Die Herstellung von Schofarhörnern im mittelalterlichen Erfurt
Zum Vortrag:
Um das Jahr 1420 entdeckte die jüdische Gemeinde Erfurts, dass ihre Schofarhörner, welche Juden zu rituellen Zwecken am jüdischen Neujahrsfest blasen, unbrauchbar waren. Eine Erfurter Werkstatt von Christen hatte in Zusammenarbeit mit Juden für Jahrzehnte monopolartig Schofarhörner für die Juden des gesamten Reichsgebietes hergestellt und nun waren diese Hörner plötzlich nicht mehr für das nahende Neujahrsfest verwendbar.
Der Vortrag wird den historischen Hintergründen dieses Skandals nachspüren, wichtige Details der Schofarproduktion erläutern und die ökonomischen Motivationen der beteiligten Personen hinterfragen. Dieser Schofarskandal gilt als Testfall für die jüdisch-christlichen Beziehungen im spätmittelalterlichen Erfurt, belegt eine rege jüdische Handwerkstätigkeit und fand in einer Krisenzeit der jüdischen Gemeinden Thüringens statt.
Zur Person:
Andreas Lehnertz ist Postdoc-Forschungsstipendiat mit dem Schwerpunkt Sozial-, Kultur-, Wirtschafts- und Religionsgeschichte im Europa des Mittelalters. Er interessiert sich für alltägliche jüdisch-christliche Beziehungen, für hebräische und jiddische Rückvermerke an Urkunden, für die frühe jiddische Überlieferung, für jüdische und allgemeine Siegelpraktiken, für jüdische und christliche Eidesleistungen, für jüdische und christliche Kriminalgeschichte sowie für jüdische und christliche Handwerker. Im Jahr 2018 schloss er seine Promotion an der Universität Trier mit einer Studie über „Judensiegel im spätmittelalterlichen Reichsgebiet. Beglaubigungstätigkeit und Selbstrepräsentation von Jüdinnen und Juden“ ab. Andreas Lehnertz forscht derzeit zu jüdischen (und christlichen) Handwerkern im mittelalterlichen Europa.