1933 – 1945 | Im Zeichen des Hakenkreuzes

Die Jahre nach 1933 unterwerfen auch Erfurt den Bedingungen der Diktatur einer Partei. Der Zweite Weltkrieg bringt Not und Tod, bei zahlreichen Bombenangriffen werden 1.500 Menschen getötet und schwere Schäden im Stadtbild bewirkt. Am 12. April 1945 wird Erfurt von US-amerikanischen Truppen besetzt.

Inhaltsverzeichnis

bis 1940

1933

Nach Errichtung des Hitler-Regimes am 30. Januar bestimmt die NSDAP die Geschicke der Stadt. Die kommunale Selbstverwaltung wird beseitigt. In der Feldstraße 18 wird im April eines der ersten Konzentrationslager errichtet.

1933

(18. Juni) Adolf Hitler hält sich in Begleitung des ungarischen Ministerpräsidenten Gömbös und des Reichsinnenministers Frick in Erfurt auf. Es ist der einzige Besuch, den Hitler Erfurt während der Jahre 1933 bis 1945 abstattet.

1933

(20. Oktober) Die Stadtverordnetenversammlung beschließt den Kauf der Wasserburg Kapellendorf durch die Stadt Erfurt.

1933 bis 1934

Theodor Pichier (NSDAP) Oberbürgermeister der Stadt Erfurt.

1933 bis 1939

Die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt wird in wachsendem Maße von der Kriegsvorbereitung der Hitlerdiktatur bestimmt. Bei Bindersleben entsteht ein Militärflughafen. Im Süden und im Südosten werden umfangreiche Kasernenanlagen errichtet.

1934

(29. Mai bis 3. Juni) 1. Reichsnährstandsausstellung (40. Reichsschau der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft) auf dem Alten Flugplatz am Roten Berg.

1934/35

Am Fischmarkt und in der Rathausgasse entstehen ein weiterer Anbau an das Rathaus und die Sparkasse. Die Entwurfsskizzen stammen von Stadtoberbaurat Johannes Klaß. Der plastische Schmuck stammt von dem Erfurter Bildhauer Hans Walther. Das 1945 zerstörte Wandgemälde hat die Münchener Malerin Luise Klempt geschaffen.

1935

(16. Januar) Der Komponist Richard Wetz, 1875 in Gleiwitz (Oberschlesien) geboren, stirbt in Erfurt, wo er seit 1906 gelebt hat. Hier sind seine großen Werke entstanden (u. a. drei Sinfonien, ein Requiem, ein Weihnachtsoratorium, viele Chorwerke und Lieder).

1935 bis 1936

Dr. Max Zeitler (NSDAP) Oberbürgermeister der Stadt Erfurt.

1936

(19. Juni) Der Umzug der Stadtbibliothek aus dem ehemaligen Packhof am Anger in das Collegium maius wird mit einem Festakt abgeschlossen. Das Collegium maius erfährt damit wieder eine seiner ursprünglichen Zweckbestimmung würdige Nutzung.

1936/38

Am Rande der Stadt entstehen die Hungerbach- und die Cyriaksiedlung.

1936 bis 1945

Walter Siegfried Kießling (NSDAP) (1892 bis 1966) Oberbürgermeister der Stadt Erfurt.

1936 bis 1938

Restaurierung des Augustinerklosters (Kirche, Kreuzgang mit Sakristei und Kapitelsaal, Bibliothek, Obergeschoss) unter maßgeblicher Beteiligung des Architekten Theo Kellner.

1937

Ein Neubau für die Innere Abteilung des Städtischen Krankenhauses entsteht.

1937

(5. bis 7. Juli) 19. Deutscher Historikertag in Erfurt. Vorträge halten u. a. die Historiker Otto Höfler, Erich Maschke, Heinrich Ritter von Srbik.

1938

Die Stadt ist zu einer der größten Garnisonen des Deutschen Reiches geworden.

1938

(1. April) Eingemeindung der Dörfer Hochheim (2.750 Einwohner) und Melchendorf (1.750 Einwohner).

