Interview mit Prof. Dr. Elke Anna Werner, neue Direktorin der Kunstmuseen Erfurt
Bestände sichtbar machen und Vermittlungsangebote stärken
Wofür stehen die Erfurter Kunstmuseen für Sie in ihrer persönlichen und öffentlichen Wahrnehmung?
Die Erfurter Kunstmuseen bieten als Verbund eine erstaunliche Breite des Angebots für Besucherinnern und Besucher, Kunst und Kultur zu erleben – in ganz unterschiedlichen Räumen mit einer jeweils anderen Atmosphäre und aus ganz unterschiedlichen Zeiten, von mittelalterlichen Altarretabeln und Andachtsbildern über die Kunst des 20. Jahrhunderts mit seiner wechselvollen Geschichte bis zu Gegenwartskunst und experimentellen, performativen Kunstformen. Mit dieser Vielfalt als Kunsthistorikerin und Kuratorin arbeiten zu dürfen, sie zur Geltung zu bringen, empfinde ich als eine wunderschöne, inspirierende Aufgabe.
Was dürfen wir programmatisch unter Ihrer Hausleitung erwarten?
Mir ist es wichtig, aus den Sammlungen heraus zu arbeiten, das bezieht sich vor allem auf das Angermuseum als das Gründungshaus aller Erfurter Museen mit seinen reichen Beständen. Diese sind auf das Engste mit der Geschichte der Stadt Erfurt verbunden, mit ihren Menschen und deren Interessen. Um die Museen und Galerien noch stärker zu Orten zu machen, in denen die Stadtgesellschaft und die zahlreichen Erfurter Besucherinnen und Besucher sich wohlfühlen und sich begegnen, möchte ich die Aufenthaltsqualität steigern. Dazu gehört auch eine Erweiterung des Vermittlungsangebots. Zudem wird die Digitalisierung eine Rolle spielen, die auch die Voraussetzung dafür ist, dass die Bestände und Aktivitäten der Häuser besser sichtbar werden.
Womit liefern die Kunstmuseen Erfurt positive Voraussetzungen für Ihre künftige Arbeit? Worauf möchten Sie aufbauen?
Die verschiedenen Häuser haben in den letzten Jahren ein individuelles Profil entwickelt, mit dem sie in der Stadt und Region, aber auch national und international, wie ich gemerkt habe, ihre jeweiligen Stärken bereits erfolgreich vermittelt konnten. Das sind etwa die Foto-Ausstellungen in der Kunsthalle und Expositionen junger Kunst zu gesellschaftlich hochaktuellen Themen, wie die Ausstellung „Cute Escape“ zuletzt, und natürlich die große Ausstellung zu Friedrich Nerly, dessen umfangreiche Bestände im Angermuseum erstmals in so opulenter Form gezeigt wurden und die auf überwältigendes Interesse bei den Besuchern stießen. Diesen erfolgreichen Weg möchte ich gemeinsam mit dem Team weiter beschreiten.
Wo gilt es, auch Defizite oder Schwierigkeiten anzusprechen und Lösungen zu suchen?
Defizite gibt es sicherlich in der Digitalisierung und hier vor allem in der Sichtbarmachung der Bestände und Aktivitäten, aber auch, so mein Eindruck, in der Vermittlung, wo wir durch ein breiteres Angebot noch stärker unterschiedliche gesellschaftliche Gruppen – etwa Familien mit kleinen Kindern, junge Erwachsene oder auch Menschen mit Einschränkungen – ansprechen und für Kunst und Kultur begeistern möchten. In anderen Museen und Ausstellungshäusern ist hier in den letzten Jahren viel Aufbauarbeit geleistet worden, an die ich in Erfurt nun anschließen möchte.
Welche Ausstellungen haben Sie in der Vergangenheit beeindruckt? Gibt es berufliche Vorbilder für Sie unter Kuratoren und Museumsleitungen?
Oh, das sind sicherlich viele, in der letzten Zeit waren es vor allem wohl Ausstellungen zu Künstlerinnen, die deutlich vor Augen geführt haben, welchen wichtigen Positionen in ästhetischer, aber auch gesellschaftlicher Hinsicht lange Zeit zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wurde. So hat mich etwa die Ausstellung zu der Bauhaus-Künstlerin Anni Albers in der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen tief beeindruckt. Als erste Frau in der Leitung der Erfurter Kunstmuseen sind es vor allem auch andere Frauen in kulturellen Führungspositionen, wo ich mit Interesse hinschaue, wie sie ihre individuellen Führungsstile und persönlichen Handschriften einbringen.
Was hat Sie auf Ihrem beruflichen Lebensweg besonders geprägt? Gab es Momente, die für das berufliche Lernen für Sie besonders wertvoll waren?
Besonders wichtig war sicherlich die Zusammenarbeit im Team. Während im Studium und während der Promotion meist Einzelleistungen gefordert waren, habe ich währen meines Museumsvolontariats und auch später bei anderen Ausstellungsprojekten erfahren dürfen, wie bereichernd die Zusammenarbeit im Team ist, die Vielfalt der Perspektiven zu erleben und zu einem gemeinsamen Ganzen zu entwickeln.