Bauhaus100 – Baudenkmale der Moderne

Wer mit offenen Augen durch die Stadt geht, begegnet dem Bauhaus zu jeder Zeit und an vielen Ecken. Denn in der Landeshauptstadt sind viele markante Akzente und charakteristische Gebäude des sogenannten „Neuen Bauens“ zu finden, dass sich vom Bauhaus und dem damaligen Zeitgeist inspirieren ließ.

Neues Bauen in Erfurt

Collage mit drei Häusern im bauhaus-Stil
Foto: Hamburger Block, der KKH-Isolierpavillon von Innen sowie das Haus Schellhorn (v.li.) Foto: © Stadtverwaltung Erfurt

Typisch für dieses „Neue Bauen“ waren reduzierte Gebäudeformen ohne Bauzier und Ornamente, Flachdächer, aufgelöste Gebäudeecken, hochtransparenten Stahl-Glas-Fassaden, lange horizontale Fensterbänder und die „Auflösung der tragenden Wand“.

Getragen von der Geschäftigkeit der großen Metropolen, von Fortschrittsoptimismus und einem sozialpolitischen Neugestaltungswillen entfaltete sich die Architektur der Moderne seit Mitte der 20er Jahre in Erfurt, wo Stadtväter und Bürger die moderne Architektur als angemessenen Ausdruck des florierenden „Neuen Erfurt“ willkommen hießen. Sie trieben die großstädtische Entwicklung nicht nur wirtschaftspolitisch und stadtplanerisch voran: In der „City“ entstanden damals Geschäftsbauten mit von Fensterbändern durchzogenen Fassaden und stromlinienförmig gerundeten Baukörpern. Beispiele dafür sind das Haus Schellhorn in der Neuwerkstraße oder das Haus des Deutschen Handlungsgehilfen-Verbandes (DHV) am Anger 81.

ein Häuserblock
Foto: Hansa-Block in Erfurt Foto: © Bauhaus-Universität Weimar

Auch das Gebäude der Sparkasse am Anger 25 gehört zu den bedeutendsten Bauten der klassischen Moderne in Erfurt. Der großzügige Bankenbau mit geräumiger Schalterhalle wurde ebenfalls 1929 erbaut. Weitere Bürohäuser, Varietés und andere Vergnügungsstätten hielten Einzug. Auf eine größtmögliche Reklamewirkung abzielende gläserne Türme, Leuchtschriften und andere Licht-Elemente sorgten für ein nächtliches Straßenbild, das die Gebäude moderner wirken ließ als ihre Erscheinung am Tage (z. B. DHV-Haus). Anlagen des sozialen Wohnungsbaues entstanden außerdem. Der Flensburger, der Hamburger und der Hansa-Block sind, obwohl sie bis zu 200 Mietswohnungen fassen, architektonisch einheitlich gestaltet worden. Damals in dem neuen Stil gebaute Villen, Krankhaus- und Verwaltungsbauten sind teils in Form beeindruckender Beispiele erhalten geblieben, wie zum Beispiel das AOK-Verwaltungsgebäude in der Augustinerstraße.

Erhaltung und Schutz dieser besonderen Baudenkmale fällt in den Verantwortungsbereich der Unteren Denkmalschutzbehörde der Stadt Erfurt. Allerdings gelingt Denkmalpflege nur, wenn möglichst viele dieses Anliegen mittragen. Die verantwortungsvollste Rolle kommt den Eigentümern der Gebäude und Anlagen zu. Die Denkmalschutzbehörde unterstützt sie möglichst umfassend und berät beispielsweise zu Fördermöglichkeiten. So sind dank engagierter Eigentümer in den letzten Jahren wertvolle architektonische Zeugnisse der Bauhaus-Zeit gerettet, instand gesetzt oder restauriert worden.

Stadtplan: Bauhausdenkmale

12 authentische Orte der Moderne

Ansicht eines farbigen Treppengeländers
Foto: Treppenhaus im Hansa-Block Foto: © Stadtverwaltung Erfurt/Denkmalbehörde

Oftmals waren die Baumaßnahmen mit bauhistorischen Entdeckungen verbunden: Experten wissen schon lange, dass die moderne Architektur der Bauhaus-Zeit nur vermeintlich rein und weiß war – ein Mythos, der maßgeblich durch die Finessen der damaligen künstlerischen Schwarz-Weiß-Fotografie genährt wurde. Beteiligte Restauratoren brachten teils kunterbunte Fassaden zum Vorschein oder aber ein äußerlich schlicht gestalteter Bau überraschte durch mit kräftigen Farben ausgestalteten Innenräumen.

1. Hansa-Block

Beim Hansa-Block an der Eugen-Richter-Straße, der 2016/17 durch die KoWo mbH einer umfassenden Sanierung unterzogen wurde, konnten beispielsweise nicht nur die Wohnungseingangstüren der Bauzeit (1929/30) erhalten werden, sondern sie wurden – wie auch die stählernen Treppengeländer – in ihre ursprüngliche knallig blau und rote Farbgebung zurückversetzt.

Foto: KKH, Privatklinische Station Foto: © Stadtverwaltung Erfurt/Denkmalbehörde

2. Ehemaliges Katholischen Krankenhaus

Ähnlich Sehenswertes wurde im ehemaligen Katholischen Krankenhaus wiederhergestellt, das vor einigen Jahren in ein stadtzentrales Wohnquartier umgebaut wurde. Hier überraschte 2013 die auf den Erfurter Architekten Karl Meinhardt zurückgehende Farbigkeit der Fassade der ehem. „Privatklinischen Station“ (Puschkinstraße 4).

Das Gestaltungskonzept in grün, blau und gelb wurde wiederhergestellt. Der Volksmund hat dem Haus deshalb die Bezeichnung Villa Kunterbunt gegeben.

Foto: KKH, Treppenhaus von 1924 Foto: © Stadtverwaltung Erfurt/Denkmalbehörde

Ein vom selben Architekten 1924 ausgestaltetes Treppenhaus in einem anderen Krankenhausgebäude des Areals ließ der dortige Investor – die Euphoria GmbH Weimar – freilegen und aufarbeiten und wiederherstellen (2013/14).

Grüner Terrazzo, gelber Stuckmarmor, rotes Linoleum und blaugraue Wandfarbe machen den Raumeindruck der Bauhaus-Zeit wieder erlebbar.

Foto: DHV-Haus bei Nacht Foto: © Stadtverwaltung Erfurt/Stadtarchiv

3. DHV-Haus

Am DHV-Haus wurde bereits 1999 im Zuge einer Gesamtsanierung die „Lichtarchitektur“ des DHV-Haus, ehemals Poliklinik Mitte rekonstruiert und leuchtet seitdem eine aufwändige Neonröhrenanlage wieder in den nächtlichen Anger hinein

Foto: DHV-Haus Foto: © Stadtverwaltung Erfurt/Denkmalbehörde

Dieses 1929 errichtete Gebäude ist Erfurts ältestes Hochhaus. Mit sechs Etagen und 21 Metern Höhe überschritt es die damalige Bauordnung um drei Meter.

Das denkmalgeschützte Gebäude wurde saniert und 2001 durch einen Neubau zum heutigen „Anger Entree“ ergänzt.

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