1664 – 1800 | Unter kurmainzischer Herrschaft

Die Zeit der kurmainzischen Herrschaft bringt unter schweren Rückschlägen nur eine allmähliche Erholung. Eine entscheidende Verbesserung der wirtschaftlichen Lage gelingt trotz der Bemühungen einzelner kurmainzischer Statthalter nicht. Auch die Universität setzt bei unbestreitbar großen Leistungen in Einzelnem ihren langsamen Abstieg fort.

17. Jahrhundert

1664

(5. Oktober) Gewaltsame Unterwerfung der Stadt nach Belagerung durch das Heer des Erzbischofs, dem 15.000 Soldaten, darunter 6.000 Franzosen, angehören. Die Stadt verliert ihr umfangreiches Landgebiet sowie wichtige Bereiche der kommunalen Selbstverwaltung und damit auch ihre über Jahrhunderte erfolgreich verteidigte Unabhängigkeit.

1664

(6. Oktober) Unter Glockengeläut rücken die Belagerungstruppen in die Stadt ein. Zuvor wird die Zitadelle der Cyriaksburg durch münsterische Truppen eingenommen, während mainzische Truppenteile alle übrigen Befestigungsanlagen besetzen.

1664

(12. Oktober) Kurfürst Johann Philipp von Schönborn hält feierlichen Einzug in „seiner“ Stadt Erfurt. Er nimmt wie seine mittelalterlichen Vorgänger auf dem Petersberg Quartier und bleibt bis zum 18. Dezember. In dieser Zeit schafft er die Grundlagen zur neuen Verwaltung des kurmainzischen Erfurter Staates. Johann Philipp von Schönborn weilt noch zweimal in Erfurt, vom 6. bis zum 20. März und vom 25. März bis zum 28. April 1667.

1664

(15. Oktober) Im Lager vor Erfurt (Bindersleben) wird die Kapitulationsurkunde der Stadt Erfurt von dem Mainzer Bevollmächtigten Philipp Ludwig von Reiffenberg und dem französischen General Franz von Pradel einerseits und von 26 Mitgliedern des Erfurter Rates andererseits unterzeichnet.

1664

(28.Oktober) Rat und Bürgerschaft von Erfurt leisten dem Mainzer Erzbischof Johann Philipp von Schönborn, dem neuen Landherren von Erfurt, den Huldigungs- und Treueeid.

1664 bis 1667

Kurmainzischer Statthalter: Philipp Ludwig Freiherr von Reiffenberg, 1667 abgesetzt wegen Verrats am Kurfürsten, Misswirtschaft und moralischen Vergehens, auf Lebenszeit eingekerkert, stirbt 1686.

1665

Mit der Stadt- und Landesordnung vom 5. März 1665 wird die Stadtverfassung und -verwaltung neu geregelt. Als oberste staatliche Behörde in der Stadt fungiert die kurmainzische Regierung, an deren Spitze ein Statthalter steht. Die Aufgaben und Befugnisse des städtischen Rates werden eingeschränkt, seine Mitglieder vom Landesherrn ernannt.

1665 bis 1726

Bau der Befestigungsanlage des Petersberges als kurmainzische Zwingburg im Zuge der stärkeren Wiedereingliederung Erfurts in Kurmainz nach Plänen von A. Petrini. Erste Anlage mit 8 Bastionen im neuitalienischen System; Kommandantenhaus, Kasernen und Außenwerk um 1707/26 im Zuge weiteren Anbaus nach Entwürfen von Maximilian von Welsch im Vaubanschen System mit Grabenscheren, Kasematten, Kaponnieren, Minen und Glacis, Ravelins, Lünetten und Hornwerk. 1814/73 Umbau nach preußischem Befestigungssystem.

1667 bis 1674

Kurmainzischer Statthalter: Friedrich von Greiffenklau zu Vollrads; wirkt nach 1674 als Vizedom im Rheingau.

1667

(25. September) Mit fünf Chorprofessen wird im bisherigen Magdalenerinnenkloster am Anger, in dem nur noch vier betagte Schwestern leben, ein Konvent des Ursulinenordens gegründet. Der Orden widmet sich der Erziehung der weiblichen Jugend.

1668

(8. April) Johann Ambrosius Bach und Maria Elisabeth Lämmerhirt, die Eltern Johann Sebastian Bachs, zwei Erfurter, heiraten in der Kaufmannskirche.

