Oratorium des Erfurter Komponisten wird in Weimar aufgeführt

30.10.2012 11:07

Am 2. Dezember 2012 um 16 Uhr wird in der Weimarhalle zu Weimar das "Weihnachts-Oratorium" von Richard Wetz aufgeführt werden. Damit kehrt ein Komponist, der zwar in erster Linie mit der Stadt Erfurt verbunden ist, dessen Lebensgang aber auch enge Beziehungen zu Weimar aufweist, gleichsam nach Weimar zurück.

Wie ein Sinnbild der Tatsache, dass Wetz in beiden Städten beruflich gewirkt hat, mag die Tatsache erscheinen, dass die am 2. Dezember an der Aufführung mitwirkenden Künstler und Klangkörper teils aus Erfurt, teils aus Weimar stammen. Unter Leitung von GMD Professor George Alexander Albrecht (Weimar) musizieren die Sopranistin Marietta Zumbült (Weimar), der Bariton Mario Hoff (Köln/Weimar), der Dombergchor Erfurt, der Philharmonische Chor Erfurt und das Thüringische Kammerorchester.

Mann stützt sein Kinn auf seine Hand. Darunter sieht man die Unterschrift des desselben.
Bild: Richard Wetz, ein Komponist aus Erfurt Bild: © Stadtarchiv Erfurt

Richard Wetz, 1875 im oberschlesischen Gleiwitz geboren, ließ sich 1906 in Erfurt nieder und blieb bis zu seinem Tode im Jahre 1935 in der Stadt. Vor allem als künstlerischer Leiter des Erfurter Musikvereins prägte er hier das Musikleben der Stadt wesentlich. Von 1916 bis zum Tode war er aber auch als Professor an der Staatlichen Musikhochschule zu Weimar tätig. Die in Erfurt entstandenen Werke fanden zu Wetz’ Lebzeiten und noch in den Jahren danach deutschlandweite Verbreitung. Dazu gehören drei Sinfonien, ein Violinkonzert, zwei Streichquartette, Chorwerke, Klavierlieder, ein "Requiem" (opus 50) und das "Weihnachts-Oratorium" (opus 53).
Wetz schrieb sein "Weihnachts-Oratorium" in den Jahren 1927 bis 1929. Die Uraufführung fand am 3. Dezember 1929 in Erfurt statt. Damit wurde erstmals ein großes Wetz-Werk nicht außerhalb Erfurt vorgestellt. Die Sinfonien und das "Requiem" waren in Weimar bzw. in Aachen uraufgeführt worden.
Wie um die anderen Werke von Wetz und um den Komponisten schlechthin wurde es nach 1945 auch um das "Weihnachts-Oratorium" sehr still. 1957 fand eine für lange Jahre letzte Aufführung in Aalen statt. Doch seit gut einem Jahrzehnt wenden sich Interpreten und die musikliebende Öffentlichkeit dem Werk von Wetz wiederum zu, sein hoher Wert wird erkannt und gewürdigt. Mittlerweile liegen die bedeutendsten der Werke von Wetz auch auf Tonträgern vor (Sinfonien, Violinkonzert, "Requiem", "Weihnachts-Oratorium", Chorwerke usw.)

Wetz hat für sein "Weihnachts-Oratorium" alte deutsche Gedichte, in denen das Geschehen um die Geburt Christi dargestellt wird, ausgesucht. Den zwei Solisten ist eine berichtende Rolle zugewiesen, sie bringen die Handlung voran, wohingegen der Chor mehr betrachtend, sinnend, betend eingreift.
Wetz gliedert sein Werk in drei Teile "Erwartung und Verkündigung", "Geburt Christi" und "Die heiligen drei Könige". Jeder der drei Teile wird durch eine ausdrucksstarke orchestrale Einleitung eröffnet. Die solistischen Teile sind mit den chorischen Stellen weitestgehend verschränkt. Die Stimmführung der Chorstimmen lässt erkennen, dass Wetz, der ein Leben Chöre geleitet hat, für Chor meisterhaft zu schreiben wusste. An einigen Stellen ist ein reiner Frauenchor eingesetzt. Die Orchesterbesetzung ist maßvoll, Wetz begnügt sich in diesem Werk mit einem "Brahms-Orchester". Dieses versteht er jedoch ebenso zu gewaltigen Ausbrüchen wie zu feinstem innerlichem Ausdruck zu führen.
Wie schon in seinem "Requiem", wenn auch nicht in so starkem Maße wie dort, erweitert Wetz das harmonische Gefüge kühn in alle Richtungen und gelangt auf weiten Strecken zu bitonalen Wirkungen. Die Bindung an einen tonalen Kern wird aber niemals aufgegeben. Allgegenwärtig ist ein abwärts schreitendes fünftöniges Motiv; das verleiht dem Werk, das in sich so vielgestaltig ist, eine starke Einheitlichkeit. Eine gewaltige Doppelfuge steht am Ende des Werkes und stellt Wetz’ kontrapunktische Meisterschaft unter Beweis. In hymnischem Jubel endet das Werk.
Wer etwas über Richard Wetz und sein Schaffen auf dem neuesten Stand der Forschung nachlesen möchte, der greife zu dem folgenden Buch:
Richard Wetz (1875–1935). Ein Komponist aus Erfurt. Hrsg. im Auftrag des Stadtarchivs Erfurt von Rudolf Benl(Veröffentlichungen des Stadtarchivs Erfurt, 1), Erfurt 2010, 367 Seiten (ISBN 978-3-941020-03-3).

Das Buch ist im Buchhandel und über das Stadtarchiv Erfurt erhältlich