Gerechtigkeit für die Überlebenden? Beteiligte sprechen über den Gröning-Prozess

04.11.2015 11:44

Der Erinnerungsort Topf & Söhne lädt am Freitag, dem 6. November, zu einer Podiumsdiskussion zum Thema "Gerechtigkeit für die Überlebenden?" ein. Die Gastredner, die teilweise persönlich am Gröning-Prozess beteiligt waren, sprechen über ihre Erfahrungen während des Prozesses, dessen Hintergründe und die daraus resultierenden gesellschaftlichen Fragen.

Dame mit grauem Haar und roséfarbenen Pullover
Foto: Im Erinnerungsort Topf & Söhne finden regelmäßig Zeitzeugenbegegnungen statt, auch mit Éva Pusztai Foto: © Stadtverwaltung Erfurt

Die 90-jährige Éva Pusztai, die bei der Ermordung der ungarischen Juden in Auschwitz 49 Verwandte verlor, sagte zum ersten Mal in einem Gerichtssaal vor einem angeklagten Täter aus. Ihr Rechtsanwalt Thomas Walther, der sie und über 40 weitere Nebenkläger vertrat, hatte bereits im Prozess gegen den KZ-Aufseher John Demjanjuk 2011 dazu beigetragen, dass die letzten noch lebenden Tatbeteiligten am Holocaust bestraft werden, nachdem sie jahrzehntelang verschont blieben. Auf dem Podium sprechen wird auch Kurt Schrimm, der langjährige Leiter der Zentralen Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen. Seit Jahrzehnten ermittelt diese Stelle gegen NS-Verbrecher. Nachdem im Demjanjuk-Prozess erstmals die Beihilfe zum Mord im Vernichtungslager auch ohne individuellen Schuldbeweis bestraft wurde, nahm die Stelle erneut Ermittlungen in vielen schon zu den Akten gelegten Fällen auf.

Das Podium wird sich mit Fragen befassen, die für eine Gesellschaft, in der Demokratie und Rechtsstaat hohe Werte darstellen, von großer Bedeutung sind: Welche Rolle spielt die juristische Verfolgung der Täter in einem solchen Menschheitsverbrechen? Kann sie Gerechtigkeit herstellen? Was können Prozesse 70 Jahre nach den NS-Verbrechen bewirken? Was bedeuten sie für die Überlebenden? Welche Bilanz können wir heute, 70 Jahre danach, aus juristischer und gesellschaftlicher Perspektive ziehen?

Hanno Müller, Redakteur der Thüringer Allgemeine, moderiert den Abend. Der Eintritt ist frei. Die Podiumsdiskussion findet am 06.11. um 19:00 Uhr im Erinnerungsort Topf & Söhne, Sorbenweg 7, statt.