1669

Der Rat der Stadt errichtet in den Baulichkeiten des ehemaligen Augustinerklosters ein Evangelisches Waisenhaus.

1669

Ein in diesem Jahr nachweisbarer in Erfurt gedruckter „Continuierter Erffurtischer Extraordinairer Postreuter von Anno 1679“ beweist, dass es in Erfurt bereits Zeitungen gibt.

1675

Kurmainzischer Statthalter: Johann Heinrich Daniel Freiherr Ritter von Groenestein.

1675 bis 1679

Kurmainzischer Statthalter: Anselm Franz Freiherr von Ingelheim, 1679 Kurfürst und Erzbischof von Mainz.

1678

Johann Pachelbel (1653 bis 1706), bedeutender und bekannter Musiker, in Erfurt. Zwischen 1678 und 1690 als Organist an der Predigerkirche tätig. Mit seinem kompositorischen kirchlichen, aber auch weltlichen Musikschaffen verlagert sich der Schwerpunkt der Orgelmusik in den thüringisch-sächsischen Raum.

1679 bis 1697

Kurmainzischer Statthalter: Johann Jakob Waldbott von Bassenheim. Er stirbt 1697 und wird in der Wigbertkirche beigesetzt.

1680

Mit Einführung der Stadtlagerbücher werden die Grundstücke innerhalb jeder Spezialgemeinde fortlaufend mit Nummern versehen, ohne dass jedoch die Hausnamen ihre Bedeutung verlieren.

1682

(22. April) Von Eger kommend, zieht die kaiserliche Besatzung der Zitadelle auf dem Petersberg in Erfurt ein. Das kaiserliche Regiment bleibt bis zum Ende des mainzischen Kurstaates in Erfurt.

1682/1683

Die schlimmsten Pestjahre, die Erfurt je erlebt hat, raffen allein 1683 8.792 Menschen (etwa 53 % der Gesamtbevölkerung) – neben 647 an anderen Krankheiten Verstorbenen – dahin. Nach 1683 wird Erfurt nicht mehr von der Pest heimgesucht.

1685

(26. März) Johann Alexander Thiele, Landschaftsmaler wird in Erfurt geboren. Er gehört zu den Begründern der Landschaftsmalerei und widmet sich ins besondere thüringischen und sächsischen Gegenden. Als Hofmaler wirkt er in Arnstadt und Dresden, wo er am 22. Mai 1752 verstirbt.

1685

(4. Juli) Johann Christian Reichart, der Begründer des Erfurter Erwerbsgartenbaus, geboren. Seine Ideen und Bemühungen werden verallgemeinert und in seiner eigenen Gärtnerei angewandt und weitervermittelt. Er entwickelt das System der achtjährigen Fruchtfolge: Gemüse- und Feldfrüchte werden im Wechsel angebaut und damit das Gemüsefeld geboren. Durch neue intensive Produktionsmethoden und bessere Düngung kann Reichart höhere Erträge erzielen. Große Aufmerksamkeit widmet er dem Brunnenkresseanbau und der Samenzucht. Er veröffentlicht das sechsbändige Werk „Land- und Gartenschatz“. Am 30. Juli 1775 stirbt er in Erfurt.

1689

(2. März) Der Wunderarzt Johann Andreas Eisenbart erlangt das Bürgerrecht und praktiziert für zwei Jahre als „Stadtarzt zu Erfurt“, bevor er 1691 weiterzieht.

1690/91

August Hermann Francke (1663-1717) Diakonus an der Augustinerkirche. Aus Erfurt vertrieben, gründet er 1695 die Franckeschen Stiftungen in Halle.

1697

Weihe des barocken Hochaltar des Domes. Er ist vorwiegend ein Werk des Heiligenstädters Johann Andreas Gröber.

1697

“Der hinten und forne wohlgepuckelte hinckende Staatsbote“, eine Zeitung, beginnt in Erfurt zu erscheinen, später in „Staatsbote“ umbenannt. Im Wechsel damit erscheint von 1722 bis 1734 der „Geschichts-Kourir“, der danach als „Europäischer Geschichts-Kourir“ herauskommt.

1699 bis 1702

Kurmainzischer Statthalter: Gottlieb Philipp Josef Faust von Stromberg. Er wirkte als Propst an St. Marien und stirbt 1702. Er wird im Erfurter Dom beigesetzt.

