Versammlung der Geister
Seit 1991/92 werden anlässlich historischer oder aktueller Jubiläen oder Ereignisse große Performances auf dem Erfurter Domplatz vor der imposanten Kulisse der beiden mächtigen Kirchen inszeniert. So auch in diesem Jahr aus Anlass des Jubiläums des Erfurter Fürstenkongresses.
Hier kommt es 1808 zu einem verbürgten Treffen zwischen Napoleon und Goethe. Der Kaiser lässt sich von Monsieur Gäth, wie er ihn nennt, beeindrucken. Mit wem allerdings hat der Kaiser damals in Erfurt gesprochen: mit dem Menschen Goethe, mit dem Dichter oder dem Minister des weimarschen Großherzog? Auf jeden Fall – Goethe ist beeindruckt, bewundert Napoleon und wird ihn Zeit seines Lebens gegen alle Angriffe verteidigen. Im Jahr 2008 kommen die "Geister" der Herren Napoleon und Goethe wieder zusammen, diesmal auf den Domstufen. Der Geist Goethes kommt in Erinnerung an das Lob auf den Dichter, das er von Napoleon 1808 in Erfurt vernahm. Ihn beeindrucken die Elogen auf seine Dichtkunst sowie Interesse und Kenntnisse Napoleons bezüglich seines "Werthers". Der Geist Napoleons eilt nach 200 Jahren zu den Domstufen, weil er in Erfurt damals etwas vergaß und verlor. Ausgezogen war er einst mit den Idealen der Freiheit und Gleichheit, die er nach Europa bringen wollte. Aber diese grandiose Idee eines Europas der freien Völker ging in den vielen Kriegen Napoleons verloren.
Findet er als Geist eine Erklärung für das, was er als Mensch vergaß? Beide Geister sind auf der Suche. Sitzen nun auf den Domstufen, sind vergeistigt in ihren Erfahrungen, 200 Jahre weiser und suchen. Der eine immer wieder Anerkennung und der andere seine verlorene Idee. Denn Napoleon ist natürlich enttäuscht und verbittert, dass er nun in den Büchern des Jahres 2008 nicht als der Retter Europas hingestellt wird. So beginnt ein Dialog der beiden Geister mit viel Witz, Wissen und Information über die Zeiten und was von diesen im Jahr 2008 geblieben ist, aber auch mit höchster gegenseitiger Achtung. Allerdings hemmt den Dialog die Eitelkeit beider Protagonisten. Außerdem stören drei weitere Feingeister die Selbstbeweihräucherungen. Dieses sind der legendäre Karl Theodor von Dalberg, ehemals Mainzer Statthalter in Erfurt und Fürstprimas und – hier wird es spannend: zwei Damen der erfurt-weimarschen High Society, die sich über diese Männer und ihre Welt austauschen.
So stellen sich - angeregt durch die Ereignisse im Jahre 1808 - Sinnfragen zu den Begriffen Freiheit - Gleichheit - Brüderlichkeit, aber auch zum Glauben und den Glauben an humanistische Ziele. Mit diesen Geistern kommt die Ethik und Moral wieder und auch neu zu Wort. Insbesondere wenn deutlich wird, dass in diesem Geist, im wahrsten Sinne des Wortes, die Zukunft liegt.
Auch optisch und akustisch verspricht die Inszenierung ein einzigartiges und spektakuläres Schauspiel zu werden, in dem Künstler und Darsteller, mit der Musik, dem Lichtdesign, großen Projektionen, Laser und weiteren Effekten eine Symbiose eingehen und dabei eine ernsthafte Geschichte unterhaltsam und gegenwärtig erzählen.
Der Abend allerdings beginnt um 20 Uhr mit den "Boten der Nacht" Informationen zum Fürstenkongress 1808 und der Zeit die durch die Künstler mit passender Musik illustriert wird. Insgesamt wird der Abend durch mehr als 100 Künstler auf den Domstufen mit schönen, ästhetischen und atemberaubenden Aktionen innerhalb der Inszenierung bestritten. Wie zu allen Inszenierungen aus dieser Reihe besteht auch in diesem Jahr wieder die Hoffnung, dass die Menschen auf dem Domplatz einiges an Informationen und Gefühl mit nach Hause nehmen und dass die Stadt mit dieser besonderen Performance an diesem einzigartigen Ort ein unverwechselbares Kunstereignis anbietet, welches in die Stadt und auch überregional ausstrahlt.
Auch in diesem Jahr ist der Eintritt für dieses Projekt wieder frei. Dies ist den Sponsoren - Sparkasse Mittelthüringen - Stadtwerke Erfurt - Albatros GmbH und vielen Förderern zu verdanken. Für Essen und Trinken ist auf dem Domplatz gesorgt.