Lange Nacht der Museen im Erinnerungsort Topf & Söhne: Hellwach für Menschenrechte

05.05.2023 18:00 – 05.05.2023 22:00

„Hellwach“ lautet das Motto zur Erfurter Langen Nacht der Museen. Am Erinnerungsort steht an diesem Abend die Frage im Zentrum: Was können wir aus der Geschichte über Antisemitismus, Antiziganismus und Rassismus lernen, um heute hellwach zu sein für ungeteilte Menschenrechte? Bewegende und eindrückliche Geschichten aus Vergangenheit und Gegenwart vermitteln jüdisches Leben im Nationalsozialismus aus der Sicht einer Teenagerin, die Bedeutung des Kriegs gegen die Ukraine für die Minderheit der dort lebenden Roma und die Rolle des geplanten Gedenkortes für die Opfer des NSU am Thüringer Landtag im Kampf gegen Rassismus, Rechtsextremismus und Rechtsterrorismus.

Blick in die Ausstellung MIRIAMS TAGEBUCH. Die Geschichte der Erfurter Familie Feiner
Blick in die Ausstellung MIRIAMS TAGEBUCH. Die Geschichte der Erfurter Familie Feiner Foto: © Stadtverwaltung Erfurt/Erinnerungsort Topf & Söhne
05.05.2023 22:00

Lange Nacht der Museen im Erinnerungsort Topf & Söhne: Hellwach für Menschenrechte

Genre Veranstaltung
Veranstalter Stadtverwaltung Erfurt, Erinnerungsort Topf & Söhne
Veranstaltungsort Erinnerungsort Topf & Söhne, Sorbenweg 7, 99099 Erfurt

Programm

Musikalische Begrüßung mit Lev Guzman an der Bratsche

18:00 | 18:30 | 19:00 Uhr

„Stets gern für Sie beschäftigt, …“ Dokumentarfilm zu J. A. Topf & Söhne

Der Film erzählt die Geschichte des Familienunternehmens J. A. Topf & Söhne, die in Erfurt im 19. Jahrhundert begann und bis in die Krematorien von Auschwitz führte. Die Bilder von den ehemaligen Arbeitsplätzen der Geschäftsführer und Ingenieure in den über 100 Jahre alten, verlassenen Betriebsgebäuden sind Momentaufnahmen aus einer Zeit, bevor aus dem verwahrlosten Verwaltungsgebäude der Erinnerungsort Topf & Söhne wurde.

Diese Bilder bezeugen die Kontinuität eines gewöhnlichen Firmenalltags über 1945 hinaus und damit die Verweigerung, sich mit der Mittäterschaft an der Shoah auseinanderzusetzen. Im Film treten sie in einen Dialog mit Dokumenten, die vom Denken und Handeln der Menschen an diesen Arbeitsplätzen berichten, und mit Bildern aus den Konzentrationslagern Buchenwald und Auschwitz, die die Folgen dieses Handelns sichtbar machen.

18:00 | 20:00 Uhr

Jugendliche des Theaters Die Schotte lesen aus „Miriams Tagebuch“

Jugendliche, so alt wie damals Marion (später Miriam) Feiner, lesen Auszüge aus ihrem Tagebuch: Ein heranwachsendes Mädchen berichtet über Alltag, Wünsche und Entscheidungen in einer Zeit, in der Antisemitismus und Gewalt gegen Jüdinnen und Juden vom nationalsozialistischen Staat organisiert und von vielen in der Gesellschaft mitgetragen und umgesetzt wurden.

18:30 | 20:30 Uhr

Ausstellungsführung Miriams Tagebuch. Das Schicksal der Erfurter Familie Feiner

Persönliche Dokumente und Fotos aus dem Familienbesitz machen das Schicksal einer jüdischen Familie aus Erfurt sichtbar, die durch die Verfolgung und Vernichtung im Nationalsozialismus zerstört wurde und deren Töchter durch die Auswanderung nach Palästina ihr Leben retten konnten.

19:00 Uhr

Gespräch mit Renata Conkova, RomnoKher Thüringen e.V., zu Situation und Perspektiven der aus der Ukraine vertriebenen Roma

„Hellwach für Menschenrechte“ heißt für uns, im Kontext des Krieges gegen die Ukraine den Blick auf die Minderheit der Roma zu richten. Rund 400.000 von ihnen leben in der Ukraine, ihre Diskriminierung und gewaltsame Übergriffe gegen sie haben sich unter den Bedingungen des Krieges verstärkt. Während die Männer im Krieg kämpfen, sind ihre binnenvertriebenen Familien oft von Informationsflüssen und Hilfslieferungen abgeschnitten. Ins Ausland geflüchtete Angehörige der Minderheit erhalten von privater wie von staatlicher Seite zum Teil nicht dieselbe Unterstützung wie andere Geflüchtete. Angesichts der langen Geschichte des Antiziganismus in Europa und der Radikalisierung der Verfolgung bis zur Vernichtung im Nationalsozialismus ist es eine besondere Verantwortung der deutschen Gesellschaft, für die Menschenrechte der Minderheit der Roma einzutreten.