1. Hälfte des 18. Jahrhunderts

1702 bis 1717

Kurmainzischer Statthalter: Philipp Wilhelm Reichsgraf von Boineburg (beigesetzt in Erfurt, St. Wigbert). Er bemüht sich, Missstände in der Verwaltung zu beseitigen und das Wirtschaftsleben in der Stadt neu zu beleben. Größere Erfolge zeigen sich jedoch erst nach Jahrzehnten.

1704

Zur Förderung und Belebung des Gewerbes und des Handels wird vom kurmainzischen Statthalter von Boineburg in Erfurt eine Kommerziendeputation gegründet. Mit Gewährung von Konzessionen und Privilegien werden Manufakturen unterstützt, die sich auf neue Gewerbe gründen.

1705/1706

Es entsteht, südlich an den Rathausturm angrenzend und an der Rathausgasse liegend, das sogenannte Neue Rathaus, in das aber vorwiegend kurmainzische Dienststellen, nicht städtische, einziehen.

1705 bis 1711

Bau des kurmainzischen Waage- und Packhofes auf dem Anger. Fränkisch beeinflusster Barockbau mit reichem plastischem Schmuck. Im Giebeldreieck St. Martin, Schutzpatron der Stadt. Seit 1883 Städtisches Museum. Die bisherige Waage und die Lagerhäuser in der Waagegasse werden aufgegeben. Alle Waren, die nach Erfurt kommen, müssen hier ausgelegt und verzollt werden.

1711 bis 1720

Bau der Statthalterei in der Regierungsstraße 7 – Wahrzeichen des kurmainzischen Erfurt, später Sitz der preußischen Regierung. Mittelbau und Westflügel entstehen ab 1711 unter Statthalter Boineburg nach Plänen des kurmainzischen Architekten Maximilian von Welsch in den Formen des süddeutschen Barocks unter Einbeziehung der Häuser „Zum Stolzen Knecht“ und „Zur Güldenen Flechte“. Von 1664 bis 1699 hat die kurmainzische Regierung im „Haus zur Himmelspforte“, Marktstraße 6, residiert. 1694/95 erwirbt der Statthalter das 1540 erbaute Renaissancehaus „Zum Stolzen Knecht“, das mit dem „Haus zur Güldenen Flechte“ einen repräsentativen Komplex bildet.

1715

Neubau der Nikolaikirche in Melchendorf nach gotischem Vorgängerbau. 1899 Erweiterung der Kirche durch Querhaus. 1945 Zerstörung von Turm und Chor durch Bombenangriffe. Danach Wiederaufbau.

1715

Der Maler Jacob Samuel Beck in Erfurt geboren. Mit seinen Stillleben, Porträts, biblischen Szenen und Stadtlandschaften wirkt er nachhaltig auf das Erfurter Kunstschaffen ein. 1735 bis 1776 entstehen in seinem Atelier in der Johannesstraße 36 Ölbilder des „Erfurter Totentanzes“, ein aus 56 Gemälden bestehender Zyklus, der bei einem Brand des Evangelischen Waisenhauses im Jahre 1872 vernichtet wird.

1717 bis 1732

Kurmainzischer Statthalter: Friedrich Wilhelm Freiherr von Bicken (in der Wigbertkirche beigesetzt).

1718

Laurentius Silberschlag gründet in der Rosengasse am Löbertor eine Fayencefabrik, die 1724 durch Johann Paul Stieglitz weitergeführt und vergrößert wird. Sie besteht bis 1792. Ihre farbenprächtigen Erzeugnisse finden im In- wie im Ausland Absatz.

1726

Johann Conrad Taschner gründet in der Paulstraße 14 eine der ältesten Wollmanufakturen der Stadt. Sie zählt über einen langen Zeitraum zu den bedeutendsten Unternehmen dieses Wirtschaftszweiges in Erfurt. Das Tuchgewerbe gehört schon bald zu den vorherrschenden Produktionszweigen in der Stadt.

1726

Neubau der Vitikirche in Gispersleben unter Einbeziehung mittelalterlicher Bauteile. 1853 neuer Turmabschluss der Kirche mit Laternen. 1904 und 1976 Innenerneuerung.

