Erst Nachbarn, dann Opfer und Mittäter. Führung vom Bahnhof als Deportationsort bis zu Topf & Söhne, den Ofenbauern von Auschwitz
Eine Führung im Rahmen der Denkmaltage "Entdecken, was uns verbindet"
Zwei große Deportationen im Mai und September 1942 vernichteten das jüdische Leben in Erfurt und ganz Thüringen. Eine Geschichte der Emanzipation und Integration, die im preußischen Erfurt zu Beginn des 19. Jahrhunderts begonnen hatte, wurde brutal zerstört. Ausgangs- und Endpunkt der Führung markieren beide auf ambivalente Weise die Pole dieser Entwicklung. J. A. Topf & Söhne steht genauso wie zahlreiche jüdische Unternehmen für die Entwicklung Erfurts zur Industriemetropole zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit dem Ausbau des Bahnhofs als Verkehrsknotenpunkt. Wirtschaftliche und freundschaftliche Beziehungen verbanden wie selbstverständlich auch diese Firma mit Erfurter Juden. Das war auch noch nach 1933 spürbar, als Topf & Söhne Mitarbeiter beschäftigte, die nach den "Nürnberger Rassegesetzen" von 1935 als "Halbjuden" galten.
Das lange gesellschaftliche und persönliche Miteinander hinderte die Erfurter Bürger nicht daran, zuzusehen oder sogar mitzumachen und zu profitieren, als die jüdischen Bürger im Nationalsozialismus aus ihren Wohnungen vertrieben und in "Judenhäuser" gezwungen wurden, entrechtet und vor aller Augen vom Hauptbahnhof aus deportiert wurden. Die Firma Topf & Söhne ging sogar so weit, Auschwitz, den Zentralort der Vernichtung der europäischen Juden, mit Verbrennungsöfen und Gaskammer-Lüftungstechnik auszurüsten. Und wieder spielte der Bahnhof eine Rolle, als Verladestation für die technischen Anlagen für den Völkermord.
Treffpunkt: Haupteingang Erfurter Hauptbahnhof, Willy Brandt Platz
Führungen sind kostenfrei.
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