Gefahr durch Aussetzen gebietsfremder Tierarten
Die fotografische Dokumentation eines aufmerksamen Wanderers von zwei Wasserschildkröten im Waldhausteich des Erfurter Steigers zeigte vor einigen Wochen eindrucksvoll, welche exotischen Begegnungen auch außerhalb des Erfurter Zooparkes in der Landeshauptstadt möglich sind. Denn schnell wurde anhand der Fotos klar, dass es sich nur um ausgesetzte, gebietsfremde Tiere handeln konnte. Die beiden Schildkröten hatten Glück, sie konnten eingefangen und an verantwortungsbewusste Privathalter vermittelt werden.
In den meisten Fällen bleiben solche Exoten unentdeckt, je nach Herkunftsgebiet währt ihr Leben in Freiheit dann unterschiedlich lang. Arten aus tropischen oder subtropischen Ländern haben in der Regel Schwierigkeiten, sich an das mitteleuropäische Klima anzupassen und überleben meist den nächsten Winter nicht. So ergeht es beispielsweise vielen Süßwasser-Aquarienfischen wie den Guppys, die Wassertemperaturen über 20°C benötigen. Tiere gemäßigter Klimazonen dagegen kommen mit dem mitteleuropäischen Wetter gut zurecht, finden oft aber keine geeignete Nahrung, werden zur Beute einheimischer Arten oder fallen gerade im städtischen Umfeld dem Straßenverkehr zum Opfer. Hartgesottene Exemplare können sich allerdings erfolgreich fortpflanzen und auf diese Weise selbst zum Problem werden. Ein Beispiel ist der amerikanische Waschbär, der sich seit den 40er Jahren stetig in Deutschland ausbreitet. Als Krankheitsüberträger und anpassungsfähiger Allesfresser ist er keine Bereicherung, sondern ein Problem für die heimische Natur geworden.
In jedem Fall birgt das Aussetzen nicht nur direkte Gefahren für das betroffene Tier selbst, es verursacht oft ökonomische Schäden, und die einheimische Flora und Fauna wird durch sich vermehrende Exoten in Bedrängnis gebracht.
Daher ist die Ansiedlung gebietsfremder Tierarten in freier Natur naturschutzrechtlich verboten. Wer dagegen handelt, muss mit Bußgeld bis zu 50.000 Euro rechnen. Auch nach dem Tierschutzgesetz ist es untersagt, in menschlicher Obhut gehaltene Tiere auszusetzen und sich damit seiner Halter- und Betreuerpflicht zu entziehen. Wer entgegen diesem Verbot handelt, kann mit Geldbußen bis zu 25.000 Euro bestraft werden. Diese Kosten übersteigen bei weitem die Aufwendungen, die dem Tierhalter durch eine Weitergabe an geeignete Personen oder eine Abgabe im Tierheim entstanden wären.
Wer Zeuge des Aussetzens gebietsfremder Arten wird, sollte dies der zuständigen Behörde (Veterinäramt, untere Naturschutzbehörde) umgehend anzeigen. Dann kann versucht werden, die Tiere einzufangen und in artgerechte Haltung weiterzugeben. Exotische Vögel und kleinere Reptilien sind meist problemlos vermittelbar, sogenannte Gefahrtiere (Gift- und Riesenschlangen, Großechsen, Krokodile) können dagegen nur an Zoos oder an sachkundige Privathalter abgegeben werden. Arten, die in § 3 der Bundesartenschutzverordnung aufgeführt sind, dürfen gar als sogenannte "Faunenverfälscher" weder privat gehalten, noch vermehrt werden, so dass die artgerechte Unterbringung eines solchen Fundtieres sehr schwer ist. Dies betrifft z. B. bereits mehrfach in Baggerseen gefundene Schnappschildkröten, die nur an Zoos oder ähnliche Einrichtungen gegeben werden können.
Besonders gravierend ist die Problematik des Aussetzens im Hinblick auf den internationalen Artenschutz. Der zu groß gewordene Python oder der zu laute Papagei sind in ihrem Fortbestand bedrohte Arten und unterliegen dem Washingtoner Artenschutzabkommen. Trotzdem werden sie nach wie vor illegal als Wildfänge ihrem natürlichen Lebensraum entnommen, unter tierschutzwidrigen Bedingungen transportiert und in Deutschland verkauft.
Informationen sowie Anzeigen zum gesetzwidrigen Aussetzen gebietsfremder Arten nimmt das Umwelt- und Naturschutzamt entgegen (Tel.: 655-2554 oder 655-2558). In bestimmten Fällen kann hier auch Hilfe bei der Vermittlung exotischer Tiere aus Privathand, die nicht mehr gehalten werden können, angeboten werden.