1728

Die von dem 1717 verstorbenen Statthalter von Boineburg der Universität Erfurt geschenkte bedeutende Bibliothek seines Vaters wird in einem im Brühl neuerbauten Gebäude (Gelände von Mainzerhofplatz 12) der Öffentlichkeit übergeben. 1768 wird diese „Bibliotheca Boineburgica“ im Packhof am Anger aufgestellt.

1728

Johann Jacob Adlung (1699 bis 1762), überregional bedeutender Musiktheoretiker. Ab 1728 wirkt er als Organist an der Predigerkirche. Als Professor lehrt er am Erfurter Ratsgymnasium Theologie und Logik.

1732 bis 1760

Kurmainzischer Statthalter: Anselm Franz Ernst Freiherr von Warsberg (in der Wigbertkirche beigesetzt).

1735

Ein Dorfbrand vernichtet die Kilianikirche in Gispersleben. 1742 bis 1744 Neubau des Turmes und 1790 bis 1792 des Langhauses der Kirche. 1831 umfassende Baureparaturen und Anbau des Altarraumes. 1980 bis 1982 Bau des Gemeindezentrums Martin Niemöller.

1735

Eröffnung des katholischen Krankenhauses im Brühl (heute Ecke Gorkistraße/Brühler Straße) zunächst mit 10 Betten.

1736

(21. Oktober) Eine große Feuersbrunst zerstört zwischen dem heutigen Domplatz, dem Rathaus und der Predigerkirche über 188 Wohnhäuser sowie die Pfarrkirche Martini intra an den „Langen Stegen“. Der Schaden beläuft sich auf über 147.150 Taler.

1736

Erfurt wird durch die Wahl des Erfurter Medizinprofessors Andreas Elias Büchner zum Präsidenten für fast ein Jahrzehnt auch Sitz der noch heute wirkenden „Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina“.

1737

In der Schlösserstraße entsteht ein Barockbau als neues Jesuitenkolleg.

1737 bis 1743

Bau der Lukaskirche in Bindersleben. 1944 schwere Beschädigung durch Luftangriff. 1991 bis 1992 umfassende Arbeiten zur Rettung der Kirche.

1738

Sidonie Hedwig Zäunemann (1711 bis 1740), kaiserlich gekrönte Dichterin, in Erfurt geboren. 1738 erscheinen ihre gesammelten Gedichte unter dem Titel „Poetische Rosen in Knospen“, die die Sehnsucht nach Freiheit und Gleichberechtigung in der bürgerlichen Gesellschaft der Aufklärungszeit zum Ausdruck bringen.

1741

Die Kartoffel wird in Erfurt bekannt. Die Frau des Diakonus Magister Christian Lossius führt sie ein.

1742

Erstmals kommt das „Ordinaire Zeitungs-Journal in Erfurt“ heraus, das wöchentlich dreimal erscheint und – wohl wegen der Konkurrenz der „Erfurter Ordinari Post-Zeitung“ – um 1770 eingestellt wird.

1745

Einheitlicher Bau der Elisabethkirche in Stedten.

1745

Johannes Hieronymus Schröter wird in Erfurt geboren. Als Astronom befasst er sich mit den Dimensionen der Fixsterne Ceres und Pallas, liefert eine Beschreibung der Oberfläche des Mondes und untersucht die physische Beschaffenheit des Merkur. Gestorben 1816 in Erfurt.

1746

Ab dem Januar erscheint das erste Erfurter Intelligenzblatt (Bekanntmachungs- und Anzeigenblatt) unter dem Titel „Wöchentlicher Erfurtischer Anfrag- und Nachrichten-Zettel“.

1749

Nur in drei Erfurter Dörfern wird noch Waid angebaut. Mit dem weiteren Rückgang des Waidanbaus ist ein verstärkter Anbau von Getreide verbunden. Umfangreich ist der Handel mit agrarischen Produkten wie Anis, Mohn, Getreide sowie Gemüse.

1750

Gründung des evangelischen Krankenhauses am Lindenweg. Es wird 1764 mit zwei Krankenräumen und acht Betten eröffnet. 1822 erweitert, ist es der Vorgänger der 1882 errichteten städtischen Krankenanstalten an der Nordhäuser Straße.

2. Hälfte des 18. Jahrhunderts

1754

(5. Januar) Die erste Nummer der „Erfurtischen gelehrten Nachrichten“ erscheint; diese Zeitschrift wird unter verschiedenen Titeln bis 1803 fortgesetzt.

