Allgemeinverfügung zum Verbot der nächtlichen Inbetriebnahme von Mährobotern auf dem Gebiet der Stadt Erfurt
§ 1 Geltungsbereich
Der Geltungsbereich dieser Allgemeinverfügung umfasst das gesamte Stadtgebiet der Landeshauptstadt Erfurt.
§ 2 Verbot der nächtlichen Inbetriebnahme von Mährobotern
- Zum Schutz von Igeln und anderen kleinen Wirbeltieren ist der Betrieb von Mährobotern in der Zeit von einer halben Stunde vor Sonnenuntergang bis einer halben Stunde nach Sonnenaufgang des folgenden Tages verboten (Angaben zum genauen Zeitpunkt des jeweiligen Sonnenauf- bzw. Sonnenuntergangs in Erfurt sind beispielsweise abrufbar unter www.wetterdienst.de/Deutschlandwetter/Erfurt).
- Mähroboter (auch: Rasenmähroboter; Rasenroboter) im Sinne dieser Allgemeinverfügung sind alle Serviceroboter, die selbsttätig (nicht ferngesteuert) eine vorgegebene Fläche mähen können.
§ 3 Ausnahmen und Befreiungen
- Das Verbot aus § 2 Abs. 1 dieser Allgemeinverfügung gilt nicht für den Betrieb von Mährobotern
- in geschlossenen Räumen,
- auf Gründächern (Grünflächen auf Dächern).
- Eine Ausnahme von dem Verbot aus § 2 Abs. 1 dieser Allgemeinverfügung ist durch die Untere Naturschutzbehörde der Stadt Erfurt auf Antrag zu erteilen, wenn nachgewiesen wird, dass im konkreten Einzelfall keine Gefahr für Leib und Leben von Igeln und anderen kleinen Wirbeltieren durch den Einsatz eines Mähroboters entsteht.
- Eine Befreiung von dem Verbot aus § 2 Abs. 1 dieser Allgemeinverfügung kann durch die Untere Naturschutzbehörde der Stadt Erfurt auf Antrag entsprechend § 67 Abs. 1, 3 BNatSchG erteilt werden, wenn
- dies aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer und wirtschaftlicher Art, notwendig ist oder
- die Durchführung der Vorschriften im Einzelfall zu einer unzumutbaren Belastung führen würde und die Abweichung mit den Belangen von Naturschutz und Landschaftspflege vereinbar ist.
- Der Antrag auf Erteilung einer Ausnahme gemäß Abs. 2 bzw. Befreiung gemäß Abs. 3 ist beim Umwelt- und Naturschutzamt der Stadt Erfurt per E-Mail (umweltamt@erfurt.de), schriftlich oder zur Niederschrift (Stauffenbergallee 18, 99085 Erfurt) einzureichen.
§ 4 Sofortige Vollziehung
Die sofortige Vollziehung von § 2 Abs. 1 dieser Allgemeinverfügung wird angeordnet.
§ 5 Hinweis
Verstöße gegen § 44 Abs.1 Nr.1 Bundesnaturschutzgesetz – BNatSchG - als Verletzung oder Tötung eines besonders geschützten Tieres stellen Ordnungswidrigkeiten dar, welche mit einem Bußgeld von fünf bis zu fünfzigtausend Euro geahndet werden können (§ 69 Abs. 2 Nr. 1, 7 BNatSchG).
Wer entgegen dieser von der Unteren Naturschutzbehörde Erfurt getroffenen vollziehbaren Anordnung zuwiderhandelt, handelt gem. § 35 Abs. 1 Nr. 7 des Thüringer Gesetzes für Natur und Landschaft –ThürNatG - i.V.m. § 69 BNatSchG ordnungswidrig. Ordnungswidrigkeiten nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 bis 9 können mit einer Geldbuße bis zu fünfzigtausend Euro geahndet werden.
§ 6 Inkrafttreten
Diese Allgemeinverfügung tritt am Tag nach ihrer Bekanntmachung in Kraft.
Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erhoben werden (§ 70 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO). Der Widerspruch ist an die Landeshauptstadt Erfurt, Stadtverwaltung, Umwelt- und Naturschutzamt, Stauffenbergallee18, 99085 Erfurt zu richten; er kann schriftlich, in elektronischer Form oder zur Niederschrift erhoben werden. Die Einlegung des Widerspruchs mittels einfacher E-Mail genügt hingegen nicht den Anforderungen an die Schriftform.
Erfurt, den 02.07.2025
Landeshauptstadt Erfurt
Im Auftrag
gez.
Lummitsch
Leiter Umwelt- und Naturschutzamt
In verschiedenen europäischen Ländern wurde in den letzten Jahrzehnten eine Bestandsabnahme des Braunbrustigels (Erinaceus europaeus) beobachtet. Die 2020 aktualisierte Rote Liste der Säugetiere[1] zeichnet für Deutschland ein vergleichbares Bild. Igeln, früher überall zahlreich vertreten, wird dort ein erheblicher Rückgang attestiert. Exemplarisch zeigen Langzeitzählungen überfahrener Igel in Bayern, dass die Anzahl der Totfunde in den letzten ca. 40 Jahren um ca. 80 % zurückgegangen ist[2], was nicht auf effektive Schutzmaßnahmen, sondern einen generellen Rückgang der Bestände zurückgeführt werden muss.[3] Die Ursachen für den Bestandsrückgang sind vielfältig. Einer der gravierendsten Gründe sind fehlende Insekten als Hauptnahrungsgrundlage des Igels infolge Pestizideinsatz, Lichtverschmutzung und Lebensraumverlust. Eine weitere Ursache ist das Fehlen geeigneter Lebensräume in der freien Landschaft. Dort mangelt es häufig an Hecken und Gebüschen, in denen die Tiere tagsüber schlafen, ihre Nester für den Winterschlaf bauen und ihre Jungtiere aufziehen können. In der Folge weichen Igel häufig – weg von der freien Landschaft – in städtische Ersatzlebensräume aus, z. B. Grün- und Parkanlagen, Friedhöfe oder Gärten. Es wird eingeschätzt, dass die Bestände in den städtischen Bereichen mittlerweile teilweise höher sind als in der freien Landschaft, obwohl insgesamt ein starker Rückgang aller Bestände zu verzeichnen ist.
Unter anderem in Gärten werden häufig Mähroboter eingesetzt, welche eine große Gefahrenquelle für zahlreiche kleine Wirbeltiere, insbesondere für Igel, darstellen.[4] Treffen Mähroboter auf Igel bzw. andere kleine Wirbeltiere, fügen die scharfen Messer und rotierenden Klingen der Mähroboter diesen typischerweise Verstümmelungen bzw. erhebliche Verletzungen zu, was laut einer Studie des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung Berlin in 47% der Fälle den Tod zur Folge hat.[5] Anders als andere Tiere flüchten Igel bei einem (bevorstehendem) Kontakt mit Mährobotern nicht, sondern rollen sich zum Schutz mit dem Ergebnis zusammen, dass sie von dem Mähroboter überrollt und verletzt oder getötet werden. Verletzte Tiere sind hierbei meist einer sehr langen und erheblichen Leidenszeit ausgesetzt. Da Mähroboter autonom und zugleich sehr geräuscharm agieren, erfolgt der Betrieb häufig auch in der Nacht – während der Igel typischerweise auf Nahrungssuche ist. Laut einer Auswertung für das Gebiet der Stadt Leipzig wurden beispielsweise allein im Jahr 2024 ca. 400 Igel durch den Einsatz von Gartenmaschinen wie Mährobotern und Motorsensen verletzt. Zusätzlich waren nach Auskunft des städtischen Tierschutzbeirates 35 bis 40 durch Mähroboter getötete Igel zu verzeichnen.[6]
Genaue Zahlen liegen für Erfurt nicht vor. Aufgrund der vorliegenden wissenschaftlichen Ausarbeitungen und der Vergleichszahlen werden aber ähnliche Größenordnungen vermutet. Die Dunkelziffern liegen weitaus höher.
