50 Jahre diplomatische Beziehungen Deutschland – Israel / Oberbürgermeister Andreas Bausewein zu Gast in Haifa

31.03.2015 15:15

Anlässlich des 50-jährigen Jubiläums der diplomatischen Beziehungen zwischen Deutschland und Israel lud Haifas Oberbürgermeister Yona Yahav die Oberbürgermeister der deutschen Partnerstädte – Bremen, Düsseldorf, Erfurt, Mainz, Mannheim – zu einem gemeinsamen Treffen und einer Konferenz nach Haifa ein.

Drei Erwachsene im Gespräch mit einem Schüler und einer Schülerin, die das Modell eines Herzes in der Hand hält.
Foto: Die Leiterin der „Ironi Aleph“ Batya Brauner mit OB Bausewein und zwei Schülern, die zu Therapiemöglichkeiten nach einem Herzinfarkt forschen und mit ihren Erkenntnissen bei einem Schülerwettbewerb gewonnen haben. Foto: © Stadtverwaltung Erfurt

Weichen für zweite Schulpartnerschaft gestellt

Oberbürgermeister Andreas Bausewein erreichte Haifa bereits am Montag­abend, da er den Besuch auch dazu nutzen wollte, die partnerschaftlichen Beziehungen vor Ort zu vertiefen. Aus diesem Grund besuchte er am Dienstagvormittag die „Ironi Aleph“ High School (vom 12. Lebensjahr bis zum Abitur), in der er von Direktorin Batya Brauner empfangen wurde. OB Bausewein überbrachte die besten Grüße und ein Anschreiben von Sven Stötzer, dem Direktor des Albert-Schweitzer-Gymnasiums, verbunden mit dem Wunsch, eine Schulpartnerschaft aufzubauen.

Die „Ironi Aleph“ High School liegt in „Haifa Downtown“ und damit in einem Viertel, in dem viele Einwanderer leben. Batya Brauner, die ein sehr engagiertes Lehrerkollegium um sich weiß, ist sehr stolz auf ihre Schule und sagte: „Diese Schule ist der Beweis, dass es anders sein kann, dass gute Bildung auch unten wachsen kann.“ Zurückzuführen ist das auf das spürbar gute und offene Klima an der Schule, die individuelle Förderung der Schüler sowie auf die Hebräisch-Kurse, denn, so Brauner: „Sprache ist der Schlüssel.“ Aus diesem Grund lernen die Kinder von Einwanderern in den ersten vier bis sechs Monate in einer speziellen Klasse beinahe ausschließlich Hebräisch. Erst wenn sie sich verständigen können und die Sprache beherrschen, wech­seln sie die Klasse und nehmen am regulären Unterricht teil.

Ebenso beeindruckend wie auch beklemmend war die „Memorial Wall“ in der Bibliothek der Schule. An dieser „Wand der Erinnerung“ hängen die Portraits von den 37 Schülerinnen und Schülern, die seit der Gründung der Schule vor 52 Jahren bei Attentaten oder im Rahmen des Wehrdienstes ums Leben kamen. Sie dient als Gedenkort, sowohl für die Schüler als auch für Angehörige.

Ein Arzt und Oberbürgermeister Andreas Bausewein auf einer Schaustation des Krankenhauses Rambam mit zwei Betten in denen Puppen liegen.
Foto: Blick in das unterirdische Krankenhaus, das normalerweise als Parkhaus genutzt wird und im Krisenfall zum Krankenhaus umfunktioniert wird. Prof. Dr. Avi Weissmann führt die Delegation durch eine Schaustation des unterirdischen Klinikums. Foto: © Stadtverwaltung Erfurt

Krankenhaus mit internationalem Ruf

Gegen Mittag folgte ein Besuch des „Rambam“, dem Campus für Gesund­heitspflege. Der ärztliche Direktor und zeitgleich einer der vier Abteilungs­leiter des öffentlichen Klinikums, Prof. Dr. Rafi Beyer, empfing den OB in seinem Dienstzimmer. Das Klinikum mit Maximalversorgung hat aktuell 1011 Betten und ist im Großraum Haifa für die medizinische Versorgung von rund 2 Mio. Menschen zuständig. Bekannt ist das Klinikum insbeson­dere für sein innovatives Traumazentrum, es hat landesweit die höchste Überlebensrate und bildet Spezialisten aus aller Welt aus.

Neben dem Klinikum beherbergt der Campus die medizinische Fakultät der Universität „Technion“ sowie zahlreiche Forschungseinrichtungen. Prof. Dr. Avi Weissmann führte die Delegation über den Campus – von der kürzlich eröffneten Kinderklinik, über das Traumazentrum in ein unterirdisches Kli­nikum. Das unterirdische Krankenhaus wurde nach den 34-tägigen Bombar­dierungen Haifas im Jahr 2006 geplant und gebaut, um die medizinische Versorgung auch im Katastrophenfall zu gewährleisten.