1754

(19. Juli) Erlass des Mainzer Kurfürsten Johann Friedrich Karl von Ostein über die Gründung und Genehmigung der Kurmainzischen Akademie nützlicher Wissenschaften. Sie ist eine der frühesten Gründungen solcher gelehrten außeruniversitären Forschungsinstitute. Sie beeinflusst neben der Universität das geistige und kulturelle Leben der Stadt.

1755

In Nachfolge der ehemaligen Kommerziendeputation wird durch den kurmainzischen Statthalter Warsberg eine Merkantildeputation ins Leben gerufen, die zur weiteren Förderung von Wirtschaft, Handwerk und Handel beitragen soll. Der Deputation gehören u. a. Johann Daniel Christoph Freiherr von Lincker, Johann Gottfried von Spoenla und Johann Arnold von Bellmont an. Ideengeber ist der Jenaer Professor Joachim Georg Darjes. Die kameralistische Politik der Deputation scheitert nach wenigen Jahren am Widerstand Handwerksinnungen und an den durch den Siebenjährigen Krieg hervorgerufenen Zwängen.

1756 bis 1763

Im Siebenjährigen Krieg zwischen Preußen und Österreich wird die Stadt, ohne größeren Schaden zu nehmen, mehrfach von beiden Kriegsparteien eingenommen. Die Kriegslasten- und -schäden belaufen sich auf über drei Millionen Taler.

1756

Gründung des Botanischen Gartens an der Gartenstraße durch die Universität, die Erfurter Akademie und die Erfurter Blumengesellschaft. Er bietet die Möglichkeit, systematisch Zuchtarbeit auf dem Gebiet des Blumenanbaus zu betreiben.

1756

Jakob Platz, Gründer der ersten großen Erfurter Samen-Exportfirma, eröffnet ein Geschäft in der Johannesstraße 93. Die Handelsgärtnerei beschäftigt sich mit der Anzucht von Levkojen, Lack, Astern, Sommergewächsen, Stauden, Rosen, Obst- und Zierbäumen, Sträuchern und der Anzucht von Gemüsesamen. Für ihre Verdienste um den Gartenbau erhält die Firma 1779 das kurmainzische Privileg. Die Gärtnerei Platz versendet bereits im Jahr 1788 den ersten von Erfurt ausgehenden Samenkatalog.

1756

Eröffnung eines Klinikums der Universität zur unentgeltlichen Behandlung von Stadtarmen (1781 öffentliche Anstalt, 1832 aufgelöst).

1756

Johann Christian Kittel (1732-1809), ein hervorragender Orgelvirtuose, Komponist und Musiktheoretiker, einer der letzten und besten Schüler Bachs, ist ab 1756 als Organist in Erfurt, zuletzt in der Predigerkirche, tätig.

1757

Der erste Band der „Acta Academiae Electoralis Moguntinae Scientiarum utilium quae Erfordiae est“ erscheint. Die Zeitschrift ändert zweimal ihren Titel; bis zu ihrem Ende im Jahre 1809 erscheinen 18 Bände.

1762

Gründung einer Tabakmanufaktur in der Marktstraße 50 von Livinus van Wynendhal, einem Kaufmann aus Brüssel. 1776 wird sie von Ludwig Hoffmann und Friedrich Triebel übernommen.

1763 bis 1766

Kurmainzischer Statthalter: Karl Joseph Adolf Lukas Freiherr Schenk von Schmidtburg (in der Wigbertkirche beigesetzt).

1763

Der Kaufmann Johann Anton Lucius (1742 bis 1810) gründet auf der Langen Brücke 57/58 eine Wollzeugmanufaktur, die sich zu einem führenden Unternehmen der Tuch- und Wollzeugproduktion entwickelt.

1766 bis 1770

Kurmainzischer Statthalter: Karl Wilhelm Joseph Adam Freiherr von Breitbach zu Bürresheim (in der Wigbertkirche beigesetzt).

1768

(28. April) Im Collegium maius, jetzt „Collegium Anselmianum“ genannt, werden aus Anlass der Reform der Universität Promotionen aus allen Fakultäten in feierlicher Form begangen.

1769

Christoph Martin Wieland (1733 bis 1813) hält als Professor der Erfurter Universität von 1769 bis 1772 Vorlesungen über Philosophie, Ästhetik und Geschichte.