[1]Meinig, H.; Boye, P.; Dähne, M.; Hutterer, R. & Lang, J. (2020): Rote Liste und Gesamtartenliste der Säugetiere (Mammalia) Deutschlands. – Naturschutz und Biologische Vielfalt 170 (2): 73 S.
[2] Reichholf, J.H. (2015): Starker Rückgang der Häufigkeit überfahrener Igel Erinaceus europaeus in Südostbayern und seine Ursachen. – Mitteilungen der Zoologischen Gesellschaft Braunau 11: 309–314.
[3] Meinig, H.; Boye, P.; Dähne, M.; Hutterer, R. & Lang, J. (2020): Rote Liste und Gesamtartenliste der Säugetiere (Mammalia) Deutschlands. – Naturschutz und Biologische Vielfalt 170 (2): 73 S.
[4] https://wua-wien.at/tierschutz/baumanahmen-fr-wildtiere-tierschutz/2146-rasenmaehroboter-2 (abgerufen am 09.01.2025) und Meinig, H.; Boye, P.; Dähne, M.; Hutterer, R. & Lang, J. (2020): Rote Liste und Gesamtartenliste der Säugetiere (Mammalia) Deutschlands. – Naturschutz und Biologische Vielfalt 170 (2), S. 28
[5] Berger, A. Occurrence and Characteristics of Cut Injuries in Hedgehogs in Germany: A Collection of Individual Cases. Animals 2024, 14, 57 https://doi.org/10.3390/ani14010057 und Rasmussen SL, Schrøder AE, Mathiesen R, Nielsen JL, Pertoldi C, Macdonald DW (2021): „Wildlife Conservation at a Garden Level: The Effect of Robotic Lawn Mowers on European Hedgehogs (Erinaceus europaeus)“. MDPI, Animals, 11,1191.https://doi.org/10.3390/ani11051191
[6] Medieninformation Stadt Leipzig https://www.leipzig.de/presse/medieninformationen/medieninformation/schutz-von-igeln-nachtfahrverbot-von-maehrobotern-gilt
Für den Erlass der Allgemeinverfügung ist die Kreisfreie Landeshauptstadt Erfurt als untere Naturschutzbehörde örtlich und sachlich zuständig gemäß §§ 2 Abs. 4, 18 Abs. 1 ThürNatG i. V. m. §§ 3 Abs. 1, 44 Abs. 1 BNatSchG.
Die Allgemeinverfügung hat ihre rechtliche Grundlage in §§ 3 Abs. 2, 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG.
Gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ist es verboten, wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören.
Nach § 3 Abs. 2 BNatSchG überwachen die für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörden die Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Vorschriften und treffen nach pflichtgemäßem Ermessen die im Einzelfall erforderlichen Maßnahmen, um deren Einhaltung sicherzustellen, soweit nichts Anderes bestimmt ist.
Der Braunbrustigel (Erinaceus europaeus) ist gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 13 c) BNatSchG i. V. m. Anlage 1 Bundesartenschutzverordnung eine besonders geschützte und somit vom Anwendungsbereich des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG umfasste Art. Andere kleine Wirbeltiere i. S. d. Allgemeinverfügung sind etwa alle Amphibien, welche gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 13 b) aa) BNatSchG i. V. m. Anlage 1 Bundesartenschutzverordnung besonders geschützt und somit ebenfalls vom Anwendungsbereich des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG umfasst sind.