Ein bis zwei Mal im Jahr wird das „Not-Krankenhaus“ zu Übungszwecken in Betrieb genommen: Binnen 72 Stunden verwandeln sich die drei Parkdecks des Parkhauses in ein Krankenhaus mit über 1000 Betten, welches Angriffen von Bomben, chemischen und biologischen Waffen standhält. Während über der Erde der reguläre Krankenhausbetrieb weitergeht, simulieren unter der Erde freiwillige Helfer und Kräfte der Armee Erkrankte und Verletzte. Die Parkdecks und Parkbuchten sind farbig gestaltet, so dass die Krankenstatio­nen gut erkennbar sind. In die Wände sind alle Medien für den Krankenhaus­betrieb eingelassen. Aktuell beherbergt ein Parkdeck eine Ebola-Quaran­tänestation.

Bekannt ist das Krankenhaus auch für seine sehr gute Krebsdiagnostik und -therapie. Im Sommer findet eine Tagung statt, an der zwei Ärzte des Helios-Klinikums Erfurt teilnehmen werden.

Ausbau der Kontakte mit der Universität angestrebt

Vom „Rambam“ ging es zum Campus der Universität Haifa. Oberbürger­meister Andreas Bausewein traf sich dort mit dem Präsident der Universität, Prof. Dr. Amos Shapira, und überbrachte ein Anschreiben der Präsidentin für Internationale Zusammenarbeit der Universität Erfurt, Prof. Dr. Heike Grimm. Inhalt des Gesprächs war der Wunsch nach dem Ausbau des Austausches zwischen den beiden Universitäten – sowohl auf Ebene der Studierenden als auch zwischen Wissenschaftlern.

Eine besondere Überraschung erlebte OB Bausewein auf dem Weg zur Mensa. Die Teilnehmer der letzten Summer School der Universität Erfurt präsen­tierten eine Fotoausstellung über ihre Zeit in Erfurt. Die Vorbereitungen für die Summer School 2015 laufen bereits auf Hochtouren.

Sieben Männer und eine Frau, darunter die Oberbürgermeister der deutschen Partnerstädte, posieren für das Foto hinter einem Tisch.
Foto: Nach der Unterzeichnung des Memorandums. v.l.n.r. Prof. Gert Weißkirchen (Vorsitzender der Freundes- und Förderkreises der "Haifa Foundation"), Christian Weber (Präsident der Bürgerschaft der Freien Hansestadt Bremen), Andreas Bausewein (OB Erfurt), Yona Yahav (OB Haifa), Bracha Sela (Generalsekretärin und Leiterin des Bereichs Oberbürgermeister, Stadtverwaltung Haifa), Michael Ebling (OB Mainz), Andreas Michaelis (Deutscher Botschafter), Peter Kurz (OB Mannheim). Foto: © Stadtverwaltung Erfurt

Fachtagung zu Multikulturalität und Integration / 50 Bäume für 50 Jahre diplomatische Beziehungen

Am Mittwoch trafen sich die Delegationen der Partnerstädte im Rathaus der Stadt Haifa mit Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft sowie deutschen Austauschschülern zu zwei Foren: „Multikulturalität und Integra­tion“ sowie „Mit Blick auf die nächste Generation: Vertiefung und Verstär­kung in Wissenschaft & Technologie – Innovation & Kreativität“.

Die fünf Städte sollten lokale Integrations-Projekte vorstellen. Andreas Bausewein widmete seinen Vortrag dem Verein „Spirit of Football“ und dessen Projektarbeit. Vor dem Hintergrund, dass sowohl Israel als auch Deutschland einen Zuwachs an Flüchtlingen und Einwanderern zu verzeichnen haben, stieß die Vereinsarbeit, die Bausewein mittels zweier Kurzfilme und eines Vortrags vorstellte, auf großes Interesse. 

Bei allen interessanten Themen lag ein Schatten auf der Veranstaltung, der Flugzeugabsturz am 24. März. Der Düsseldorfer Oberbürgermeister Thomas Geisel sagte seine Teilnahme an der Tagung ab. Sie begann mit einer Schweige­minute, zahlreiche Grußadressen wurden an Düsseldorf gerichtet.

Im Anschluss wurde im Beisein des deutschen Botschafters in Israel, Herrn Andreas Michaelis, eine „Absichtserklärung zur Vertiefung der Zusammen­arbeit zwischen Haifa, Bremen, Düsseldorf, Erfurt, Mainz und Mannheim“ unterzeichnet. Darüber hinaus soll die Zusammenarbeit mit der Haifa Foundation gestärkt werden. Die Oberbürgermeister haben vereinbart, sich einmal im Jahr zu treffen, immer in einer anderen Stadt. Den Anfang macht Erfurt im Oktober dieses Jahres.

Als Gastgeschenk überreichte OB Andreas Bausewein seinem Haifaer Amts­kollegen Yona Yahav einen Gutschein über 50 Bäume. Die Bäume stehen für 50 Jahre diplomatische Beziehungen und sollen in einem Naturschutzge­biet nahe Haifa, dem Carmel, dessen Flora und Fauna bei einem Großbrand im Jahr 2010 nahezu vollständig vernichtet wurde, gepflanzt werden. 

Der Tag der Abreise begann mit einem filmischen Vortrag des israelischen Dokumentarfilmers und Korrespondenten Itai Anghel zum Thema „Auf den Spuren des Islamischen Staates“. Es folgten noch ein Besuch des High Tech Großkonzerns Elbit Co. sowie der Wirtschaftsgesellschaft Haifa.