Pop-up-Store | F11 – ein Zauberwald zum Anfassen mit Schlafstätte

06.07.2023 08:00

Es kommt vor, dass die Produkte und Umsätze im F11 zur Nebensache werden, wenn die Mieterinnen und Mieter ihre Geschichten erzählen. Wladimir Barataschwili ist 76 Jahre alt. Mit dem Mietangebot im Pop-up-Store erfüllt sich ihm ein Lebenstraum: Die Ausstellung seiner Kunstwerke, die in den kommenden drei Wochen ihren ersten Auftritt haben. Sehr ungewöhnlich und bestaunenswert.

Ladenlokal, in dem große Holzskulpturen ausgestellt werden
Foto: © Stadtverwaltung Erfurt

Wladimir Barataschwili ist gebürtiger Georgier. Er kam der Liebe wegen nach Thüringen. Auf das Ausreisevisum wartete er drei lange Jahre – zu lange, als dass seine Liebste auf ihn gewartet hätte. Doch er blieb und verdiente sich seinen bescheidenen Lebensunterhalt als studierter Diplomformgestalter mit der Herstellung von Zierkeramik. Sein Studium an der Akademie für Kunst im georgischen Tiflis wurde ihm 1980 in Jena anerkannt und mit dem Umzug nach Erfurt in den 90ern erhoffte er sich zumindest einen kleinen Durchbruch als Künstler. Er mietete eine Wohn- und Arbeitsstätte bei Kakteen-Haage, was ihm die Umsetzung lang gehegter Pläne – großer Objekte – ermöglichte. Überdimensional große Kakteen, eine wunderschöne Koralle und Holzknoten, die die Zuschauenden verwirren und die Frage aufkommen lässt: „Wie geht das?“. Neben Holz arbeitete er mit Metall und Keramik, je nach Stimmung.

In den kommenden drei Wochen hofft er, das ein oder andere Produkt zu verkaufen, um sich ab Herbst dieses Jahres seinen Lebensabend in der Heimat finanzieren zu können. Zusätzlich ist es ihm ein Anliegen, gute Plätze für seine Kunstobjekte gefunden zu haben.

Das Handwerk gab ihm Überlebenskraft – doch nur dafür reichte es: fürs schlichte Überleben. „Es ist mir nicht gelungen, wirklich zu leben. Ich bin Zuschauer geblieben – ich war nie in einem Restaurant, um eine Pizza zu essen.“, so Barataschwili. Seine Kunst blieb überwiegend brotlos und auch auf dem deutschen Arbeitsmarkt fasste er keinen Fuß. Nachvollziehbar groß ist seine Freude, nun im F11 zu sein und seine Kunst präsentieren zu dürfen. Die Initiative hierfür ergriff eine engagierte Frau, die Barataschwili vor kurzem kennenlernte. Ines Kaminska gab den Anstoß, das Kunstdepot zu räumen und die Bewerbung für den Pop-up-Store zu schreiben – zum Glück.

Wer ist noch im F11?

Der Holz- und Lebenskünstler Peter Grube mit seinem Biobett ergänzt den kombinierten Miet-Slot mit Barataschwili in Thema und Mensch perfekt. Peter Grube war in den vergangenen Tagen sogar in der Innenstadt mit seinem Bett-Mobil unterwegs und ermöglichte den Passantinnen und Passanten Probe liegen unter freiem Himmel. Wer ihn dabei nicht angetroffen hat, kann die Gelegenheit nutzen, bis zum 22. Juli im Pop-up-Store Probe zu liegen.

Außerdem laden die beiden Herren für Dienstag, den 11. Juli um 16:30 Uhr zu einer Werkschau ein. Die Gäste erwartet ein spannender Blick hinter die Kulissen und Informationen, die nicht in diese Zeilen passen.