§ 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG untersagt u. a. jeden Angriff auf die körperliche Unversehrtheit, der die Verletzung oder Tötung eines geschützten Tieres zur Folge hat. Das Zugriffsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG zielt auf den Schutz der Individuen ab und ist als solches einer populationsbezogenen Relativierung unzugänglich (vgl. nur BVerwG NVwZ 2008, Beil. Heft 8, S. 54 Rn. 563; NVwZ 2010, 44 Rn. 58; OVG Magdeburg NuR 2016, 497 (499); OVG Saarlouis NuR 2017, 718 (719); OVG Münster NuR 2019, 425 (426); OVG Lüneburg Urt. v. 25.10.2018 – 12 LB 118/16, juris Rn. 211; OVG Greifswald NuR 2019, 265 (267)). Die Privilegierung aus § 44 Abs. 5 S. 2 Nr. 1 BNatSchG kommt allein Eingriffsvorhaben sowie Vorhaben im Sinne des § 18 Abs. 2 S. 1 BNatSchG zugute (vgl. Gellermann in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Werkstand: 105. EL September 2024, § 44 Rn. 9; Heugel in: Lütkes/Ewer, BNatSchG, 2. Auflage 2018, § 44 Rn. 52; Gläß in: BeckOK Umweltrecht, Giesberts/Reinhardt, 73. Edition Stand: 01.01.2025, § 44 Rn 69), weshalb auch der Signifikanzansatz aus § 44 Abs. 5 S. 2 Nr. 1 BNatSchG nicht auf andere Handlungen – hier der Betrieb von Mährobotern – übertragen werden kann.
Die Hauptaktivitätszeiten von Igeln erstrecken sich insbesondere auf Dämmerungs- und Nachtzeiten. Währenddessen suchen Igel hauptsächlich nach Nahrung. Sie sind neben Grünanlagen und Parks vor allem auch in Gärten auf Nahrungssuche. Da Mähroboter autonom agieren und dabei sehr geräuscharm sind, werden sie häufig auch in der Nacht in Betrieb genommen. Ist auf einer Grünfläche ein Mähroboter in Betrieb und stößt auf einen Igel, so verhält es sich typischerweise so, dass der Igel bei Kontakt nicht flüchtet, sondern sich zum vermeintlichen Schutz zusammenrollt. Ein Großteil der aktuell auf dem Markt erhältlichen Mähroboter-Modelle erkennen Igel (noch) nicht als Hindernis und können Igel deshalb auch nicht mit ausreichend Sicherheitsabstand umfahren. Trifft ein Mähroboter auf einen Igel, fügen die scharfen Messer und rotierenden Klingen der Mähroboter den Igeln typischerweise Verstümmelungen bzw. erhebliche Verletzungen zu, was oft sogar den Tod des Igels zur Folge hat.[7] Insbesondere im nächtlichen Betrieb von Mährobotern bzw. im Betrieb von Mährobotern zur Dämmerungszeit liegt mithin eine große Gefahrenquelle für Leib und Leben von Igeln. Durch das Verbot aus § 2 Abs. 1 dieser Allgemeinverfügung wird die Wahrscheinlichkeit der Verletzung und Tötung von Igeln und anderen kleinen Wirbeltieren durch Mähroboter und damit die Verwirklichung des Verbotstatbestands aus § 44 Abs.1 Nr.1 BNatSchG erheblich reduziert.
Das Verbot des Betriebs von Mährobotern während einer halben Stunde vor Sonnenuntergang bis eine halbe Stunde nach Sonnenaufgang des folgenden Tages, sprich während der Dämmerung und Nacht, ist gemäß §§ 3 Abs. 2, 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG erforderlich, um die Einhaltung des Zugriffsverbots aus § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG sicherzustellen. Die Generalklausel aus § 3 Abs. 2 BNatSchG kann – wie hier – insbesondere zwecks Verhütung rechtswidriger Verhaltensweisen herangezogen werden (Heß/Wulff in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht Werkstand: 105. EL September 2024, § 3 Rn. 18, m.w.N.).
