Bild der Woche – Joseph Martin Kraus
... in Erfurt habe Kraus „gelernt was wahre Setzkunst hieße“
Der auch als „Odenwälder Mozart“ bezeichnete, 1756 in Miltenberg geborene Komponist Joseph Martin Kraus war von 1781 bis zu seinem frühen Tod im Jahre 1792 Kapellmeister am Hof des schwedischen Königs Gustav III. und ab 1787 Direktor der königlichen Musikakademie.
Das Porträtgemälde entstand, als Kraus zwischen Herbst 1773 und November 1775 in Erfurt Jura studierte und sich zugleich intensiv seinen musikalischen Interessen widmete. Das künstlerische Niveau der äußerst lebendigen Erfurter Musikszene war sehr hoch und geprägt durch Persönlichkeiten wie den letzten Bach-Schüler Johann Christian Kittel (1732-1809), Johann Wilhelm Häßler (1747-1822) und Georg Peter Weimar (1734-1800). Überliefert sind die Worte von Joseph Martin Kraus, in Erfurt habe er „gelernt was wahre Setzkunst hieße“ und dort „...den Grund, Musik zu komponieren, regelmäßig gelernt.“
Das empfindsame Bildnis des jungen Komponisten ist durch eine raffinierte Bildgeometrie geprägt. Die zur Seite geneigte, dem klassischen Melancholie-Gestus entsprechende Körperhaltung, wird durch die strengen vertikalen und horizontalen Achsen von Bierglas und Tisch stabilisiert und harmonisch ins Bildganze eingebunden. Mit einer Pfeife in der Hand, das noch unbeschriebene Notenpapier nach vorne zur Tischkante geschoben, scheint der offen und zugleich nachdenklich-träumerisch blickende Musikus auf eine Inspiration zu warten. Die Pfeife und das mit Bier gefüllte Passglas deuten auf das studentische Leben, der Orden am Revers weist Joseph Martin Kraus als Mitglied des Amicistenordens aus – einer 1771 in Jena gegründeten und bis 1811 in Thüringen und Hessen verbreiteten studentischen Verbindung mit freimaurerischem Charakter.
Das nicht signierte Porträt entspricht in allen Merkmalen dem späten Porträtstil von Jacob Samuel Beck und ist seinem künstlerischen Rang nach eines seiner besten, ausdrucksvollsten Bildnisse.