Corona aktuell: Wochenrückblick „Erfurt und die Pandemie“ | 22.01.2021

22.01.2021 13:11

m Wochenrückblick sollen verschiedene Akteure, die sich aktuell in der Stadtverwaltung dem Kampf gegen das Coronavirus verschrieben haben, zu Wort kommen, um über die aktuellen Entwicklungen zu berichten. Die Stadtverwaltung möchte damit den gestiegenen Informationswünschen der Bürgerinnen und Bürger entgegenkommen.

Heute: Angebote für Kinder und Jugendliche in besonderen Zeiten

Stark vergrößerte Viren
Foto: © Kateryna Kon/123rf

Am 16. März 2020 wurden für Kinder und Jugendliche in Erfurt weitreichende Maßnahmen beschlossen, deren Ausmaße zum damaligen Zeitpunkt kaum absehbar waren. Alle Jugendeinrichtungen, die über den Kinder- und Jugendförderplan der Stadt Erfurt finanziert werden, wurden für den Publikumsverkehr geschlossen. Orte, an denen junge Menschen gemeinsam ihre Freizeit verbringen, waren plötzlich nicht mehr zugänglich. Erfurt ging in den Lockdown.

Angebote der kulturellen Jugendbildung im Bereich Musik, Theater und Medien konnten nicht mehr in bekannter Form stattfinden. Fachkräfte waren mit alternativen Formen der Freizeitbeschäftigung und dem Vorhalten von Beratungsangeboten besonders gefordert. Soziale Netzwerke wurden verstärkt zum Austausch genutzt, neue Angebotsformen online entwickelt. Für den persönlichen Austausch gab es Fenstergespräche.

Mit der Öffnung von Einrichtungen Anfang Juni 2020 war nichts mehr wie zuvor. Der offene Charakter eines Freizeittreffs wurde durch feste Gruppengrößen ersetzt, um das Infektionsgeschehen in Pandemiezeiten nachverfolgen zu können und einzudämmen. Jannes* und Markus*, beide 14 Jahre alt, halten von dieser Einschränkung wenig: „Früher hatten wir im Freizeittreff die Möglichkeit, wo es noch keine Begrenzung in der Gruppengröße gab, Streitigkeiten und Ansätze von Mobbing gemeinsam zu benennen und zu diskutieren. Diese Möglichkeit fehlt uns sehr, da ein Treffen in dieser Gemeinschaft nicht mehr erfolgt." Lisa*, 13 Jahre alt, sieht es ähnlich: "Probleme untereinander werden überwiegend nur noch in abwertenden Worten über soziale Netzwerke abgehandelt. Wir bekommen diese immer nur einseitig erzählt. Es ist so schwierig, damit umzugehen, da zu der anderen Seite kein oder nur eingeschränkter Kontakt besteht. Es ist so eine schwierige Zeit und wir hoffen, dass sich das bald wieder ändert."

Ein Zurück zum März 2020, da sind sich Fachkräfte und Träger der Jugendhilfe einig, soll es nicht mehr geben. Jugendeinrichtungen sollen geöffnet bleiben.

Wenn gewohnte Alltagsstrukturen wie schulischer Unterricht, der Sportverein am Nachmittag oder das Gespräch am Abend über die Ereignisse des Tages im Familienkreis ersetzt werden durch Homeschooling und Homeoffice, sind Isolation, Langeweile und soziale Konflikte nicht mehr weit. Gerade in dieser Situation braucht es sichere Orte. Orte, die für Kinder und Jugendliche jederzeit erreichbar sind und wo jemand da ist – einfach nur zum Quatschen, Spielen oder für ein vertrauensvolles Gespräch. Jenny*, 18 Jahre alt, sagt: „Ich bin froh, dass der Freizeittreff weiterhin für uns geöffnet bleibt. So haben gerade Menschen wie ich, mit psychischen Problemen, die Möglichkeit, darüber hinaus mit Freunden in Kontakt zu gehen und so der Isolierung teilweise zu entfliehen“.

Die Ausbreitung des Virus in den Griff zu bekommen ist eine Aufgabe, die allen Teilen der Gesellschaft viel abverlangt. Dabei ist auf das seelische Wohl von Kindern und Jugendlichen aus Sicht der Jugendhilfe besonders Rücksicht zu nehmen. Die Folgen von unbearbeiteten Konflikten, der soziale Rückzug und die Ungewissheit darüber, wann alles wieder in geregelten Bahnen verläuft, sind weitreichender als die aktuelle Pandemie. Das ist der Grund, warum das Land Thüringen und auch die Stadt Erfurt sich dazu entschlossen haben, Einrichtungen der Jugendarbeit geöffnet zu lassen. Auch wenn es nicht die gewohnten offenen Angebote in Gemeinschaft sind, wofür Jugendarbeit eigentlich steht.

Über den Pandemiezeitraum haben sich viele kreative Ideen entwickelt, um in Kontakt zu kommen und zu bleiben. Mit einem gemeinsam abgestimmten Hygienekonzept finden ausgewählte Angebote im Bereich der Jugendarbeit, Jugendsozialarbeit und Jugendverbandsarbeit weiterhin statt. Kinder und Jugendliche brauchen diese Angebote, gerade in diesen herausfordernden Zeiten.

Rick Lepa
Sachgebietsleiter Jugendarbeit, Fach- und Praxisberatung

* Namen geändert