Die Allgemeinverfügung zum Verbot der nächtlichen Inbetriebnahme von Mährobotern in der Zeit von einer halben Stunde vor Sonnenuntergang bis einer halben Stunde nach Sonnenaufgang des folgenden Tages verfolgt einen legitimen Zweck. Igel als hauptsächlich dämmerungs-/nachtaktive Tiere und andere kleine Wirbeltiere sollen vor der Gefahr einer Tötung oder Verletzung durch den Betrieb von Mährobotern während der Dämmerungs- bzw. Nachtzeit geschützt, die mit dem Betrieb von Mährobotern einhergehende Gefahr einer Verwirklichung des Verbotes aus § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG reduziert bzw. für die Hauptaktivitätszeit des Igels ausgeschlossen werden. Auch wenn es bei der Darlegung des legitimen Zwecks der Allgemeinverfügung nicht entscheidend hierauf ankommt, wird die Legitimität des Anliegens noch einmal dadurch untermauert, als bei Igeln ausweislich der 2020 aktualisierten Roten Liste der Säugetiere[8] generell ein erheblicher Bestandsrückgang zu verzeichnen ist. Dass Handlungsbedarf besteht, ergibt sich auch aus der Daten der Stadt Leipzig, wonach im Jahr 2024 nachweislich 35 bis 40 Igel durch Mähroboter getötet wurden (bei – u. a. aufgrund der häufig schwierigen Auffindbarkeit verletzter bzw. getöteter Igel – deutlich höherer Dunkelziffer).
Die Allgemeinverfügung zum Verbot der nächtlichen Inbetriebnahme von Mährobotern in der Zeit von einer halben Stunde vor Sonnenuntergang bis einer halben Stunde nach Sonnenaufgang des folgenden Tages stellt ein geeignetes Mittel zur Verwirklichung des vorgenannten Zwecks dar. Das Verbot des Betriebs von Mährobotern während der Hauptaktivitätszeit des Igels (Dämmerungs- und Nachtzeit) ist geeignet, die Gefahr von teilweise sogar schweren bis tödlichen Verletzungen von Igeln und anderen kleinen Wirbeltieren durch Mähroboter erheblich zu verringern bzw. – in Bezug auf die Hauptaktivitätszeit des Igels – vollständig auszuschließen.
Die Allgemeinverfügung zum Verbot der nächtlichen Inbetriebnahme von Mährobotern in der Zeit von einer halben Stunde vor Sonnenuntergang bis einer halben Stunde nach Sonnenaufgang des folgenden Tages ist weiterhin erforderlich, da mildere Maßnahmen, mit denen ein vergleichbarer Erfolg (erhebliche Reduzierung der Gefahr einer Tötung oder Verletzung von Igeln und anderen kleinen Wirbeltieren durch den Betrieb von Mährobotern bzw. in Bezug auf die Hauptaktivitätszeit des Igels: vollständiger Ausschluss einer solchen Gefahr) mit einer vergleichbaren Sicherheit und einem vergleichbaren Aufwand herbeiführt werden könnte, nicht ersichtlich sind. Der Erlass von individuellen Verboten etwa nur für den Fall, dass Verstöße gegen § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG auch tatsächlich festgestellt werden, wäre von geringerer Sicherheit (da erst bei bereits festgestelltem Verstoß gegen § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG greifend) sowie in Bezug auf eine effektive Durchsetzung des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG von deutlich höherem, in der Realität nicht zu bewerkstelligendem (Kontroll-) Aufwand. Dies gilt umso mehr, als sich verletzte Igel in der Regel verkriechen und getötete Igel häufig von anderen Tieren gefressen und deshalb regelmäßig gar nicht aufgefunden werden können. Technisch ausgereiftere Modelle von Mährobotern, welche die Tiere erkennen und den Betrieb autonom einstellen bzw. die Tiere mit hinreichendem Sicherheitsabstand umfahren, werden nach aktuellem Kenntnisstand nicht oder in nur ganz geringem Umfang auf dem Markt angeboten. Für derartige Modelle besteht die Möglichkeit der Beantragung einer Ausnahme gemäß § 3 Abs. 2 dieser Allgemeinverfügung.
