Buch über den Erfurter Kommunisten Paul Schäfer mit landesgeschichtlichem Preis für Industriekultur ausgezeichnet

23.06.2022 09:26

Für ihr 2019 publiziertes Buch „Paul Schäfer. Erfurter Kommunist, ermordet im Stalinismus“ wurden PD Dr. Annegret Schüle, Oberkuratorin am Erinnerungsort Topf & Söhne, und ihre Mitautoren Stefan Weise und Thomas Schäfer mit dem Forschungspreis für Industriekultur in der Kategorie II ausgezeichnet.

„Wichtiger Anstoß zum kritischen Umgang mit Erinnerungskulturen“

Eine Frau zeigt eine Urkunde und ein Buch
Foto: PD Dr. Annegret Schüle mit Urkunde und dem ausgezeichneten Buch Foto: © Stadtverwaltung Erfurt/Topf & Söhne

Paul Schäfer, Arbeiter in der Schuhfabrik Lingel, Stadtverordneter der KPD und Sekretär der von Willi Münzenberg aufgebauten Internationalen Arbeiterhilfe, floh vor den Nationalsozialisten in die Sowjetunion. Doch dort wurde er wie viele andere Kommunisten Opfer des stalinistischen Terrors und 1938 als angeblicher faschistischer Spion hingerichtet.

Die Legende, die ihn 1945 zu einem Märtyrer des Kampfes gegen Franco im spanischen Bürgerkrieg machte, war der Versuch eines früheren Kampfgefährten, der in Erfurt zurückgebliebenen Witwe zu helfen. Für jene SED-Funktionäre, die in der DDR vom Tod Paul Schäfers in Moskau wussten, war sein Tod in Spanien eine Lüge, der zu widersprechen sie nicht wagen, die sie mittrugen oder selbst aktiv am Leben hielten.

Die Jury hob in ihrer Laudatio nicht nur die anschauliche Darstellung des Alltags sowie des gewerkschaftlichen und politischen Engagements der Erfurter Schuharbeiter und -arbeiterinnen hervor, sie sieht in dem Buch auch einen „wichtigen Anstoß zum kritischen Umgang mit Erinnerungskulturen“.

Das Buch schildert auch die Debatte im Erinnerungsort Topf & Söhne zum Umgang mit der Gedenktafel aus den 1950er Jahren an Paul Schäfers früherem Wohnhaus. Die Inschrift „Im Kampf gegen den Faschismus gab er sein Leben“ wurde nicht entfernt, sondern mit einem Text umrahmt, der auf die historische Wahrheit hinweist.

Die Publikation, die von der Jury als wichtiger Beitrag zum Themenfeld „Industrialisierung und soziale Bewegungen“ gewürdigt wurde, ist bei der Landeszentrale für politische Bildung Thüringen erhältlich.

Seit 2018 vergibt die Historische Kommission für Thüringen den vom Land Thüringen geförderten Forschungspreis für Industriekultur. Verzögert durch Corona, konnte die Ehrung der Preisträgerinnen und Preisträger der Jahre 2020 und 2021 durch Minister Prof. Dr. Benjamin-Immanuel Hoff erst jetzt stattfinden.