„Wir müssen den Leuten eine Perspektive bieten“

24.03.2021 13:24

Für die Pläne der Bundesregierung zum Oster-Lockdown zeigt Oberbürgermeister Andreas Bausewein wenig Verständnis. Sie ließen die Stimmung in der Bevölkerung kippen. Daher sei es wichtig, Perspektiven zurück ins normale Leben aufzuzeigen.

Bausewein übt Kritik am Osterlockdown der Bundesregierung

Stark vergrößerte Viren
Foto: © Kateryna Kon/123rf

Update | 14:55 Uhr

Die von der Bundesregierung geplante Osterruhe ist vom Tisch. OB Andreas Bausewein begrüßte den Rückzieher von Bundeskanzlerin Angela Merkel, die die beiden Schließtage am Gründonnerstag und Ostersamstag heute als Fehler bezeichnete.

„Das ist die richtige Entscheidung. Offensichtich waren Kritik und Unverständnis zu groß“, so Bausewein. Einen Fehler einzugestehen und ihn rückgängig zu machen verdiene Respekt. Allerdings käme es in einer derart angespannten Lage auch darauf an, mit Verlässlichkeit zu überzeugen und die ohnehin gereizten Menschen nicht zu verwirren. Er setze weiterhin darauf, den Leuten mögliche Wege aus dem Lockdown aufzuzeigen. Nur so seien sie weiterhin dazu bereit, die Einschränkungen zu ertragen.

13:24 Uhr

Die Berliner Beschlüsse seien realitätsfremd. „Diese Entscheidungen können nur diejenigen treffen, die selber nicht mehr einkaufen gehen“, so Bausewein heute zum wöchentlichen Corona-Pressegespräch. Ein jeder wisse, wie der Kundenstrom in Supermärkten vor Feiertagen zunimmt. Eine Schließung am Gründonnerstag führe dazu, dass die Märkte am Mittwoch überrannt werden. „Den Sinn muss mir mal einer erklären“, findet Bausewein klare Worte. Zunehmend seien die Maßnahmen der Bundesregierung weder nachvollziehbar noch erklärbar, „da brauchen wir uns nicht zu wundern, dass die Bereitschaft der Bevölkerung, diese Maßnahmen mitzutragen, sinkt.“ Im Ergebnis würden die Leute zunehmend in den privaten Bereich fliehen, bei Treffen in den eigenen vier Wänden vermutlich keine Maske tragen und das Infektionsgeschehen würde so weiter vorangetrieben. „So bekommen wir die Lage nie in den Griff“, befürchtet der OB.

Vielmehr müsse man den Leuten eine Perspektive bieten und Strategien vorweisen, was unter bestimmten Voraussetzungen wieder ermöglicht werden könnte. Der Weg dorthin heißt für Bausewein „Impfen, impfen, impfen und testen, testen, testen. Wir müssen dazu kommen, den Menschen nach und nach ein Stück Leben zurückzugeben.“ Das „Erfurter Modell“ zur Öffnung der Innenstadtgeschäfte sei dazu ein guter Anfang. Noch gäbe es kein abschließendes Votum des Gesundheitsministeriums, bei einem Gespräch am Freitag mit dem Ministerpräsidenten zur Buga will Bausewein nachhaken. „Wenn wir mit dem Einzelhandel einsteigen und es funktioniert, können andere Bereich wie Gastronomie oder Kultur nachziehen. Wenn wir merken, es hakt an irgendeiner Stelle, zum Beispiel bei den Tests, justieren wir nach.“

Exponentieller Anstieg der Infektionszahlen

Auch in Erfurt steigen die Zahlen der Neuinfektionen an. Nach Einschätzung der amtierenden Amtsärztin Winnie Melzer sei der Anstieg wieder exponentiell. Der Anteil der Mutationen läge bei rund 50 Prozent, hauptsächlich handele es sich dabei um die britische Variante. Vermehrtes Ausbruchsgeschehen gäbe es in sechs Schulen und zwei Kitas, in Arzt- und Zahnarztpraxen sowie im Pflegebereich.

Auffällig sei eine Verschiebung bei den Altersgruppen. Aktuell seien vor allem Personen um die 60 Jahre betroffen. Bei den älteren ginge die Infektionszahl zurück, dies sei auf die zunehmende Zahl an geimpften Personen zurückzuführen.

Verschiebungen bemerken auch die Krankenhäuser. Die intensivmedizinisch zu betreuenden Patienten würden jünger bei zunehmender Verweildauer. Zudem gäbe es einen Anstieg an Nicht-Covid-Patienten. Die Lage in den Krankenhäusern könne dennoch als relativ stabil eingeschätzt werden.