1770

(8. Mai) Dr. Johann Bartholomäus Trommsdorff, bedeutender Professor der Erfurter Universität und einer der größten Chemiker und Pharmazeuten seiner Zeit, wird geboren. Nach seiner Lehre als Apotheker übernimmt er 1790 die väterliche Schwanringapotheke auf dem Anger neben der Lorenzkirche. Von 1793 bis 1834 gibt er 53 Bände des „Journals der Pharmacie“ heraus. Gründer einer der ersten Fabriken für pharmazeutische Artikel. Verstorben am 8. März 1837 zu Erfurt.

1770

Gründung der ersten Freimaurerloge „Sincera Concordia“ in Erfurt.

1771

Infolge einer Missernte und der dadurch ausgelösten Hungersnot kommt es zu Krawallen gegen den Bürgermeister Hadelich, dem man – wahrscheinlich zu Unrecht – spekulative Geschäfte mit Getreide zu Last legt.

1771 bis 1802

Kurmainzischer Statthalter: Carl Theodor Anton Maria Kämmerer von Worms, genannt von Dalberg, 1802 Kurfürst und Erzbischof von Mainz, 1806 Fürstprimas, später Großherzog von Frankfurt, gestorben 1817 als Bischof von Regensburg. Förderer der kulturellen Bestrebungen in Erfurt, besonders der Akademie gemeinnütziger Wissenschaften. Dalberg zieht u. a. Goethe, Schiller, Wieland, Herder und Wilhelm von Humboldt in seinen Kreis. Mit Dalberg endet 1802 die Reihe der kurmainzischen Statthalter in Erfurt.

1772

Nicolaus Heinrich Dornheim, ein bedeutender Erfurter Porträt- und Landschaftsmaler, in Erfurt geboren. Als „Maler der Erfurter Stadtlandschaft“ bezeichnet. Er schafft zahlreiche Zeichnungen und Gemälde, die realistische Vorstellungen des alten Erfurt aus der Zeit vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis zu seinem Tode (9. August 1830) vermitteln.

1772

Der Pädagoge Christian Gotthilf Salzmann (1744 bis 1811) ist von 1772 bis 1781 Pfarrer an der Andreaskirche. 1786 gründet er die Anstalt der „Philantropen“ in Schnepfenthal.

1773 bis 1775

Der aus Buchen im Odenwald stammende Joseph Martin Kraus (1756 bis 1792), späterer bedeutender Komponist und schwedischer Hofkapellmeister, studiert in Erfurt Jura.

1774

Mit der Aufhebung des Jesuitenordens wird deren 1611 gegründete Schule in ein katholisches Gymnasium, das nach dem damaligen Mainzer Erzbischof „Gymnasium Emmericianum“ genannt wird, umgewandelt. Die Schule hat sich seit 1733 auf dem Grundstück „Zum Starkenhof“ in der ehemaligen Rosengasse zwischen der heutigen Schlösserstraße und der Krämpferstraße bei der Lorenzkirche befunden.

1776

Goethe, erst seit wenigen Wochen in Weimar ansässig, verlebt die ersten Tage des Jahres 1776 in Stedten in dem Schlosse der Grafen von Keller. Wieland hat ihn dort bei der ihm bekannten Auguste von Keller eingeführt. Das Schloss Stedten wird nach dem 2. Weltkrieg im Zuge der „Bodenreform“ abgerissen.

1777

Der Erthal-Obelisk auf dem Domplatz wird anlässlich des ersten Aufenthaltes des Mainzer Erzbischofs und Stadtherren Erfurts, des Kurfürsten Friedrich Josef von Erthal, von der Stadt und den Bürgern errichtet.

1777

Der spätere preußische Generalfeldmarschall August Wilhelm Neithardt von Gneisenau (1760 bis 1831) studiert von 1777 bis 1780 in Erfurt.

1780

Johann Wilhelm Häßler (1747-1822), bereits mit 14 Jahren Organist an der Barfüßerkirche, leitet ab 1780 die auf hohem künstlerischem Niveau stehenden ersten öffentlichen Konzerte in Erfurt mit Werken von Bach, Händel, Telemann und Mozart. In den Jahren 1790 bis 1792 musiziert er gelegentlich mit Joseph Haydn in London und geht darauf als kaiserlich russischer Kapellmeister nach Moskau.