1938

Während der gewaltsamen Ausschreitungen der so genannten „Kristallnacht“ vom 9. zum 10. November brennen Mitglieder der SA die Synagoge am Kartäuserring nieder, viele jüdische Männer werden verhaftet und misshandelt. Die Verschleppung und Vernichtung der jüdischen Bürger setzt ein.

1939

(Mai) Einweihung des neuen Dienstgebäudes der Preußischen Regierung zu Erfurt in der Hindenburgstraße (heute: Arnstädter Straße). Der Bau ist im Herbst 1936 begonnen und nach Plänen des Architekten Wilhelm Pook durchgeführt worden. Heute ist das Gebäude der Sitz des Thüringer Landtages.

1939

In der Stadt werden 8 Stellen zur Ausgabe von Bezugsscheinen für Spinnstoffwaren und Schuhwerk für Einzelverbraucher errichtet; Seifenkarten und Karten für Hausbrandkohle werden eingeführt. Alle für die städtischen Dienststellen vorgesehenen Luftschutzmaßnahmen treten in Kraft, die völlige Verdunkelung der Gebäude in den Abend- und Nachtstunden wird angeordnet. Die ersten 300 Verwundeten von Schlachtfeldern in Polen werden im Erfurter Standortlazarett (13. September) untergebracht.

1939 bis 1942

Errichtung der Thüringenhalle nach Plänen der Architekten Ahrens und Crienitz durch das Bürgerschützencorps unter finanzieller Beteiligung der Stadt Erfurt. Rohbauabnahme ist am 25. Juli 1942.

ab 1940

1940

Errichtung und Weihe der Georgskapelle in Daberstedt.

1940

(17. August) Erster Bombenangriff auf Erfurt. Die Schwerpunkte der Zerstörung liegen im Bereich Großgarage Radowitzstraße (Iderhoffstraße), Baumerstraße, Gneisenaukaserne und Johannesring (Juri-Gagarin-Ring).

1941

Bau einer Versammlungshalle (Thüringenhalle) neben dem Schützenhaus.

1944/45

(9. Juli) Bombenangriff auf Erfurt. Die Schwerpunkte liegen im Bereich der Magdeburger Straße.

1944

Auch in Erfurt ertönen immer häufiger die Luftschutzsirenen, je näher die Front kommt. Öffentliche Luftwarnung, später Kleinalarm genannt, wechselt mit Fliegeralarm. Von 24 Stunden verbringt die Bevölkerung durchschnittlich 8 bis 10 Stunden im Luftschutzraum. Die Lebenslage der Bevölkerung der Stadt verschlechtert sich spürbar.

1944

(20. Februar) Bombenangriff auf Erfurt. Die Schwerpunkte der Zerstörung liegen im Bereich Meineckestraße, Brühler Herrenberg, Brühler Hohlweg, Heinrichstraße, Ottostraße, Günterstraße, Borntal, Hahnegarten, Peterborn, Grünstraße, Schlüterstraße, Boyneburgufer und Clausewitzstraße (Eugen-Richter-Straße).

1944

(20. Juli) Bombenangriff auf Erfurt. Die Schwerpunkte liegen im Bereich Junkersand (Modehaus Reibstein), Rupprechtsgasse, Pilse 12/13, Ursulinenkloster, Anger 62 (Haus Weck), Industriegebiet Ilversgehofen und Bindersleben.

1944

Auf Anordnung des Gauleiters Sauckel schließen im August das Theater und die im November 1942 gegründete Musikschule aus kriegsbedingten Gründen ihre Pforten. Am 1. September stellt die seit 95 Jahren bestehende „Thüringer Allgemeine Zeitung“ ihr Erscheinen ein. Deren Leser erhalten nun die „Thüringer Gauzeitung“.

1944

(11. November) Bombenangriff auf Erfurt. Die Schwerpunkte der Zerstörungen liegen im Bereich Futterstraße, Johannesstraße 3-5, Meienbergstraße und Neuerbeschule.

1944

(26./27. November) Bombenangriffe auf Erfurt. Die Schwerpunkte der Zerstörung liegen im Bereich Junkersand (Modehaus Reibstein), „Haus zum Schiffchen“ und „Anker“, Neue Mühle, Barfüßerschule und -kirche, Barfüßerstraße, Predigerkloster, Rathausgasse, Venedig, Gartenstraße, Löberring, Thomasstraße und Schlösserstraße.