Im Gespräch mit Renata Conkova werden Situation und Perspektiven der aus Ukraine vertriebenen Roma in Thüringen thematisiert. Als Mitarbeiterin bei RomnoKher Thüringen e.V., dem 2017 gegründeten Landesverband der Thüringer Sinti und Roma, betreut sie viele der aus der Ukraine nach Thüringen geflüchteten Roma und steht mit Roma in der Ukraine in Kontakt. Sie wird darüber berichten, was der Krieg gegen die Ukraine für die Minderheit der Roma bedeutet, unter welchen Bedingungen die Geflüchteten in Thüringen leben und welche Hilfe sie brauchen.

20:00 Uhr

Ausstellungsgespräch Ein Gedenkort für die Opfer des NSU am Thüringer Landtag

Zwischen 1999 und 2007 ermordete die rechtsextremistische Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) aus rassistischen Motiven zehn Menschen: Enver Şimşek, Abdurrahim Özüdoğru, Süleyman Taşköprü, Habil Kılıç, Mehmet Turgut, İsmail Yaşar, Theodoros Boulgarides, Mehmet Kubaşık, Halit Yozgat und Michèle Kiesewetter. Mit Blick auf die Herkunft der Täter/- innen Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe aus Thüringen und die schwerwiegenden Versäumnisse der eigenen Sicherheitsbehörden hat der Thüringer Landtag im September 2017 die Errichtung eines Gedenkorts für die Opfer beschlossen. Nach einem Gestaltungswettbewerb der Thüringer Staatskanzlei hat ein Preisgericht im Oktober 2022 den 1. Preis an die Arbeit Schattenwurf der Künstler/- innen Dagmar Korintenberg und Wolf Kipper zusammen mit dem Landschaftsarchitekturbüro realgrün vergeben. Der Gedenkort soll 2024 vor dem Landtag auf dem Beethovenplatz in Erfurt realisiert werden.

Die dialogische Führung durch die Sonderausstellung „Ein Gedenkort für die Opfer des NSU am Thüringer Landtag. Präsentation der Ergebnisse des Gestaltungswettbewerbs“ informiert über Konzeption und Planungen für diesen Gedenkort und stellt ausgewählte Entwürfe vor, darunter den Siegerentwurf. Diskutiert werden soll, was das Denkmal für die Opfer und ihre Angehörigen, für die Demokratie und für den Rechtsstaat bedeutet und welche Rolle es im Kampf gegen Rassismus, Rechtsextremismus und Rechtsterrorismus einnehmen kann.

20:00 - 22:00 Uhr

Virtual Reality: Die Große Synagoge Erfurt (1884-1938) in der VR-Brille

Die Große Synagoge wurde 1884 am Kartäuserring (heute Juri-Gagarin-Ring/ Max-Cars-Platz) geweiht. Das imposante Gotteshaus war der religiöse und kulturelle Mittelpunkt einer lebendigen und selbstbewussten jüdischen Gemeinde, die entscheidende Impulse für die Entwicklung der Stadt Erfurt setzte.

In der Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 zerstörten die Nationalsozialisten die Große Synagoge, verschleppten die jüdischen Männer in das nahe KZ Buchenwald und griffen jüdische Geschäfte an. Aus der Entrechtung und Verfolgung von Jüdinnen und Juden wurde massenhafte direkte Gewalt, die letzten Räume selbstbestimmten jüdischen Lebens in Erfurt wurden zerstört.

Modernste Technik macht es nun möglich, die virtuell rekonstruierte Große Synagoge wieder besuchen zu können. Mithilfe einer Virtual Reality-Brille kann der Raum individuell, interaktiv und wie in Originalgröße erkundet werden. Audios, Fotos und ein Film vermitteln ein reichhaltiges Wissen über jüdische Religion und Kultur als einen wichtigen Teil unserer Stadtgeschichte.

Die Nutzung der VR-Brille ist im Gehen, Stehen oder im Sitzen möglich. Die technische Handhabung wird in einer Einführungsstation in der VR-Brille vermittelt und durch geschultes Personal unterstützt.

Für Ihren Besuch im Erinnerungsort Topf & Söhne können Sie mit Ihrem Lange-Nacht-Ticket kostenfrei den Pendelbus 1 nutzen:

  • Anger (vor Hauptpost): ab 17:35, 18:35, 19:35, 20:35, 21:35 Uhr
  • Erinnerungsort Topf & Söhne: an 17:42, 18:42, 19:42, 20:42, 21:42 Uhr
  • Erinnerungsort Topf & Söhne: ab 17.45, 18:45, 19:45, 20:45, 21:45 Uhr
  • Anger (vor Hauptpost): an 17:52, 18:52, 19:52, 20:52, 21:52 Uhr