ist vom Körper gestreckt und in ihrer rechten Hand hält sie – für eine Frau im Barock ungewöhnlich ein Trompeteninstrument von etwas eigenwilliger Form und Länge. Sie neigt ihren Kopf nach hinten, wo sie einen stattlichen Mann in soldatischer Tracht erblickt. Dieser scheint von der jungen Dame überwältigt zu sein. Dabei hält er seine rechte Hand, im Gestus der Bewunderung, an seine Brust. Die Szenerie findet in einem öffentlichen, aber dennoch begrenzten Raum statt, der sich aus einem Laubbaum und Rankenwände für Blumen bildet. Im linken unteren Bildrand steht geschrieben: „Behüt dich Gott!“.

Dieser Kommentar kann ein versteckter Hinweis auf die Geschichte des Bildes sein. „Behüt dich Gott“ ist der Titel einer bekannten Arie aus der Oper „Der Trompeter von Säkkingen“ von 1884. Der Ursprung dieser Liebesgeschichte liegt in einer alten Erzählung, die 1854 von dem Schriftsteller Joseph Victor von Scheffel niedergeschrieben und neu interpretiert wurde. Ein Liebespaar aus unterschiedlichen Gesellschaftsschichten kämpft um ihre Liebe und gegen ihre widersprechende Familie. Das Lied „Behüt dich Gott“ handelt von der enttäuschten Zuneigung des Protagonisten, bevor es zu einer glücklichen Wendung in der Handlung kommt. 

Rechts erkennt der Betrachter in kleinformatigen Bildern das Erfurter Rathaus und den Angerbrunnen. Darunter stehen in Druckbuchstaben die Worte „Gruß aus der Blumenstadt Erfurt“ – ein Verweis auf die Tradition des Anbaus von Blumen und Pflanzen in Erfurt. Bereits im 11. Jahrhundert wurde Waid angepflanzt, der zur Herstellung von blauer Farbe genutzt wurde und Erfurt damit zur führenden Exportstätte für Textilfarbe verhalf. Im 18. Jahrhundert eröffnete die erste Handelsgärtnerei und im 19. Jahrhundert weitere Samenzuchtbetriebe – darunter das Haus N. L. Chrestensen, das bis heute besteht. In dieser Zeit entstand der 1875 abgeschlossene Bau des neuen Rathauses. Und auch der Angerbrunnen konnte 1890 als Wahrzeichen einer fortschrittlichen Großstadt eröffnet werden.

Für den Betrachter dieser Postkarte werden zwei Bildthemen miteinander dargestellt: Die erfüllte, wahre Liebe und das Wachstum einer aufstrebenden Stadt durch den Blumenhandel. Verknüpft der Betrachter diese Bilder mit dem Zitat Goethes, dann werden Blumen gewissermaßen zur Sprache der  Natur. Sie sind eine Form, Empfindungen auszudrücken, die der Menschen nicht in Worte fassen kann. Und Erfurt als Blumenstadt erweist sich als charmantes Geschäftsmodell, um die Schönheit der Natur zu vervielfältigen. Ob sich die mit unserer Postkarte bedachte "Liebe Frieda" dadurch über den offenbar wiederholten "Abschied" von Erfurt zu trösten vermochte, wissen wir leider nicht …

Valentinstag

Der Brauch, Blumen zu verschenken, reicht bis in die Antike zurück. Vor der Göttin der Ehe, Juno, wurden Blumen niedergelegt, und zu diesem Fest durften Jünglinge ihre Auserwählte mit einer Blume schmücken. Auch in der christlichen Religion wird der 14. Februar als Tag der Ehe gefeiert. Er ist nach dem Priester Valentin aus Terni benannt, der nach christlichem Ritus heimliche Trauungen vornahm und aus diesem Grund als Märtyrer hingerichtet wurde.

Die Geste des Schenkens von Blumen steht heute für die Zuneigung zu einem Partner oder liebgewonnenen Menschen und macht den Valentinstag trotz seines unglücklichen Namenspatrons für uns wertvoll.

Quelle des Goethe-Zitats: (J. W. Goethe: Briefe an Charlotte Stein. Bd. 1, Kap. 32, Abschn. 313. 24.03.1979)

Valentinstag-Tipp: Geschichte liebevoll erlebt im Stadtmuseum "Haus zum Stockfisch"

Im Stadtmuseum findet am Sonntag, den 14. Februar von 10:30 bis 17:00 Uhr eine Valentinstags-Veranstaltung statt: Mit Rosen, Sekt und spannenden Entdeckungen für Alt- und Jung-Verliebte und ihren Anhang. Dafür gilt ein attraktiver Sondertarif, bei dem Paare sich gegenseitig einladen können, so dass jeweils nur eine Person zahlt, während die andere freien Eintritt genießt.

Um 11 Uhr findet eine Führung mit dem Direktor der Geschichtsmuseen Dr. Anselm Hartinger statt. Thema ist: „Kann denn Liebe Sünde sein? Liebe, Keuschheit und Sinneslust im Wandel der Jahrhunderte.“ Gleichzeitig gibt es das Kinderprogramm „Wilde Kerle“, „Weiber“ und „Wänster“ mit der Museumspädagogin Karin Breitkreuz, bei dem Kinder spielerisch Sagen und Geschichten neu entdecken können. Später erfahren Sie mehr über Liebespaare in Erfurt. Diese Führung beginnt um 15 Uhr mit der Kuratorin Frau Noll-Reinhardt und dem Titel „Wild oder zahm. Erfurter Paare im Stadtmuseum“. Zur selben Zeit findet wieder das Kinderprogramm „Wilde Kerle“, „Weiber“ und „Wänster“ statt. Zusätzlich lädt das Museum zu einem Memory-Spiel auf allen Etagen ein.