1944

(6. Dezember) Bombenangriff auf Erfurt. Die Schwerpunkte liegen in den Bereichen Leipziger Platz und Hospitalplatz.

1945

(9. Februar) Bombenangriff auf Erfurt. Die Schwerpunkte der Zerstörung liegen in den Bereichen Michaelisstraße, Collegium maius der Alten Universität, Kreuzgasse, Kürschnergasse, Hügel, Venedig, Evangelisches Waisenhaus, Grünstraße, Pfeiffersgasse, Boyneburgufer und Wallturm 23.

1945

(19. Februar) Bombenangriff auf Erfurt. Die Schwerpunkte der Zerstörung liegen in den Bereichen Humboldtschule, Johannesstraße, Müfflingstraße (Theo-Neubauer-Straße), Moltkestraße (Thälmannstraße), Angermuseum, Franckestraße, Lange Brücke, Stunzengasse, Hundorfsgasse, Preßburger Straße (Clara-Zetkin-Straße), Epinaystraße (Windthorststraße), Weimarische Straße, Südfriedhof, Thomasstraße und Kartäuserstraße.

1945

(25. Februar) Bombenangriff auf Erfurt. Die Schwerpunkte der Zerstörung liegen in den Bereichen Nettelbeckufer, Staatsbauschule, Venedig, untere Johannesstraße, Wenigemarkt und Gartenstraße. Im Keller des Bibliotheksgebäudes des Augustinerklosters kommen 267 Menschen, überwiegend Kinder, ums Leben.

1945

(17. März) Bombenangriff auf Erfurt. Bombenschäden im Bereich Rudolfstraße und Dittelstedt.

1945

Um die Versorgung der aus den östlichen Kampfgebieten nach Erfurt geflüchteten bzw. zwangsumgesiedelten Menschen zu sichern, werden ab dem Anfang März beginnenden Lebensmittelzeitraum die Brot-, Nährmittel- und Fettzuteilungen an die Erfurter Bürger weiter erheblich gekürzt.

1945

(30. März) Bombenangriff auf Erfurt. Die Schwerpunkte liegen in den Bereichen des Südviertels, der Arnstädter Straße, der Straßburger Straße (Robert-Koch-Straße), der Herderstraße, der Melchendorfer Straße, der Schillerstraße, des Gymnasiums, der Thomaskirche, des Beethovenplatzes.

1945

(31. März) Bombenangriff auf Erfurt. Die Schwerpunkte der Zerstörungen liegen in den Bereichen Süd- und Westviertel, Dorotheenstraße, Goethestraße, Klingenstraße, Hochheimer Straße, Neuwerkstraße, Hohenzollernstraße (Alfred-Hess-Straße), Espachstraße, Friedrichstraße, Rubianusstraße, Gartenstraße, Futterstraße und Domplatz.

1945

(1. April) Einheiten der 3. US-Armee unter Befehl des Generals George S. Patton überschreiten westlich von Eisenach die thüringische Landesgrenze und nähern sich innerhalb weniger Tage dem Erfurter Gebiet.

1945

(10. April) Aufruf des Kreisleiters der NSDAP Franz Theine in der „Thüringer Gauzeitung“: „Erfurter, werdet nicht mutlos! Für Feiglinge ist kein Platz in unserer Stadt! Je näher der Feind, desto unbeugsamer unsere Haltung!“.

1945

(10. April) Gegen 14 Uhr wird Feindalarm ausgelöst. Die Bevölkerung flüchtet in die Keller und richtet sich auf ein längeres Verweilen darin ein. Tieffliegerangriffe nehmen erheblich zu. Am folgenden Tag ist die Stadt von amerikanischen Truppen eingeschlossen und liegt unter Beschuss ihrer Artillerie. Der Schwerpunkt der Zerstörungen liegt im Bereich der Marktstraße, des Rathauses, der Neuwerkstraße, der Gartenstraße, des Angerecks und des Bartholomäusturms.