DenkNadeln erinnern an ermordete jüdische Erfurterinnen und Erfurter

10.11.2009 17:43

Seit gestern, dem Jahrestag der Erinnerung an die Reichspogromnacht 1939, erinnern die ersten vier "DenkNadeln" an jüdische Erfurterinnen und Erfurter, die den Nationalsozialismus nicht überlebt haben. Im Beisein von Verwandten und im Rahmen eines sehr bewegenden Rundgangs wurden die Nadeln gestern eingeweiht.

Denknadel_Familie_Spier
Die Nadel in der Straße des Friedens 1 erinnert an das Ehepaar Dr. Hilde und Carl Ludwig Spier, die dort vor ihrer Vertreibung als angesehene Bürger wohnten. Bei der Flucht vor den Nazis brachten sie ihre beiden Kinder in Italien in Sicherheit, bevor sie in Frankreich interniert und ausgeliefert wurden. Die inzwischen 79-jährige Tochter Marianne (links im Bild) nahm gemeinsam mit ihrer guten Freundin und Buchautorin Olga Tarcali (rechts) am Rundgang teil und würdigte das Engagement der Erfurterinnen und Erfurter.  

Denknadel_Blondina_Schüftan
Nicht weniger bewegend war die Einweihung der zweiten Denknadel in der Straße des Friedens 13, die der 1942 deportierten Blondina Schüftan, der Frau des bereits 1936 verstorbenen Rabbiners, gewidmet ist, die in ihrer Wohnung das Gemeinde­leben organisierte. Dina Schüftan, die nach ihrer Groß­mutter benannte Enkelin Blondina Schüftans, kam extra aus Jerusalem nach Erfurt (hier mit einem Foto ihrer Großmutter). Sie war sehr gerührt über diese Form des Gedenkens und das große Interesse und die Anteilnahme der Erfurter Bürgerinnen und Bürger.    

Denknadel_Leopold_Stein
Die dritte Denknadel in der Puschkinstraße 16 erinnert an Leopold Stein. Der damals bereits pensionierte Lehrer unterrichtete in seiner Wohnung jüdische Kinder. Die Einweihung dieser Nadel nahm die Enkelin des engagierten Lehrers zusammen mit ihrem Mann vor. Judith Bernstein und ihr Ehemann Reiner engagieren sich in München für die Stolpersteine.    

Denknadel_Günther_Beer
Die vierte Nadel hat ihren Standort am Domplatz gefunden, sie erinnert an Günther Beer. Er war gerade erst vier Jahre alt, als er mit seiner Mutter und den Großeltern ins Ghetto Belzyce deportiert wurde, dort verliert sich seine Spur.  

Initiator der Denknadeln ist der "Arbeitskreis Erfurter GeDenken 1933 - 1945", welcher seit knapp drei Jahren die Erinnerung an verfolgte und ermordete jüdische Mitbürger im Nationalsozialismus in der Stadt fest verankern möchte. Die Mitglieder der Initiative haben Biografien erforscht und Kontakte zu noch lebenden Familien­mitgliedern geknüpft. Die Denknadel wurde im Rahmen eines künstlerischen Wettbewerbes von der Künstlerin Sophie Hollmann entworfen.  

Nächstes Jahr möchte die bürgerschaftliche Initiative weitere Denknadeln setzen. Viele Mitmenschen haben bereits Interesse signalisiert, Spenden sind immer willkommen.