"Spenden Sie Objekte zur Firmengeschichte!" Aufruf des Erinnerungsortes Topf & Söhne zum Internationalen Museumstag unter dem Motto "Sammeln verbindet" am 18. Mai

15.05.2014 10:10

Nach Jahrzehnten des Nicht-Wissens, aber auch Nicht-Wissen-Wollens im DDR-Nachfolgebetrieb Erfurter Mälzerei- und Speicherbau ist die Rolle der Firma J. A. Topf & Söhne im Holocaust heute im Großen und Ganzen bekannt. Der Erinnerungsort im ehemaligen Verwaltungsgebäude belegt in seiner Dauerausstellung, dass das Unternehmen wissentlich und in eigener Initiative Öfen für Konzentrationslager produzierte und sogar soweit ging, das industrielle Töten in Auschwitz mit Lüftungstechnik für die Gaskammern zu optimieren. Doch die Spuren, die diese Firma mit über tausend Beschäftigten im Jahr 1939 in vielen Erfurter Familien hinterlassen hat, sind oftmals noch nicht entdeckt.

Junge Männer mit weißen Hemden und Krawatten marschieren in Formation. Im Hintergrund Uniformierte.
Foto: Lehrlinge von Topf & Söhne beim Festumzug am 1. Mai 1937 Foto: © Polizeigeschichtliche Sammlung am Bildungszentrum der Thüringer Polizei

Es waren nicht mehr als einige Dutzend Ingenieure, Zeichner, Fabrikarbeiter,  Reisemonteure und Verwaltungsangestellte, die die Geschäfte mit der SS umsetzten. Doch auch sie waren Teil eines großen Ganzen, in der die Firmenleitung einerseits jede Chance ergriff, um ihre Produkte wie etwa Heeresspeicher an den nationalsozialistischen Staat zu verkaufen, und andererseits lieber zu forsche Mitglieder der NSDAP an die Front schickte, als ehemalige KZ-Häftlinge, die im Betrieb eine kommunistische Widerstandsgruppe bildeten.

Gerade weil dem Erinnerungsort eine kontroverse Debatte vorausging, ob es die Auseinandersetzung mit diesem Teil der Stadtgeschichte überhaupt braucht, hat das Motto "Sammeln verbindet" des Internationalen Museumstages am 18. Mai eine besondere Bedeutung. Unter diesem Motto präsentieren weltweit Museen   ihre Sammlungen -  als Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart, als Ort der Begegnung und als Verbindung von Generationen und Kulturen. Auch wenn der Erinnerungsort nicht Museum, sondern historisch-politischer Lernort ist, wächst hier langsam eine Sammlung zur Firma Topf & Söhne mit Objekten, Dokumenten und Zeitzeugenberichten, die aus Privatbesitz übergeben werden.

Mann mittleren Alters mit Brille und Mantel auf dem Arm bei einer Demonstration. Im Vordergrund rechts junger Mann als Fahnenträger.
Foto: Ofenbau-Ingenieur Kurt Prüfer als Obmann der Deutschen Arbeitsfront beim Festumzug am 1. Mai 1937. Er trägt eine Mütze mit Reichsadler und Hakenkreuz. Foto: © Polizeigeschichtliche Sammlung am Bildungszentrum der Thüringer Polizei

Anlässlich des Museumstages am18. Mai ruft der Erinnerungsort dazu auf, an diesem Tag, oder später, Objekte zu spenden, auch und gerade wenn sie von einem ganz normalen Firmenalltag erzählen. Besonderes Interesse gilt zeitgenössischen Fotos und Gegenständen aus dem Betrieb oder aus persönlichem Besitz, wie sie zum Beispiel die Firmenleitung, die Mitarbeiter und die Lehrlinge beim Festumzug der Deutschen Arbeitsfront am 1. Mai 1937 trugen: Weiße Hemden mit Topf-Logo, Mützen mit dem Emblem der Deutschen Arbeitsfront (Hakenkreuz in einem Zahnrad, darunter  Ehrenlaub) oder Mützen mit Reichsadler und Hakenkreuz.  

Alle Spuren, die in die Geschichte der Erfurter Firma und ihre Verbindungen zur Stadtgeschichte führen, sind von Bedeutung. Interesse besteht am kommunistischen Widerstand genauso wie an Firmenpartnern oder einzelnen Belegschaftsangehörigen oder am Umgang mit der Firmengeschichte in der DDR. Die Objekte werden im Erinnerungsort dokumentiert, erforscht und in Ausstellungen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

  Am 18. Mai, dem Internationalen Museumstag, bieten zwei öffentliche Führungen Besuchern die besondere Gelegenheit zur Information und zu Gesprächen mit dem Team des Erinnerungsortes:

13 Uhr, Führung durch die Sonderausstellung "Sonderzüge in den Tod. Die Deportationen mit der Deutschen Reichsbahn / Deportation und Ermordung der Thüringer Juden 1942-1945"

15 Uhr, Führung durch die Dauerausstellung "Techniker der 'Endlösung'. Topf & Söhne – Die Ofenbauer von Auschwitz"

Die Führungen sind kostenfrei, eine Anmeldung ist nicht erforderlich.

Spenden zur Firmengeschichte nimmt das Team des Erinnerungsortes am 18. Mai von 10-18 Uhr gerne entgegen.