Van-de-Velde-Jahr 2013: Ausstellung "Henry van de Velde. Ein Universalmuseum für Erfurt"

02.05.2013 13:31

Präsentiert wird die neue Sonderausstellung vom 5. Mai bis 8. September 2013 im Angermuseum, dem Kunstmuseum der Landeshauptstadt. Die Eröffnung findet am 4. Mai 2013 statt. Geboten wird ein umfangreiches Begleitprogramm.

Henry van de Velde plant ein Museum in Erfurt: In dem monumentalen Bau soll ein Universalmuseum entstehen, das alle städtischen Sammlungen vereint. Auf der Daberstedter Schanze, nahe am Hauptbahnhof, nähme es einen erhabenen Platz über der Stadt ein. In enger Zusammenarbeit mit Edwin Redslob, dem ersten hauptamtlichen Direktor des Städtischen Museums, erarbeitet van de Velde 1913–1914 einen konsequent modernen Vorentwurf nebst Modell. Der Erste Weltkrieg verhindert indes die weitere Ausarbeitung. Die Absicht eines Museumsneubaus wird zwar noch weiterverfolgt, doch sind die Baukosten in der Inflationszeit nicht zu decken.

Eine Verlustgeschichte

Blickt man in die jüngere Kulturgeschichte von Erfurt, so scheinen Verluste und verpasste Chancen zu überwiegen. Das Universalmuseum nach den Vorentwürfen von Henry van de Velde wurde nie gebaut, die mäzenatische Förderung des Städtischen Museums durch Alfred Hess brach ab. Seine exzeptionelle Sammlung expressionistischer Kunst wurde in alle Winde zerstreut; beinahe der gesamte museale Bestand an Werken der künstlerischen Avantgarde, die wir heute Klassische Moderne nennen, beschlagnahmt – ohne die Chance der Wiederkehr oder eines adäquaten Ersatzes. Natürlich ist Erfurt kein Einzelfall. Viele Städte haben im letzten Jahrhundert immense Verluste an Kulturgut durch Kriegseinwirkungen und Beschlagnahme hinnehmen müssen. Auch bezüglich der nicht gebauten Entwürfe eines schon damals hoch angesehenen Gestalters und Architekten wie Henry van de Velde steht Erfurt nicht allein da. So gehören die bereits um 1905 gezeichneten Entwürfe für einen Neubau des Museums für Kunst und Kunstgewerbe am Weimarer Karlsplatz in jene Reihe imaginärer Architekturen, in der auch das Erfurter Projekt seinen Platz hat.

Man kann einer nicht gebauten Ikone der europäischen Architekturgeschichte nachtrauern oder sachlich mit historischem Bewusstsein und en detail die Umstände analysieren, die zum Projekt und zu dessen Einstellung führten. Dieser Aufgabe hat sich Miriam Krautwurst, Kuratorin am Angermuseum Erfurt, mit bemerkenswerter Akribie gestellt. Die Aktivitäten der Impulsregion Erfurt-Weimar-Jena zum Van de Velde-Jahr 2013 nahm sie zum Anlass, alle publizierten Fakten zu van de Veldes Erfurter Museumsprojekt zu sichten und vor dem Hintergrund einer intensiven Archivrecherche neu zu befragen. Darauf aufbauend, handelt die Ausstellung und das begleitende Buch von der spannenden Kooperation zweier herausragender Protagonisten der Moderne in Deutschland: Henry van de Velde und Edwin Redslob.

Die Ausstellung

Präsentiert wird die Planungsgeschichte des Museumsneubaus für Erfurt – von seinen historistischen Anfängen bis zu den modernen Vorentwürfen van de Veldes. Das verlorene Gipsmodel des Universalmuseums wurde nachgebaut und um ein farbiges Modell sowie eine 3D-Computersimulation ergänzt. Die Ausstellung thematisiert vergleichbare architektonische Projekte und beleuchtet weitere Facetten des „Alleskünstlers“ Henry van de Velde: Zu sehen sind u. a. kunsthandwerkliche Leihgaben aus dem Hessischen Landesmuseum in Darmstadt und Buchkunst aus dem Haus Schulenburg in Gera.

Redslob initiierte die Beauftragung Henry van de Velde. Die Schau thematisiert nicht nur Redslobs Vorstellungen von einem funktionalen Museumsbau und den darin zu präsentierenden Sammlungen, sondern auch eigene Formen des künstlerischen Ausdrucks wie die Erzählung „Die neue Stadt“.

Redslob und seine Amtsnachfolger Walter Kaesbach und Herbert Kunze räumten der zeitgenössischen Kunst beim musealen Sammlungsaufbau einen zentralen Platz ein. Ihr engagiertes Eintreten für die Moderne verschaffte dem Städtischen Museum Erfurt den Ruf eines der progressivsten deutschen Museen seiner Zeit. Die kulturpolitischen Säuberungsaktionen der Nationalsozialisten setzten dieser Entwicklung ein Ende. Ein Aspekt der Ausstellung weist auf diese Verluste hin.

Buch zur Ausstellung

Miriam Krautwurst und Kai Uwe Schierz (Hrsg.): Henry van de Velde. Ein Universalmuseum für Erfurt, Bielefeld 2013, ISBN 978-3-86678-829-9, Sonderpreis während der Ausstellung € 28,–.

Das Begleitprogramm zur Ausstellung wurde auszugsweise in einem Faltblatt publiziert.

Dank an die Hauptförderer des Van-de-Velde-Jahres 2013 in Thüringen

Sparkassen-Finanzgruppe
Freistaat Thüringen
Ernst von Siemens Kunststiftung
Impulsregion Erfurt-Weimar-Jena

und an den lokalen Förderer Bethke Projekt Erfurt.