Des Weiteren ist der Erlass der Allgemeinverfügung angemessen, der beabsichtigte Zweck steht nicht außer Verhältnis zu der Intensität des Eingriffs. Diese Allgemeinverfügung – insbesondere § 2 Abs. 1 dieser Allgemeinverfügung – verfolgt das Ziel eines effektiven Schutzes von Igeln und anderen kleinen Wirbeltieren vor teilweise schweren bis tödlichen Verletzung durch Mähroboter, mithin eine Verhinderung bzw. jedenfalls erhebliche Reduzierung der Gefahr einer Verwirklichung des Verbotes aus § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG. Mit § 69 Abs. 2 Nr. 1, 7 BNatSchG und der hierin festgeschriebenen Sanktionsmöglichkeit von (auch fahrlässigen) Verstößen mit Geldbuße bis zu fünfzigtausend Euro brachte der Bundesgesetzgeber zum Ausdruck, welch hohes öffentliches Interesse an der Durchsetzung einer Einhaltung dieses Verbotes besteht. Demgegenüber verbietet § 2 Abs. 1 dieser Allgemeinverfügung den Einsatz von Mährobotern nur während der Nacht- bzw. Dämmerungszeit, lässt einen Einsatz im Übrigen also völlig unberührt. Es verbleiben viele Stunden Zeit, um Mähroboter zwischen Sonnenauf- und -untergang in Betrieb zu nehmen bzw. effektiv nutzen zu können. Darüber hinaus sieht diese Allgemeinverfügung generelle Ausnahmen (§ 3 Abs. 1) sowie die Möglichkeit der Beantragung einer Ausnahme (§ 3 Abs. 2) bzw. Befreiung (§ 3 Abs. 3) von dem Verbot aus § 2 Abs. 1 dieser Allgemeinverfügung vor. Eine Erweiterung des Verbots aus § 2 Abs. 1 dieser Allgemeinverfügung auch auf die Tageszeit, was einem Komplettverbot von Mährobotern gleichkäme, würde hingegen – schon aufgrund des Umstands, dass die Hauptaktivitätszeit des Igels auf die Dämmerung bzw. Nacht fällt – voraussichtlich unangemessen stark in das individuelle Interesse an einer Nutzung von Mährobotern und die hiermit verbundenen Vorteile (z. B. Einsparung von Arbeitszeit bzw. –kosten, Vermeidung körperlichen Aufwands) eingreifen. Getätigte Investitionen in Mähroboter würden dann vollständig ins Leere laufen.
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung erfolgt im öffentlichen Interesse nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 Verwaltungsgerichtsordnung (nachfolgend: VwGO). Durch die Anordnung der sofortigen Vollziehung entfällt die aufschiebende Wirkung etwaiger Rechtsmittels.
Grundsätzlich hätte eine Klage gegen diese Allgemeinverfügung aufschiebende Wirkung. Praktisch bedeutet dies, dass die Ge- und Verbote der Allgemeinverfügung für die Dauer eines gerichtlichen Verfahrens nicht beachtet werden müssten, der Betrieb von Mährobotern während der Nacht sowie Dämmerung also fortgesetzt werden könnte und hierdurch weiterhin ein erhebliches Verletzungs- bzw. Tötungsrisiko durch den Einsatz von Mährobotern zulasten von Igeln und anderen kleinen Wirbeltieren bestünde. Das Entfallen der aufschiebenden Wirkung wird durch ein überwiegendes öffentliches Interesse der Allgemeinheit an der sofortigen Vollziehung der Allgemeinverfügung gerechtfertigt, welches gegenüber dem Interesse Einzelner an einer ungehinderten, weiteren Nutzung von Mährobotern auch während der Dämmerung und Nacht nach Abwägung sämtlicher rechtlicher und sachlicher Gesichtspunkte überwiegt. Hierbei wurde insbesondere das Interesse der Betreiber von Mährobotern an einer uneingeschränkten Nutzung sowie das Interesse an einer effektiven Verhinderung der Verwirklichung des zum Teil sogar strafbewehrten Verbotstatbestandes aus § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG durch den Einsatz von Mährobotern berücksichtigt. Der Betrieb von Mährobotern während der Dämmerungs- und Nachtzeiten begründet eine erhebliche Gefahr in Form eines gesteigerten Verletzungs- und Tötungsrisiko für Igel und andere kleine Wirbeltiere. Dies wird auch durch die schon angeführte Beispielzahlen der Stadt Leipzig untermauert (ca. 400 durch den Einsatz von Gartenmaschinen wie Mährobotern und Motorsensen verletzte sowie 35 – 40 durch Mähroboter getötete Igel im Jahr 2024). Zu berücksichtigen war weiterhin, dass Mähroboter außerhalb der Verbotszeit weiterhin – ohne dass diese Allgemeinverfügung den Einsatz insoweit beschränken würde – eingesetzt werden können. Es sind keine überwiegenden Gründe ersichtlich, die eine fortgesetzte Duldung des Betriebs von Mährobotern in der Dämmerungs- und Nachtzeit und des damit einhergehenden, vermeidbaren Verletzungs- und Tötungsrisikos für Igel und andere kleine Wirbeltiere rechtfertigen würden, bis etwa eine (häufig mehrere Jahre Zeit in Anspruch nehmende) gerichtliche Klärung erfolgt ist. Das Interesse der Allgemeinheit an der sofortigen Vollziehung der Anordnung überwiegt damit das eventuelle Aufschubinteresse der hiervon Betroffenen.
Von einer Anhörung kann nach § 1 Thüringer Verwaltungsverfahrensgesetz (ThürVwVfG) i. V. m. § 28 Abs. 2 Nr. 4 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist, insbesondere wenn die Behörde eine Allgemeinverfügung erlassen will. Hiervon wurde vorliegend Gebrauch gemacht, da der betroffene Personenkreis der Allgemeinverfügung nicht absehbar ist.
[8] Meinig, H.; Boye, P.; Dähne, M.; Hutterer, R. & Lang, J. (2020): Rote Liste und Gesamtartenliste der Säugetiere (Mammalia) Deutschlands. – Naturschutz und Biologische Vielfalt 170 (2): 73 S.
Verstöße gegen § 44 Abs.1 Nr.1 BNatSchG stellen Ordnungswidrigkeiten dar, welche mit einem Bußgeld von fünf bis zu fünfzigtausend Euro geahndet werden können (§ 69 Abs. 2 Nr. 1, 7 BNatSchG).
Bei vorsätzlicher Begehung und Betroffenheit streng geschützter Arten werden Verstöße als Straftat (Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe) verfolgt (§§ 69 Abs. 2 Nr. 1, 71 Abs. 1 BNatSchG).
Wer entgegen dieser von der Unteren Naturschutzbehörde Erfurt getroffenen vollziehbaren Anordnung zuwiderhandelt, handelt gem. § 35 Abs. 1 Nr. 7 ThürNatG i.V.m. § 69 BNatSchG ordnungswidrig. Ordnungswidrigkeiten nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 bis 9 können mit einer Geldbuße bis zu fünfzigtausend Euro geahndet werden.
Zu § 2 der Allgemeinverfügung wurde die sofortige Vollziehbarkeit gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) angeordnet. Der Widerspruch hat somit keine aufschiebende Wirkung. Das bedeutet, dass Sie sich an die Anordnungen halten müssen, auch wenn Sie einen Rechtsbehelf gegen die Allgemeinverfügung eingelegt haben. Zur Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung wird auf die Bestimmungen des § 80 Abs. 4 und 5 VwGO verwiesen.
Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erhoben werden (§ 70 Abs. 1 VwGO). Der Widerspruch ist an die Landeshauptstadt Erfurt, Stadtverwaltung, Umwelt- und Naturschutzamt, Stauffenbergallee18, 99085 Erfurt zu richten; er kann schriftlich, in elektronischer Form oder zur Niederschrift erhoben werden. Die Einlegung des Widerspruchs mittels einfacher E-Mail genügt hingegen nicht den Anforderungen an die Schriftform.