1784

An der Südwestecke des Domplatzes in der Nähe der großen Domtreppe wird der älteste, noch erhaltene Brunnen Erfurts errichtet. Bekrönt ist er mit der Statue der Minerva, der Städtebeschützerin. Er ist der letzte der ehemals 53 öffentlichen Laufbrunnen, die der Trinkwasserversorgung der Stadt dienten.

Ab 1786

Die durch den Statthalter Dalberg eingerichteten Assembleen werden allwöchentlich dienstags von 17 bis 20 Uhr in den Repräsentationsräumen des Statthaltereigebäudes durchgeführt.

1786

Gründung der Kurfürstlichen Zeichenschule aufgrund einer Anregung Johann Georg Wendels. Dieser wird ihr erster Leiter. Die Schule dient der Ausbildung des Handwerkernachwuchses. Sie wird 1835 reorganisiert und 1881 geschlossen.

1787

Gründung einer Hebammenlehr- und Entbindungsanstalt im Hintergebäude des Hauses „Zum Rosenbaum“, Michaelisstraße 30, nachdem schon 1778 bei der Universität ein Lehramt zum Unterricht der Hebammen eingerichtet worden ist. Das Institut ist Vorgänger der 1880 erbauten Landesfrauenklinik.

1789

(27. August) Verkündung der Menschenrechte in Paris. Die Verbreitung eines im Erfurter Buchhandel auftauchenden „Journals für Menschenrechte, Volksrecht und Volksglück“ veranlasst die kurmainzische Regierung, die Zensurmaßnahmen zu verschärfen.

1789

Friedrich Schiller verlobt sich mit Charlotte von Lengefeld im Dacherödenschen Haus, Anger 37/38.

1790

In Erfurt bestehen 8 Manufakturen für Wollwaren und 7 für Bänder.

1791

(25. September) Aufführung des „Don Carlos“ im Ballhaus in der Futterstraße, inszeniert durch die Gesellschaft des Weimarer Hoftheaters, unter Beisein des Dichters.

1791

Wilhelm von Humboldt vermählt sich mit Caroline von Dacheröden im Haus ihres Vaters, des ehemaligen preußischen Kammerpräsidenten von Dacheröden (Anger 37/38), einem Doppelhaus aus den Gebäuden „Zum Goldenen Hecht“ und „Zum Großen und Neuen Schiff“. Am 3. Januar 1791 wird Schiller zum Mitglied der Akademie nützlicher Wissenschaften zu Erfurt ernannt. 1791 wird auch Alexander von Humboldt Mitglied, sein Bruder Wilhelm von Humboldt 1794.

1792

Protest von Erfurter Bauern gegen den Einsatz des kurmainzischen Erfurter Regiments „von Knorr“, in dem zahlreiche Bauernsöhne des Erfurter Landgebietes dienen, gegen die französische Revolutionsarmee.

1792

Die Vierhundertjahrfeier der Universität wird feierlich begangen. Die Jubiläen 1492 und 1592 waren nicht gefeiert worden, 1692 hatte man eine in bescheidenem Rahmen gehaltene Feier gehalten.

1794 bis 1796

Der Jurist und Journalist Georg Friedrich Rebmann (1768 bis 1824) hält sich Erfurt auf. Hier erscheint die erste Nummer seiner Zeitschrift „Neues graues Ungeheuer“. Seine jakobinischen Schriften erregen Aufsehen und Argwohn; sie führen zur polizeilichen Untersuchung und veranlassen ihn zur Flucht nach Paris.

1794

33 Mainzer „Clubbisten“ und 24 Offiziere der französischen Revolutionsarmee werden als Geiseln auf der Festung Petersberg interniert.

1795

Die Erfurter Bürger Johann Adam Gottschalk und Moritz Brauer gründen gemeinsam mit dem französischen Emigranten und Schuhmacher Ludwig Soller im Haus „Zum Schweinekopf“ am Anger 39 die erste zentrale Produktionsstätte für Schuhwerk.

1799

In diesem Jahr kommt Goethe nach Erfurt, um sich die Fronleichnamsprozession anzusehen. Zu den Erfurter Fronleichnamsprozessionen strömen alljährlich Tausende von Schaulustigen aus dem thüringischen Umland. Die Prozession in dieser Form wird letztmals 1801 durchgeführt, 1802 sind die Formen bereits vereinfacht, danach wird der Umgang für lange Zeit gar nicht mehr durchgeführt.